Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
entsprachen denen des Regenbogens. In dem Haufen hatten sich allerdings zwei zusätzliche violette Plättchen befunden. Da sie nicht damit herumspielen konnten, bis David den ersten Test abgeschlossen hatte, hatte Karen sich widerwillig abgewandt und vorgeschlagen, den Rest des Blockes in Augenschein zu nehmen.
Sie waren durch eine Reihe leerer Büros und einen unaufgeräumten Pausenraum gegangen, in dem es außer einer Schachtel mit verschimmelten Donuts kaum etwas gegeben hatte. Es war das chemische Labor gewesen, das ihnen am meisten darüber verraten hatte, was Umbrella hier errichtet hatte – und obwohl Karen nicht an Geister glaubte, war ihr von jenem Raum ein Gefühl eingeflößt worden, wie sie es noch nie vorher verspürt hatte. Es spukte darin – kein Zweifel!
Dieser Raum war verflucht, verpestet vom Nachhall jämmerlicher Angst und der kalten, nazihaften Präzision von Wissenschaftlern, die Gräueltaten an ihren Mitmenschen verübt hatten –
„Denkst du an diesen Raum?“, fragte John leise.
Karen nickte, erwiderte jedoch nichts. John schien ihren unausgesprochenen Wunsch, nicht darüber reden zu wollen, zu spüren, und sie war dankbar dafür. Ihr Glücksbringer war momentan alles, was ihr Trost spendete, und sie sehnte sich danach, ihn hervorzuholen, um sich von Erinnerungen an ihren Vater und erfolgreich absolvierte Einsätze beruhigen zu lassen. Jede Ablenkung wäre ihr willkommen gewesen …
Die Tür zu 101 war mit einem Biohazard-Symbol gekennzeichnet, und sie hatten kurz darüber diskutiert, ob sie überhaupt hineingehen sollten. John war dagegen gewesen, eine möglicherweise kontaminierte Räumlichkeit zu betreten. Aber Karen hatte darauf verwiesen, dass weder er noch sie an irgendwelchen Schnittwunden oder Abschürfungen litten und sie vielleicht etwas Verwertbares über das T-Virus finden würden. Die schlichte Wahrheit war, dass sie es einfach nicht fertig brachte, sich eine solche Gelegenheit entgehen zu lassen – sie wollte wissen, was sich hinter der geschlossenen Tür befand, einfach, weil sie da war. Weil es sie in den Wahnsinn getrieben hätte, diese Tür nicht zu öffnen.
Schließlich hatte John zugestimmt, und sie waren hineingegangen. Zunächst hatten sie einen kleinen Vorraum betreten, in dem schwere Plastikbahnen von der Decke hingen, an der Duschköpfe angebracht waren. Im Boden gab es einen Abfluss – ein Dekontaminationsraum, wie sie schlussfolgerten. Eine zweite, etwas kleinere Tür hatte sie dann in das eigentliche Labor geführt – in den Traum eines wahnsinnigen Wissenschaftlers …
Glas, das unter den Schuhsohlen knirschte, dazu der scharfe Geruch von Desinfektionsmitteln und die abgestandenen Ausdünstungen von Angstschweiß …
John hatte den Lichtschalter gefunden, aber noch bevor der weitläufige Raum aus dem Dunkeln gerissen worden war, hatte Karen bereits gespürt, wie ihr Herz auf einmal heftiger schlug. Eine düstere Spannung hatte die Luft erfüllt, das Gefühl einer Vorahnung, die direkt aus den Wänden zu strahlen schien.
Der Raum hatte ausgesehen wie etliche andere Labors, in denen sie sich schon aufgehalten hatte – Arbeitsflächen und Regale, ein paar Metall-Spülbecken, in einer Ecke ein großer Kühlschrank aus rostfreiem Stahl mit abschließbarem Griff … Und irgendwie war das das Schlimmste – dass die Einrichtung so vertraut gewirkt hatte, wie die Orte, an denen sie sich stets zu Hause gefühlt hatte.
Die wenigen Unterschiede indes waren gravierender Natur gewesen, am dominantesten ein mit Klettverschlussriemen ausgestatteter Autopsietisch – daneben hatte es noch zwei ebenfalls mit Riemen versehene Rollbahren gegeben.
Als Karen sich eine davon näher angesehen hatte, waren ihr die dunklen, eingetrockneten Flecken an beiden Enden aufgefallen; die dünne Auflage war blutgetränkt gewesen, genau dort, wo sich die Fußknöchel und die Handgelenke einer liegenden Person befunden hätten.
Im hinteren Teil des Raumes hatte sich ein Käfig von der Größe eines geräumigen, begehbaren Kleiderschranks befunden; massive Gitterstäbe hatten eine ungepolsterte Liege umgeben. Neben dem Käfig, erinnerte sie sich, lehnten einige Stangen an der Wand, jede etwa einen Meter lang und an der Spitze mit einer Injektionsnadel versehen. Mit solchen Instrumenten betäubte man für gewöhnlich wilde Tiere, ohne sich in deren Reichweite begeben zu müssen.
Karen hatte auf die Rollbahre hinabgesehen und den längst trockenen Fleck leicht berührt, sich
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