Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
neben der Theke stand eine tropfende Öllampe. Jill zögerte nicht. Nemesis würde sie innerhalb von Sekunden erreichen, wenn sie nicht augenblicklich handelte, und ein wenig brennendes Öl würde das Ungeheuer vielleicht aufhalten.
Sie bedeutete Carlos dort zu bleiben, wo er war, griff sich die Lampe, stand auf, lehnte sich über den Tresen und bog den Arm nach hinten. Das Monstrum bewegte sich durch die geräumige Küche, als Jill die Lampe in seine Richtung schleuderte. Es bedurfte großer Anstrengung, um die Distanz zu überwinden.
Die Lampe flog … und dann verlangsamte sich alles bis zu einem Beinahe-Stopp; es passierte so vieles, dass Jills Verstand die Ereignisse nur eines nach dem anderen verarbeiten konnte. Die Lampe zerbrach vor den Füßen des Monsters. Glas und Öl spritzten durch die Luft, der Großteil des Inhalts sammelte sich jedoch zu einer Pfütze, einem winzigen See sich rasch ausbreitenden Feuers.
Die Kreatur hob ihre bulligen Fäuste und schrie vor Zorn. Carlos rief etwas und packte Jill an der Hüfte. Er zog sie zu sich herunter, und die unbeholfene Bewegung ließ beide zu Boden stürzen.
Dann gab es eine mächtige Entladung aus grellem Licht und Lärm, wie Jill es schon einmal erlebt hatte, seit sie an diesem Tag aufgestanden war – eine Druckwelle, die gegen ihre Trommelfelle schlug. Carlos versuchte, sie abzuschirmen, hielt ihren Kopf nach unten und keuchte etwas in schnellem Spanisch, während die Zeit wieder zur Normalgeschwindigkeit zurückfand und es ringsum zu brennen begann.
Gott, schon wieder? Bei diesem Tempo fliegt noch die ganze Stadt in die Luft!
Der Gedanke war nur verschwommen, wirr, ihr Verstand immer noch wie benebelt, bis sie sich darauf besann wieder zu atmen. Jill holte tief Luft, schob Carlos’ Arm von sich und stand auf. Sie musste nachsehen, was vorging.
Die Küche war explodiert, rußgeschwärzt – überall lagen Töpfe und Kochgeräte. Jill entdeckte mehrere Kanister, die an der hinteren Wand standen, bei einem von ihnen handelte es sich offenbar um die Quelle der Explosion, die deformierten, zerrissenen Wände des Metallbehälters sahen aus wie gezackte Blütenblätter. Beißender Qualm kräuselte sich empor, und Nemesis lag da wie ein gefällter Riese, seine Kleidung war verschmort und verbrannt. Er rührte sich nicht mehr.
„Nehmen Sie es mir nicht übel, aber sind Sie irre?“, fauchte Carlos und starrte sie an, als sei die Frage rein rhetorisch. „Sie hätten uns beide grillen können!“
Jill ignorierte Carlos und beobachtete stattdessen Nemesis – ihr.357er war immer noch auf die Beine des Monsters gerichtet. Kopf und Oberkörper lagen unter einem niedrigen Regal. Die Explosion war gewaltig gewesen, aber nach allem, was sie durchgemacht hatte, wusste Jill, dass sie sich nicht auf Mutmaßungen verlassen durfte.
Schieß! Schieß, so lange er daliegt, du kriegst vielleicht keine zweite Chance!
Nemesis zuckte, nur ein leichtes Rucken der Finger, das Jill sehen konnte, aber es genügte, sie die Nerven verlieren zu lassen. Sie wollte raus, wollte nur noch weit weg sein, ehe Nemesis sich wieder aufsetzte und die Nachwirkungen der Explosion abschüttelte – was er fraglos tun würde.
„Wir müssen hier raus, los!“, wandte sie sich an Carlos. Jung, gut aussehend und offensichtlich geschockt von der Explosion zögerte er. Doch dann nickte er, sein Sturmgewehr fest an die Brust gepresst. Die Waffe sah aus wie ein M16 – Militär also – , und er trug Kampfkleidung, was ein gutes Zeichen war.
Ich hoffe, es gibt noch mehr von deiner Sorte, dort wo du herkommst , dachte Jill und eilte zur Tür. Carlos blieb direkt hinter ihr. Sie hatte eine Menge Fragen an ihn und war sich bewusst, dass er vermutlich auch ein paar an sie hatte … aber sie konnten anderswo reden. Irgendwo, nur nicht hier.
So bald sie draußen waren, konnte Jill nicht mehr an sich halten. Sie begann zu rennen. Der junge Soldat hielt mit, und so eilten sie durch die kühle Dunkelheit der toten Stadt, während sie sich fragte, ob es noch irgendwo einen Ort gab, der ihnen Sicherheit zu bieten vermochte.
Die Frau, Jill, rannte einen ganzen Block weit, ehe sie langsamer wurde. Sie schien zu wissen, wohin sie mussten, und es war offenkundig, dass sie irgendeine Art von Kampfausbildung genossen hatte; vielleicht war sie Polizistin, auch wenn sie keine Uniform trug. Carlos war ungeheuer neugierig, sparte sich seinen Atem jedoch und konzentrierte sich stattdessen darauf, mit ihr Schritt zu
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