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Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition)

Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition)

Titel: Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Berndt
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Gedeihen), wenn Menschen nach einem Desaster, in dem sie Angst, Hilflosigkeit oder Horror erleben, persönlich weiterkommen.
    Tedeschi und Calhoun unterhielten sich mit zahlreichen Personen, die alle möglichen Arten von Krisen hinter sich gebracht hatten. Manche waren Überlebende schrecklicher Unfälle, andere hatten eine Vergewaltigung über sich ergehen lassen müssen; und wieder andere hatten eine lebensbedrohliche Krankheit durchgestanden oder waren plötzlich damit konfrontiert worden, dass sie HIV-positiv waren. Ganz unabhängig von dem Trauma, das die befragten Menschen durchlitten hatten: Immer zeigte sich in etwa das gleiche Ergebnis. Mehr als jeder Zweite dieser Unglücklichen war der Ansicht, dass er von dem Unerfreulichen letztlich profitiert habe. Erstaunlich häufig hörten die Psychologen Sätze wie: »Es war furchtbar, aber ich bin auch daran gereift.«
    Andere Betroffene sagten: »Was ich erlebt habe, möchte ich nie wieder erleben. Aber letztlich hat es mich weitergebracht. Ich habe neue Wege in meinem Leben aufgetan, den Glauben für mich entdeckt. Insgesamt bin ich zu einer größeren Wertschätzung des Lebens gelangt.« Wieder andere meinten: »Ich setze jetzt ganz andere Prioritäten und habe so viele Möglichkeiten erkannt, die mein Leben bereichern.«
    Viele Menschen erzählten auch, dass sie ihr Leben nun,da sie einmal gemerkt hatten, an welch seidenem Faden es hängt, intensiver leben und genießen als vor dem Unglück; oder dass sie ihre Liebe zu ihren Angehörigen stärker spüren. »Die schwierige Zeit hat uns einander wieder näher gebracht.« Und manche sahen ihre Resilienz gewachsen: »Ich wünschte, es wäre nie passiert. Aber ich weiß nun, dass ich viel aushalte und künftig noch mehr aushalten kann.«
    Dieser Satz erinnert an das bekannte Zitat »Was ihn nicht umbringt, macht ihn stärker«, von Friedrich Nietzsche. Der Philosoph spricht in ›Ecce homo‹ nicht von Resilienz; aber er beschreibt das, was Psychologen heute Resilienz nennen würden, als Wohlgeratenheit: »Und woran erkennt man im Grunde die Wohlgeratenheit ! Daß ein wohlgeratner Mensch unsern Sinnen wohltut: daß er aus einem Holze geschnitzt ist, das hart, zart und wohlriechend zugleich ist. Ihm schmeckt nur, was ihm zuträglich ist; sein Gefallen, seine Lust hört auf, wo das Maß des Zuträglichen überschritten wird. Er errät Heilmittel gegen Schädigungen, er nützt schlimme Zufälle zu seinem Vorteil aus; was ihn nicht umbringt, macht ihn stärker.«
    Je größer ein Unglück war, desto mehr glaubten die von Tedeschi und Calhoun befragten Menschen, daran gewachsen zu sein. Man könnte also fast zu dem Eindruck gelangen, ein schreckliches Unglück sei geradezu notwendig, um eine reife und glückliche Persönlichkeit zu werden.
    Auch der Trauma-Experte Georg Pieper bekommt immer wieder solche Geschichten zu hören. Es sei bewegend, wenn ein hartgesottener Manager plötzlich seinen Sinn für das Summen der Bienen entdecke, erzählte der Psychologe kürzlich. Zu Piepers Klienten gehören Opfer häuslicher Gewalt ebenso wie Autofahrer, die einen Fußgänger totgefahren haben. In manchen Menschen würden so plötzlich Potenziale geweckt, die komplett verschüttet erschienen, so Pieper. Danach seien sie offenbar zufriedener mit dem Leben.
    Macht Unglück also glücklich? Und ist auch hier die geheimnisvolle Kraft der Resilienz am Werk?
    Die Psychologin Tanja Zöllner ist da skeptisch. »Es gibt durchaus sehr anrührende Geschichten«, erzählt sie. Sie sei immer wieder erstaunt, wie zufrieden viele Menschen von ihrereigenen Entwicklung berichten, die sie nach einem Schicksalsschlag genommen hätten. Allerdings sei Vorsicht geboten: »Es sind ja die untersuchten Menschen selbst, die das von sich sagen«, gibt die Psychologin zu bedenken. Die eigene Sicht, am Unglück gewachsen zu sein, sei womöglich mehr dem Wunsch als der Realität zuzurechnen. »Viele Menschen wollen das gerne denken«, so Zöllner. Die Aussage eines ihrer Patienten verdeutlicht seinen erklärten Willen zum posttraumatischen Wachstum, den vermutlich viele Menschen nach einer Katastrophe haben: »Wenn das passieren musste, dann soll es zumindest gut für etwas gewesen sein.« Dieser Gedanke hat zweifelsohne etwas Tröstliches.
    Die Psychologin hat sich vorgenommen herauszufinden, was hinter dem posttraumatischen Wachstum steckt. Gemeinsam mit ihrem Doktorvater Andreas Maercker, der heute an der Universität in Zürich lehrt, hat sie das Phänomen

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