Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
brauche, ist eine gottverdammte Karte, die mich zum nächstgelegenen Boot oder Flugzeug führt, und dann bin ich Geschichte. Er würde auch das Mädchen nachholen, wenn er einen Fluchtweg gefunden hatte, würde den Ritter in strahlender Rüstung geben … und sie würde sich ganz bestimmt dankbar zeigen, vielleicht sogar dankbar genug, um …
Ein Name in dem Dateienverzeichnis stach ihm ins Auge. Steve runzelte die Stirn und blickte genauer auf den Monitor. Da war ein Ordner mit dem Namen Redfield, C. … C wie in Claire Redfield? Neugierig öffnete er ihn und las immer noch ganz vertieft, als er hinter sich ein Geräusch hörte.
Er angelte seine Waffe vom Schreibtisch, wirbelte herum und verpasste sich im Geiste einen Tritt in den Hintern, weil er nicht besser aufgepasst hatte – und da stand Claire, die eigene Waffe zu Boden gerichtet, einen leicht verdutzten Ausdruck auf dem Gesicht.
„Was tust du da?“, fragte sie gelassen, als hätte sie ihm nicht gerade einen Heidenschreck eingejagt. „Und wie bist du an den Zombies da draußen vorbeigekommen?“
„Ich bin gerannt“, antwortete er, verärgert über ihrer Frage. Hielt sie ihn etwa für hilflos? „Und ich suche nach einer Karte … hey, bist du mit einem Christopher Redfield verwandt?“
Claire furchte die Stirn. „Chris ist mein Bruder. Warum?“
Geschwister. Das ist die Erklärung. Steve deutete auf den Computer und fragte sich beiläufig, ob wohl der ganze Redfield-Clan aus Draufgängern bestand. Ihr Bruder jedenfalls war einer, ehemaliger Air-Force-Pilot und S. T. A. R. S.-Angehöriger, ein Meisterschütze und ein echter Dorn im Fleisch von Umbrella. Er hätte es nie und nimmer laut zugegeben, aber Steve war einigermaßen beeindruckt.
„Du solltest ihm vielleicht sagen, dass Umbrella ihn beobachtet“, erwiderte er und trat beiseite, damit Claire lesen konnte, was auf dem Bildschirm stand. Offenbar war Redfield in Paris, auch wenn Umbrella es nicht geschafft hatte, seinen genauen Aufenthaltsort in Erfahrung zu bringen. Steve freute sich, dass er auf eine Datei gestoßen war, die ihr wichtig war – ein Dankeschön von einem hübschen Mädchen war immer eine feine Sache.
Claire überflog die Informationen, drückte dann ein paar Tasten und blickte mit einem Ausdruck der Erleichterung zu Steve. „Gott sei Dank, dass es Privatsatelliten gibt. Ich kann mich mit Leon in Verbindung setzen. Er ist ein Freund und müsste sich inzwischen mit Chris zusammengetan haben … “
Sie hatte bereits zu tippen begonnen, spulte ihre Erklärungen wie beiläufig ab, während sich ihre Finger über die Tastatur bewegten. „… es gibt da ein Messageboard, das wir beide benutzen … da, siehst du?,Kontakt so schnell wie möglich, die ganze Bande ist hier.‘ Das hat er in der Nacht, in der ich gefangen genommen wurde, gepostet.“
Steve zuckte die Achseln. Die Lebensgeschichte von Claires Freunden interessierte ihn nicht sonderlich. „Geh in die Datei davor, da stehen Breiten- und Längengrad dieses Felsens“, sagte er mit einem kleinen Lächeln. „Warum schickst du deinem Bruder keine Wegbeschreibung und lässt ihn anrücken, damit er den Tag rettet?“
Er erwartete einen weiteren gereizten Blick, aber Claire nickte nur mit todernster Miene. „Gute Idee. Ich werde ihm sagen, dass es bei diesen Koordinaten einen Ausbruch gegeben hat. Dann wissen sie schon, was ich meine.“
Sie war schön, sicher, aber auch ganz schön naiv. „Das war ein Witz “, sagte er kopfschüttelnd. Sie befanden sich mitten im Nirgendwo.
Sie sah zu ihm auf. „Zum Totlachen. Ich werd’ ihn Chris erzählen, sobald er hier aufkreuzt.“
Völlig warnungslos stieg unbändige Wut in ihm hoch, ein Tornado aus Zorn und Verzweiflung und einer ganzen Menge von Gefühlen, die er nicht einmal ansatzweise verstand. Was er jedoch verstand, war, dass die kleine Miss Claire falsch lag, dass sie dumm und rotznäsig war und völlig falsch lag.
„Willst du mich auf den Arm nehmen? Du erwartest echt, dass er hier auftaucht, bei allem, was hier abgeht? Und schau dir doch die Koordinaten an!“ Die Worte brachen hitzig und schnell aus ihm hervor und lauter als beabsichtigt, aber das war ihm egal. „Sei doch nicht dumm – glaub mir, du kannst dich nicht auf andere Leute verlassen, du wirst am Ende nur enttäuscht, und dann kannst du niemanden die Schuld geben außer dir selbst!“
Jetzt sah sie ihn an, als habe er den Verstand verloren, und über seinen Zorn brach eine Woge aus Scham herein,
Weitere Kostenlose Bücher