Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
Gesichtsfarbe sah gut aus. Zwei Tage lang hatte sie getrunken, wenn er ihr die Flasche an die Lippe gehoben hatte, geschluckt wenigstens, doch sie war weiß wie eine Wand und völlig ohne Besinnung gewesen.
„Wo … sind wir?“, fragte Jill schwach. Sie schloss die Augen, während sie ihren Kopf wieder auf das provisorische Kissen – ein Stück zusammengerollter Teppich – zurücksinken ließ. Ihre Zudecke bestand aus nicht verbrannten Vorhängen, die Carlos aus dem Foyer gerettet hatte.
„In der Kapelle des Uhrenturms“, sagte er sanft und immer noch lächelnd. „Wir sind hier, seit – seit der Hubschrauber abgestürzt ist.“
Jill öffnete wieder die Augen, jetzt offensichtlich endgültig bei Bewusstsein und leidlich konzentriert. Sie war nicht infiziert, wie er es für eine Weile befürchtet hatte, und sie war okay. Sie musste es sein.
„Wie lange?“
Reden schien sie zu ermüden, daher versuchte Carlos alles, was geschehen war, zusammenzufassen, um ihr Fragen zu ersparen. „Nemesis hat den Helikopter abgeschossen, und wir wurden beide verletzt. Deine Schulter wurde … verwundet, aber ich habe den Verband gewechselt, und es scheint nichts entzündet zu sein. Wir sind seit zwei Tagen hier und erholen uns. Du hast die meiste Zeit geschlafen. Es ist der erste Oktober, glaube ich, die Sonne ging vor einer Stunde unter, und seit letzter Nacht regnet es immer wieder mal … “
Er verstummte und wusste nicht, was er ihr noch erzählen könnte, denn er wollte nicht, dass sie wieder einschlief – nicht gleich jedenfalls. Er war lange genug mit seinen Gedanken allein gewesen.
„Oh, ich habe einen Karton Fruchtcocktail gefunden, stell dir vor, in der Truhe in diesem Aufenthaltsraum mit dem Schachbrett, erinnerst du dich? Wasser auch, da hat jemand gehamstert, schätze ich. Zu unserem Glück. Ich wollte dich nicht allein lassen, ich hab mich … äh, um dich gekümmert.“ Er fügte nicht hinzu, dass er sie auch gewaschen und die Vorhänge, auf denen sie lag, gewechselt hatte, wann immer es nötig geworden war. Er wollte sie nicht in Verlegenheit bringen.
„Du bist verletzt?“, fragte sie, die Stirn gerunzelt und träge blinzelnd.
„Ein paar angeknackste Rippen, keine große Sache. Na ja, wenn ich das Pflaster abziehen muss, wird es wahrscheinlich höllisch wehtun. Alles, was ich finden konnte, war Klebeband.“
Sie lächelte schwach, und Carlos’ Ton wurde sanfter, er fürchtete sich fast zu fragen. „Wie geht’s dir?“
„Zwei Tage? Keine weiteren Hubschrauber?“, fragte sie. Sie wandte den Blick ab, und er spürte, wie er sich etwas anspannte. Sie hatte seine Frage nicht beantwortet.
„Keine weiteren Hubschrauber“, erwiderte er, und zum ersten Mal fiel ihm auf, dass ihre Wangen übermäßig gerötet waren. Er berührte ihren Hals an der Seite und wurde noch nervöser: Fieber – nicht allzu schlimm, aber sie hatte keines gehabt, als er zuletzt danach fühlte, vor einer Stunde erst. „Jill, wie geht es dir?“
„Nicht schlecht. Überhaupt nicht schlecht, fast keine Schmerzen.“ Ihre Stimme klang flach, tonlos.
Carlos lächelte schief. „ Bien, si? Das sind gute Neuigkeiten, das bedeutet, dass wir zusammenpacken und bald hier raus können … “
„Ich bin mit dem Virus infiziert“, sagte sie, und Carlos erstarrte, sein Lächeln verschwand.
Nein. Nein, sie irrt sich, das ist unmöglich …
„Es ist jetzt zwei Tage her, du kannst nicht infiziert sein“, sagte er fest und erzählte ihr, womit er sich selbst beschäftigt hatte, seit er zum ersten Mal aufgewacht war. „Ich sah, wie sich einer der anderen Soldaten in einen Zombie verwandelte. Nachdem Randy gebissen worden war, können nicht mehr als zwei Stunden vergangen sein, bis er sich veränderte. Wenn du es hättest, dann wäre inzwischen doch etwas passiert.“
Jill rollte sich vorsichtig auf die Seite, zuckte ein wenig zusammen und schloss wieder die Augen. Sie klang ungeheuer müde. „Ich werde mich nicht mit dir streiten, Carlos. Vielleicht handelt es sich um eine andere Mutation, weil sie von Nemesis stammt, oder vielleicht habe ich mir auf dem Spencer-Anwesen irgendeine Art von schwacher Immunität eingefangen. Ich weiß es nicht, aber ich habe es.“ Ihre Stimme zitterte. „Ich kann es fühlen , ich kann fühlen, wie es schlechter wird mit mir!“
„Okay, okay, schsch!“, machte Carlos und beschloss, umgehend zu verschwinden. Er würde zusätzlich zu seinem Sturmgewehr noch Jills Revolver mitnehmen und auf
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