Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
ihr Fleisch wie ein riesiger, knochenloser Finger. Es stach zu, und tausend Hornissen schienen ihren Kreislauf gleichzeitig mit Gift zu fluten. Sie begriff, dass einer der umhertastenden Tentakel sie erwischt und durchbohrt hatte.
Oscheißeoscheißeoscheiße!
Sie konnte nicht darüber nachdenken, dafür war keine Zeit, aber Nemesis blieb plötzlich stehen, warf seinen Kopf zurück und brüllte seinen Triumph zu den kalten Sternen hinauf. Auch Jill kam stolpernd zum Halten, schob die Granate in die Waffe, ließ den Verschluss zuschnappen …
… und feuerte. Der Schuss erwischte das Ungetüm direkt unter der rechten Hüfte und schlug ins Fleisch des Oberschenkels. Haut- und Muskelfetzen flogen hinter ihm davon.
Es brach zusammen – ein paar vom Schwung getragene Schritte noch, dann ging es in einem Aufwölken zerfetzten Gewebes zu Boden, monströs und still und mit einem Mal völlig reglos.
Im fahrigen Versuch nachzuladen ließ Jill die vorletzte Granate fallen. Sie rollte davon. Jill gelang es, die fünfte geschickter zu fassen und ließ die Waffe gerade wieder zuklappen, als Nemesis sich mit von ihr abgewandtem Gesicht aufsetzte.
Jill zielte auf den unteren Teil des Rückens und schoss. Das Donnern der Waffe war nur ein weiterer dumpfer Laut, der sich zwischen das Klingeln in ihren Ohren mischte. Nemesis sprang auf, als er getroffen wurde. Die Schrotkügelchen trafen ihn halbhoch links – für einen Menschen ein tödlicher Nierenschuss. Doch offenbar nicht für den S. T. A. R. S.-Killer. Er strauchelte, dann stand er aber wieder aufrecht da und begann davon zu humpeln. Mit einer seiner riesigen Hände hielt er die frische Wunde umklammert.
Er geht! Er haut ab!
Jills Gedanken waren langsam und träge. Sie brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass das Verschwinden des Monsters nichts Gutes bedeutete. Sie durfte es nicht entkommen lassen, nicht zulassen, dass es sich regenerierte und zurückkam – sie musste versuchen, es zu töten, so lange es geschwächt war.
Jill zog die Python und versuchte zu zielen, aber plötzlich sah sie doppelt und vermochte sich nicht länger auf die Gestalt zu konzentrieren, die durch die brennenden Trümmer floh. Sie fühlte sich schwindelig und aufgewühlt und hielt es für denkbar, dass sie sich mit dem T-Virus infiziert hatte.
Sie musste ihre Schulterwunde nicht sehen, um zu wissen, dass sie schlimm war. Sie konnte spüren, wie ihr heißes Blut über die Seite rann und den Bund ihres Rockes tränkte. Sie wünschte, sie hätte glauben können, dass das Virus auf diese Weise aus ihrem Körper geschwemmt würde. Aber trotz ihrer furchtbaren Verletzung machte sie sich nichts vor.
Ein paar Sekunden lang betrachtete sie den geladenen.357er, den sie immer noch hielt – aber dann dachte sie an Carlos und wusste, dass sie warten musste. Sie musste ihm helfen, wenn sie es konnte, das war sie ihm schuldig.
Den Rest ihrer rasch erlahmenden Kräfte zusammenraffend ging Jill auf Carlos zu. Er lag neben dem Brunnen, stöhnend und halb besinnungslos. Er war verletzt, aber wenigstens sah sie kein Blut. Vielleicht ist er ja so weit okay …
Es war der letzte Gedanke, bevor sie spürte, wie ihr Körper sie im Stich ließ. Er schaltete kurzerhand ab, ließ sie zu Boden und in einen tiefen Schlaf fallen.
Läuten und Flucht, Feuer und Dunkelheit – und Kugeln. Kann nichts hören. Jill flieht vor dem Feuer. Und das Ding schießt. Hochexplosive Rakete. Zielt …
Zielt auf mein …
… Gesicht.
Carlos kam schlagartig zu sich. Er war verwirrt und voller Schmerzen und hielt Ausschau nach dem Kampfgeschehen, nach Nemesis und Jill. Sie war in Schwierigkeiten. Wenn dieses Ding sie erwischte …
Es war eine ruhige, stille Nacht, und ringsum brannten niedrige Feuer, die flackerndes orangefarbenes Licht spendeten und genug Hitze, um ihm den Schweiß aus den Poren zu treiben. Carlos zwang sich dazu, sich zu bewegen. Er kam auf die Füße und presste seine Hand auf die Rippen. Die Kiefer presste er vor Schmerzen zusammen. Angeknackst oder gebrochen, zwei vielleicht, aber er musste jetzt an Jill denken, musste die Nachwirkung der Detonationen abschütteln und …
„O nein“, stöhnte er. Er vergaß seine schmerzende Erschöpfung und eilte zu ihr. Jill lag auf verbranntem Gras, völlig reglos. Aus ihrer rechten Schulter floss ein steter Blutstrom. Noch lebte sie, aber vielleicht nicht mehr lange.
Carlos schluckte seine Schmerzen hinunter und hob Jill auf. Das Gewicht ihres Körpers wollte ihn
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