Resident Evil - Sammelband 02 - Der Umbrella-Faktor
in der Bahnhaltestation. Claire hatte gesagt, wahrscheinlich stecke das Monster nicht einmal dahinter, und dass es vermutlich irgendein Maschinenproblem sei, doch Sherry war davon nicht überzeugt, auch wenn das Geräusch so weit weg und seltsam geklungen hatte, dass es etwas anderes gewesen sein konnte …
… aber was, wenn nicht? Was, wenn Claire sich irrt?
Sie standen in der kühlen Dunkelheit vor einem Lagerhaus, standen über dem großen Loch im Boden und warteten darauf, dass die mechanischen Geräusche verklangen. Der fast volle Mond stand tief am Himmel, und anhand des blauen Lichtes am Horizont wusste Sherry, dass es sehr früh am Morgen war; sie fühlte sich jedoch nicht müde. Sie hatte Angst, war nervös, und obwohl Claire ihre Hand hielt, wollte sie nicht hinunter in das schwarze Loch, wo das Monster lauern konnte.
Nach, wie ihr vorkam, langer Zeit verstummte der brummende Lärm der Maschinen, und Claire trat vom Loch zurück – dem Aufzugschacht, wie sie sagte – und wandte sich wieder dem Lagerhaus zu.
„Lass uns mal sehen, ob wir den … Sherry?“
Sherry machte keine Anstalten, ihr zu folgen. Sie starrte in das Loch hinab, hielt sich an ihrem Glücksbringer fest und wünschte sich, so tapfer zu sein wie Claire – aber das war sie nicht, sie wusste, dass sie das nicht war, und sie wollte nicht hinabsteigen in diese Finsternis.
Ich kann nicht, ich kann nicht da runter, ich bin NICHT wie Claire, und es ist mir egal, ob meine Mom dort hinuntergegangen ist, es ist mir völlig gleichgültig!
Sherry spürte etwas Warmes auf ihrem Rücken und schaute auf. Erstaunt sah sie, dass Claire ihre Weste ausgezogen hatte und nun über ihre, Sherrys, Schultern streifte.
„Ich will, dass sie dir gehört“, sagte Claire, und trotz ihrer Angst empfand Sherry einen plötzlichen Anflug konfusen Glücks.
„Aber – warum? Das ist deine, und du wirst frieren … “
Claire überging ihren Einwand für den Moment und half ihr, die Weste anzuziehen. Sie war ihr zu groß und etwas schmutzig, aber Sherry fand, dass die Weste das Coolste war, das sie je getragen hatte.
Für mich. Sie will, dass sie mir gehört.
Claire ging vor ihr in die Knie, jetzt nur noch mit einem dünnen schwarzen T-Shirt und Shorts bekleidet. Sie sah Sherry sehr ernst an, während sie ihr die Weste vor der Brust schloss.
„Ich will, dass du sie trägst, weil ich weiß, dass du Angst hast“, sagte sie fest. „Und ich hatte diese Weste lange Zeit, und wenn ich sie anhabe, dann hab ich das Gefühl, dass ich echt taff bin. Als ob nichts mich stoppen könnte. Mein Bruder hat eine Lederjacke mit demselben Muster auf dem Rücken, und er ist taff – aber er hat die Idee von mir.“
Plötzlich lächelte sie, ein müdes, warmes Lächeln, das Sherry das Monster vergessen ließ, für den Augenblick wenigstens.
„Und jetzt gehört sie dir, und jedes Mal wenn du sie trägst, sollst du daran denken, dass ich dich für die beste Zwölfjährige halte, die es je gab.“
Sherry erwiderte das Lächeln und schmiegte sich an den ausgebleichten, pinkfarbenen Jeansstoff. „Und es ist ein Bestechungsversuch, hm?“
Claire nickte, ohne zu zögern. „Ja. Und es ist ein Bestechungsversuch. Also, was meinst du?“
Seufzend fasste Sherry nach ihrer Hand, dann kehrten sie in das Lagerhaus zurück, um nach der Steuerung für den Aufzug zu suchen.
Ada erwachte, als Leon sie behutsam auf einer knarrenden Liege absetzte. Sie erwachte mit pochendem Kopfweh und Schmerzen in der Seite. Ihr erster Gedanke war, dass sie angeschossen worden war – doch als sie die Augen öffnete und ihr Blick sich auf Leons besorgtes, bleiches Gesicht richtete, erinnerte sie sich.
Ich glaube, er wollte mich gerade küssen – und dann …
„Was ist passiert?“
Leon strich ihr das Haar aus der Stirn und lächelte schwach. „Ein Monster, das ist passiert. Dasselbe, das Bertolucci erwischt hat, glaube ich. Es hat mit seiner Klaue die Wand des Aufzugs durchschlagen und dich umgehauen. Du hast dir den Kopf angestoßen, nachdem es – dich mit seiner Kralle verletzt hatte.“
Das Virus!
Ada versuchte, sich aufzusetzen, um sich die Wunde anzusehen, doch die Kopfschmerzen zwangen sie wieder zurück. Sie fasste nach oben, berührte vorsichtig die pochende Stelle über ihrer linken Schläfe und zuckte unter dem Gefühl der klebrigen Kruste zusammen.
„Hey, ruhig liegen bleiben“, mahnte Leon. „Die Wunde ist nicht allzu schlimm, aber du hast einen ziemlich schweren Hieb
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