Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
einzigen, spielerischen Bewegung wuchtete Nemesis einen Raketenwerfer auf seine riesige Schulter und zielte. Da begann Carlos bereits zu schießen.
Jede Kugel, die aus dem M16 jagte, pflanzte einen Stoß gedämpfter Agonie durch seine Knochen. Trotz der Schmerzen war seine Zielsicherheit außerordentlich gut. Winzige schwarze Löcher erschienen im Gesicht der Kreatur, und Carlos konnte das Ping hören, mit dem Querschläger von dem zerschrammten Raketenwerfer abprallten. Die fleischigen Tentakel, die unter der langen Jacke des Monsters hervorragten, schlugen peitschend um den Oberkörper, wie vor Wut, rollten und entrollten sich in unfassbarem Tempo.
Carlos sah, dass das Ungeheuer die Bazooka in seine Richtung schwenkte, aber er schoss ungerührt weiter. Er wusste, dass er nicht schnell genug hochkommen würde, um wegzurennen. Hau ab, Jill, hau bloß ab!
Das Monster erspähte Carlos und schoss, und Carlos sah eine Welle von Licht und Bewegung auf sich zurasen, spürte die Hitze der hochexplosiven Panzerabwehrrakete über seine Haut sengen …
… und irgendwie … starb er nicht. Dafür flog irgendetwas nicht weit hinter ihm in die Luft. Die Gewalt der Druckwelle hob ihn empor und schleuderte ihn brutal gegen die Seite des Brunnens. Der Schmerz war immens, aber Carlos hielt sich mühsam bei Bewusstsein, entschlossen, für Jill noch ein paar weitere Sekunden herauszuschinden.
Halb über dem Rand des Brunnens liegend begann er abermals zu feuern, er zielte auf das Gesicht des Ungetüms. Die Kugeln gingen überallhin, während er sich bemühte, die Waffe unter Kontrolle zu bringen.
Krepier, krepier endlich! Aber das Ding starb nicht, es zuckte nicht einmal zusammen, und Carlos wusste, dass ihm nur noch eine halbe Sekunde blieb, bis er zerfetzt sein würde.
Der Raketenwerfer war genau auf Carlos’ Gesicht gerichtet, als es passierte. Ein Schuss, wie er einem nur einmal im Leben gelang …
Carajo!
Eines der metallischen Pings verwandelte sich jäh in eine Explosion, ein plötzliches weißglühendes Feuerwerk. Das Monster wurde nach hinten geworfen, und während sich seine Waffe auflöste, verschwand es aus Carlos’ Blickfeld.
Dessen Gewehr war leer geschossen. Er griff nach einem neuen Magazin und spürte dabei die Rückkehr des vorübergehend ignorierten Schmerzes. Er kam mit aller Macht. Carlos verlor das Bewusstsein. Dunkelheit zog ihn hinab.
Jill sah Carlos zusammenbrechen und zwang sich zu bleiben, wo sie war, zwischen dem Straßenbahnwagen und einer Heckenreihe. Sie hatte gesehen, wie Nemesis zu Boden gegangen und von der Explosion seiner Bazooka in den brennenden Schutt geschleudert worden war. Aber seine „Resistenz“ dem Tod gegenüber hielt sie davon ab, zu Carlos hinüberzugehen. Wenn das Monster noch lebte, wollte sie, dass es sich nur auf sie konzentrierte.
Der Granatwerfer fühlte sich leicht an in ihren Händen. Ein Adrenalinschub verlieh ihr neuen Auftrieb, und als Nemesis sich erhob, eine Schulter in Flammen, Blasen werfendes schwarzes und rotes Fleisch unter seiner zerfetzten Kleidung schimmernd, schoss Jill.
Das Spezialgeschoss streute wie eine Superschrotpatrone einen konzentrierten Stoß aus Tausenden von Kügelchen über den Platz – aber die Ladung verfehlte das heulende Ungetüm. Der Schuss riss nur weitere Löcher in das, was von der vorderen Mauer des Turmes noch übrig war.
Nemesis hörte auf zu kreischen, obwohl seine Brust noch immer brannte, die Haut jetzt krustig und schwarz war. Er wandte sich Jill zu, die den Granatwerfer aufklappte, ein weiteres Geschoss aus ihrer Tasche fischte und betete, dass ihr Gegner durch Carlos’ Glückstreffer ernsthafter verletzt worden war, als es den Anschein hatte.
Das Monster senkte den Kopf und rannte in ihre Richtung. Riesenschritte trugen es unfassbar schnell auf sie zu. Binnen einer Sekunde hatte es den Hof überquert, seine schlangenartigen Auswüchse breiteten sich aus, um sie zu packen.
Jill sprang nach links und rannte um ihr Leben, zwischen der Heckenreihe und der unbeschädigten Westmauer des Turmes entlang. Die Granate hielt sie noch in der Hand. Sie konnte hören, wie das Ungeheuer hinter ihr den Durchlass betrat, als sie das Ende des Pfades erreichte. Nemesis blieb ihr dicht auf den Fersen, seine Geschwindigkeit war enorm, und als sie um die Ecke am Ende der Gasse bog, war er nur noch einen Meter von ihr entfernt …
Etwas schlug gegen ihren Arm, kaum dass sie um die Hecke herum war. Etwas Festes und Glattes, grub sich in
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