Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
zu sterben. Es sei denn, vertrauensselig und dumm zu sein war bereits ein todeswürdiges Verbrechen. Aber er konnte sie auch nicht einfach liegen lassen, zwei Männer, eingeklemmt unter einer Tonne verbeulten Metalls, verletzt und kaum bei Bewusstsein. Ihre Entscheidung, eine unbefestigte, wenig befahrene Straße durch die Wälder zum Stützpunkt zu nehmen, bedeutete, dass es lange dauern konnte, bis jemand sie fand. Ja, sie hatten ihn zu seiner Hinrichtung gefahren, aber sie hatten lediglich ihre Befehle befolgt. Es war nichts Persönliches, und sie verdienten es ebenso wenig zu sterben wie er.
Er hatte sich letztlich für den goldenen Mittelweg entschieden, wollte per Funk Hilfe verständigen und sich dann wie von Teufeln gehetzt aus dem Staub machen … aber da waren die Hunde gekommen. Große, feuchte, scheußlich aussehende Geschöpfe, drei an der Zahl. Und er war um sein Leben gerannt, weil mit diesen Tieren irgendetwas ganz und gar nicht stimmte. Das war ihm schon klar gewesen, noch bevor sie Dickson angriffen und ihm, als sie ihn unter dem Jeep hervorzerrten, die Kehle zerfetzten.
Billy glaubte, ein Klicken gehört zu haben. Er versuchte, die Handschelle zu lösen, und zog saugend die Luft zwischen den Zähnen hindurch ein, als der Metallbügel sich doch nicht öffnen lassen wollte. Gottverdammtes Ding! Dass er die Büroklammer gefunden hatte, war pures Glück gewesen, obwohl ja überall irgendwelcher Scheiß herumlag – Papiere, Taschen, Mäntel, persönliche Dinge –, und alles blutverschmiert. Vielleicht konnte er etwas Nützlicheres finden, wenn er sich genauer umsah … aber das würde bedeuten, dass er im Zug bleiben musste, und das klang nun gar nicht spaßig. So weit er wusste, hausten die Hunde hier in der Gegend, zusammen mit diesem verrückten Arschloch, das gerne vor fahrende Autos auf die Straße sprang …
Er war nur hereingekommen, um den Hunden zu entwischen, um sich zu sammeln und sich darüber klar zu werden, was er als Nächstes tun sollte.
Und dann erweist sich dieser Zug als Schlachthaus-Spezial , dachte er kopfschüttelnd. Das nennt man vom Regen in die Traufe geraten … Was zum Teufel da draußen in diesen Wäldern auch vorging, er wollte nichts damit zu schaffen haben. Er würde diese Handschelle loswerden, sich eine Waffe suchen, vielleicht ein oder zwei Brieftaschen aus all den blutbespritzten Gepäckstücken mitgehen lassen – er hegte keinen Zweifel, dass die Eigentümer nichts mehr dagegen einzuwenden hatten – und in die Zivilisation verduften. Dann vielleicht nach Kanada oder Mexiko. Er hatte noch nie etwas gestohlen, nie auch nur daran gedacht, das Land zu verlassen, aber jetzt musste er wie ein Krimineller denken, wenn er überleben wollte.
Er hörte Donner, dann das sanfte Trippeln von Regen auf einigen der nicht zerbrochenen Fensterscheiben. Das Trippeln verwandelte sich in Trommeln, und die nach Blut riechende Luft wurde durch einen Windstoß verdünnt, der durch eine Öffnung hereinfuhr. Prima. Wie es aussah, würde er sich mitten im schönsten Gewitter auf die Socken machen müssen.
„Auch egal“, murmelte er und schleuderte die nutzlose Büroklammer gegen den Sitz vor sich. Seine Lage war echt jämmerlich. Er bezweifelte, dass es noch sehr viel schlimmer kommen konnte …
Billy erstarrte, hielt den Atem an. Die Tür des Waggons öffnete sich. Er konnte das metallene Gleiten hören, der Regen wurde lauter, dann wieder leiser. Jemand war in den Waggon getreten.
Scheiße! Was, wenn es der Irre mit den Hunden war? Oder was, wenn jemand den Jeep gefunden hatte?
Billys Magen schien sich zu verknoten. Ihm wurde schlecht. Es konnte sein. Es konnte sein, dass noch ein anderer vom Stützpunkt beschlossen hatte, diese abgelegene Straße heute Nacht zu benutzen, und vielleicht hatte derjenige den Unfall bereits gemeldet – und dabei erfahren, dass es noch einen dritten Passagier geben musste, einen gewissen zum Tode verurteilten Mann namens William Coen.
Vielleicht war die Jagd auf ihn bereits eröffnet.
Er rührte sich nicht, lauschte auf die Bewegungen desjenigen, der aus dem Regen gekommen war. Ein paar Sekunden lang hörte er nichts – dann das leise Geräusch von Sohlen auf dem Boden, ein Schritt … dann noch einer … Die Geräusche entfernten sich von ihm in Richtung des vorderen Waggonbereichs.
Billy beugte sich vor, ließ vorsichtig seine Hundemarken unter seinen Kragen rutschen, damit sie nicht klimperten, und spähte um die Kante des Sitzes in den
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