Resident Evil - Sammelband 02 - Der Umbrella-Faktor
Szenario legte. Überall waren gerahmte Bilder und zierliche Vasen platziert – doch ihr klassisches Design wurde erdrückt von den ausgestopften Tierköpfen und Vögeln, die den Raum dominierten, die meisten davon um einen Schreibtisch am anderen Ende gruppiert …
Ach du lieber Gott!
Ausgestreckt auf dem Schreibtisch lag, wie eine Figur aus einer gothischen Schauergeschichte, eine hübsche junge Frau in einem weißen Kleid, ihre Eingeweide in blutige Fetzen gerissen. Die Leiche suggerierte etwas von einem makabren Tischschmuck. Die ausgestopften, staubigen Tiere starrten aus toten Glasaugen auf sie herab – ein Falke und ein Vogel, der wie ein Adler aussah, die Schwingen in simuliertem Flug gespreizt, sowie ein paar aufgehängte Rehköpfe und der eines Elches. Die Wirkung war so unheimlich und surreal, dass es Claire einen Moment lang den Atem verschlug –
– und als der hochlehnige Stuhl hinter dem Schreibtisch plötzlich herumschwang, entfuhr ihr ein Schrei tiefverwurzelten Schreckens, weil sie unwillkürlich ein Zerrbild des düsteren, grinsenden Sensenmannes zu sehen erwartete. Aber es war einfach nur ein Mann – ein Mann jedoch mit einer Schusswaffe, die er auf sie gerichtet hielt.
Zweimal in einer Nacht, das kriegt man auch selten geboten …
Eine Sekunde lang bewegten sie sich beide nicht – dann senkte der Mann seine Waffe, und die Andeutung eines widerlichen Grinsens spielte über sein Gesicht.
„Das tut mir schrecklich leid“, sagte er, seine Stimme so schmierig und falsch wie die eines zweitklassigen Politikers. „Ich dachte, Sie seien einer von diesen Zombies.“
Beim Sprechen glättete er seinen borstigen Schnauzbart mit einem seiner dicken Finger, und obwohl Claire ihm nie zuvor begegnet war, wusste sie plötzlich, wer er war – Chris hatte sich oft genug über ihn ausgelassen.
Fett, schnauzbärtig und aalglatt wie ein Handelsvertreter, das ist er – Polizeichef Irons.
Er sah nicht gut aus – seine Wangen waren fleckig gerötet, seine Schweinsäugelein von aufgequollenem weißem Fleisch umrandet. Die Art und Weise, wie sein Blick im Zimmer umherzuckte, war beunruhigend, als hätte ihn eine schwere Paranoia fest im Griff. Er wirkte wahrhaftig wie völlig aus dem Gleichgewicht geraten und der Wirklichkeit nicht mehr allzu sehr verhaftet.
„Sind Sie Chief Irons?“, fragte Claire und versuchte dabei freundlich und respektvoll zu klingen, während sie näher an den Schreibtisch herantrat.
„Ja, der bin ich“, erwiderte er leise, „und wer sind Sie?“
Bevor sie etwas antworten konnte, fuhr Irons fort und bestätigte Claires Verdacht mit seinen nächsten Worten – und mit dem bitteren, gereizten Tonfall, in dem er es sagte. „Nein, sparen Sie sich Ihre Worte. Es macht keinen Unterschied. Sie werden enden wie all die anderen … “
Er verstummte und starrte auf die tote Frau vor sich, mit einem Ausdruck, den Claire nicht einzuordnen wusste. Sie hatte Mitleid mit ihm, trotz alldem was Chris ihr über seine miesen Charaktereigenschaften und seine berufliche Inkompetenz erzählt hatte. Gott allein wusste, welche Schrecken er mitangesehen hatte oder was er hatte tun müssen, um zu überleben.
Ist es denn ein Wunder, dass er Schwierigkeiten mit der Realität hat? Leon und ich sind erst im letzten Akt in diesen Horrorfilm eingetreten – Irons war schon zum Vorspann hier, und das heißt vermutlich, dass er mitansehen musste, wie seine Freunde starben.
Claire schaute hinab auf die junge Frau, die wie hingegossen auf dem Schreibtisch lag, und Irons sprach weiter mit einer Stimme, die gleichzeitig arrogant und traurig klang.
„Das ist die Tochter des Bürgermeisters. Ich sollte auf sie aufpassen, aber ich habe elendiglich versagt … “
Claire suchte nach tröstenden Worten, wollte ihm sagen, dass er von Glück reden könne, noch am Leben zu sein, dass es nicht seine Schuld sei – doch als er in seinem Lamento fortfuhr, erstarben ihr die Worte im Hals, ebenso wie ihr Mitleid.
„Sehen Sie sie nur an. Sie war eine echte Schönheit, ihre Haut von absoluter Perfektion. Aber sie wird bald zerfallen … und noch in dieser Stunde wird sie zu einem dieser Dinger werden. Genau wie all die anderen.“
Claire wollte keine voreiligen Schlüsse ziehen, aber das wehmütige Sehnen in seinem Tonfall und seinem glänzenden, gierigen Blick verursachten ihr eine Gänsehaut. Die Art und Weise, wie er das tote Mädchen anhimmelte …
… das bildest du dir nur ein. Er ist der Polizeichef, kein
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