Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
David … S.T.A.R.S. … Caliban …
Noch bevor sie bei neunzig anlangte, schlief Rebecca tief und fest. Und träumte von sich bewegenden Schatten, die kein Licht je berührt hatte.
FÜNF
Wie fast jeden Morgen seit Beginn des Experiments, saß Nicolas Griffith auf der offenen Plattform an der Spitze des Leuchtturms und sah zu, wie die Sonne über dem Meer aufging. Es war ein überwältigendes Schauspiel, von Anfang bis Ende. Erst lichteten sich die schwarzen Wellen, während sich der Himmel aufhellte, zu einem Grau, dann nahmen die schroffen Felsen, die seine Bucht säumten, langsam Form an in den gischtenden Winden, die vom offenen Meer her wehten. Und wenn der strahlende Stern über diese Seite der Welt spähte, tupften seine ersten zögerlichen Strahlen den Ozean mit Azurblau, malten den Horizont in Pastellfarben und versprachen Akzeptanz und Verständnis für alles, was sie berührten.
Es war eine Lüge, natürlich. Binnen Stunden würde der Gigant unerbittlich auf die Küste niederbrennen, auf diese Hälfte des Planeten. Seine frühmorgendliche Sanftmut war pure Täuschung – die Verschleierung des Wissens, dass der Milde, wie an jedem Sommertag, sengende Hitze folgen würde …
Aber für eine Lüge ist und bleibt es nichtsdestotrotz spektakulär . Man kann der Sonne mangelnde Selbstkenntnis nicht zum Vorwurf machen, schließlich ist sie nun einmal, was sie eben ist.
Griffith sah immer zu, bis die Sonne sich vom gekrümmten Horizont gelöst hatte, ehe er mit seinem Tagesprogramm begann. Obgleich er Gefallen fand an der Schönheit jeder schimmernden Dämmerung, war es doch die Routine, die ihn anzog – nicht die seine, sondern die des Kosmos. Jeder Sonnenaufgang war ein Faktum, das vom unvermeidlichen Fortschreiten der Zeit kündete – und eine Erinnerung daran, dass sich die Welt ewig auf ihrer galaktischen Bahn drehte, blind für die Träume der selbstherrlichen Wesen, die sich auf ihrer Oberfläche tummelten.
Wesen wie ich selbst, mit einem entscheidenden Unterschied jedoch: Ich weiß , wie viel meine Träume wert sind …
Als sich die aufgedunsene Scheibe aus der See erhob, stand Griffith auf, lehnte sich gegen das Geländer und lenkte seine Gedanken auf den vor ihm liegenden Tag. Nachdem er die Blutuntersuchungen an der Leviathan-Reihe nun endlich abgeschlossen hatte, konnte er sich eingehender mit den Doktoren befassen. Alle drei hatten gut auf die Veränderung angesprochen, und die Zellzerfallsrate war beträchtlich gesunken, seit er mit den Enzym-Injektionen begonnen hatte. Es war an der Zeit, sich auf ihr situationsbedingtes Verhalten zu konzentrieren, die letzte Phase des Experiments. Noch in dieser Woche würde er so weit sein, es über die Grenzen dieser Einrichtung hinaus auszudehnen.
Expansion. Säuberung …
Eine steife, salzige Brise fuhr ihm durch das graue Haar. Die hungrigen Schreie von Möwen mahnten ihn schließlich zur Eile. Die Trisquads mussten hereingeholt werden, ehe sich die gierigen Vögel landeinwärts bewegten. Einige der Einheiten waren schon furchtbar zugerichtet worden, und er wollte nicht noch mehr aufs Spiel setzen, bis er alles erledigt hatte. Wenn sie erst einmal ihre Augen verloren hatten, waren sie als Wächter nutzlos.
Dennoch, es ist so lange her … und es kommt niemand. Hätte Dr. Ammon Erfolg gehabt, hätten sie inzwischen jemanden geschickt. Zu dumm, wirklich. Wahrscheinlich wartet er immer noch …
Der Gedanke verursachte ihm Unbehagen, beschwor verschwommene Eindrücke von Röte und Hitze herauf, von Leichen, die hingestreckt unter der sengenden Sommersonne lagen, und später dann das Donnern von Brandungswellen im Dunkeln. Schnell verdrängte er die Bilder, rief sich in Erinnerung, dass sie der Vergangenheit angehörten. Außerdem hatte er nur getan, was nötig gewesen war.
Griffith ging wieder hinein. Während er die schmale Wendeltreppe hinabstieg, glättete er sein windzerzaustes Haar. Seine Schuhe klapperten auf den Metallstufen und riefen angenehme Echos in dem hohen Raum hervor. Die Einrichtung für sich allein zu haben, machte alles überaus angenehm, und er hatte sich angewöhnt, die kleinen Dinge zu genießen – zu essen, was und wann er wollte, seine Zeit selbst einzuteilen, die morgendlichen Besuche im Leuchtturm … Zuvor war er eingeengt gewesen, gezwungen sich an Zeitpläne zu halten, die nur entworfen zu sein schienen, um die Kreativität zu unterhöhlen. Essenszeiten, Arbeitszeiten, Ruhezeiten … Wie konnte ein Mensch unter solchen
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