Resident Evil - Sammelband 02 - Der Umbrella-Faktor
einer Sekunde des Zögerns. Die Browning klapperte zu Boden, und Irons musste dem Drang, abermals aufzulachen, widerstehen. Er konnte kaum fassen, wie dumm sie sich verhielt. Die Umbrella-Killerin war offenbar arrogant geworden, so wie sie in sein Sanktuarium spaziert war, als gehörte es ihr – und wegen ihrer Blasiertheit und Selbstgefälligkeit hatte sie das Spiel verloren.
„Dreh dich um, langsam – und lass deine Hände, wo ich sie sehen kann“, verlangte er, immer noch grinsend. Oh, was für ein glorreich leichter Sieg! Umbrella hatte ihn zum letzten Mal unterschätzt.
Wiederum tat das Mädchen, was er verlangte, wandte sich langsam um, die Hände leer und offen. Ihr Gesichtsausdruck war unbezahlbar, ihre adlerhaften Züge zu einer Maske der Angst und des Erschreckens erstarrt. Das hatte sie nicht erwartet, sie hatte geglaubt, es sei ein einfacher Job, Brian Irons auszuschalten. Schließlich war er ein gebrochener Mann, ein Schatten seines früheren Selbst, seiner Stadt, seines Lebens beraubt …
„Hast dich geirrt, nicht wahr?“, sagte er und spürte, wie die Situation ihren Humor verlor, spürte, wie sich der Zorn wieder rührte. Er hielt die VP 70 weiterhin auf ihr lächerlich junges Gesicht gerichtet; es war beleidigend, dass sie ein Kind hergeschickt hatten, damit es die Dreckarbeit für sie erledigte. Auch wenn es so ein schönes Kind war …
„Beruhigen Sie sich, Chief Irons“, sagte sie, und selbst in seiner Wut gefiel es ihm, die Anstrengung in ihrer sinnlichen Stimme zu hören, die Furcht hinter ihrem sinnlosen Flehen. Er würde es genießen, mehr noch als er es angenommen hatte.
Aber zuerst ein paar Antworten.
„Wer hat dich geschickt? War es Coleman vom Hauptquartier? Oder kamen deine Befehle von höherer Stelle … aus dem Vorstand vielleicht? Es hat keinen Sinn mehr, mir etwas vorzulügen.“
Die mädchenhafte Frau starrte ihn an, die Augen in vorgetäuschter Verwirrung geweitet. „Ich – ich weiß nicht, wovon Sie reden. Bitte, das ist ein Irrtum … “
„O ja, hier liegt sogar ganz bestimmt ein Irrtum vor“, zischte Irons, „aber den hast du begangen. Wie lange hat Umbrella mich beobachtet? Wie lauten deine Befehle genau – solltest du mich auf der Stelle umbringen, oder wollte Umbrella mich erst noch ein bisschen leiden sehen?“
Sie antwortete nicht gleich, überlegte offensichtlich, wie viel sie ihm erzählen sollte. Sie war gut, ihr Ausdruck immer noch sorgsam arrangiert, um lediglich verwirrte Angst zu zeigen, aber er durchschaute sie.
Sie ist gefangen, sie muss wissen, dass ich sie nicht am Leben lassen werde, und sie will die Wahrheit trotzdem verheimlichen, selbst jetzt noch. Jung, aber gut gezogen.
„Ich kam nach Raccoon, um meinen Bruder zu suchen“, sagte sie langsam, den Blick ihrer großen grauen Augen auf die Waffe geheftet. „Er gehörte zur S. T. A. R. S.-Organisation, und ich – “
„S. T. A. R. S.? Etwas Besseres fällt dir nicht ein?“ Irons lachte bitter auf und schüttelte den Kopf. Die in Raccoon befindlichen S. T. A. R. S.-Leute hatten sich verdrückt, lange bevor alles zum Teufel gegangen war – und seinen letzten Informationen zufolge hatte Umbrella die Organisation längst für die Zwecke der Firma eingespannt und arbeitete daran, diejenigen zu eliminieren, die sich nicht bekehren lassen wollten. Als eine zur Tarnung erfundene Story taugte das, was ihm das Mädchen da auftischen wollte, nicht einmal ansatzweise.
Aber da ist etwas an ihr …
Aus zusammengekniffenen Augen musterte er ihr blasses, ängstliches Gesicht. „Und wer soll dein Bruder sein?“
„Chris Redfield, Sie kennen ihn – ich bin Claire, seine Schwester. Ich weiß nichts über das, was Umbrella getan hat, und ich wurde nicht hergeschickt, um Sie umzubringen.“ Sie sprach schnell, trug ihre Geschichte vor, ohne zu stocken.
Sie sah wie Redfield aus, um die Augen herum jedenfalls … warum sie allerdings dachte, dass ihr diese Verbindung helfen könnte, war Irons ein Rätsel. Redfield war ein aufgeblasener, respektloser Emporkömmling, der sich ihm mehrere Male unverhohlen widersetzt hatte; genau gesagt –
„Redfield arbeitete für Umbrella, stimmt’s?“ Laut ausgesprochen konnte Irons regelrecht sehen, dass es die Wahrheit war – und sein Zorn schwoll einer roten Flut gleich an, eine ätzende Hitze spülte durch seine Adern und weckte Übelkeit in ihm.
Selbst meine eigenen Leute, die ganze Zeit über. Verräterische Umbrella-Marionetten.
„Das
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