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Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition)

Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition)

Titel: Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Berndt
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körperliche Krankheiten entwickeln, warnte Freud.
    Seit Sigmund Freud Ende des 19. Jahrhunderts den Begriff der Verdrängung prägte, den er im Jahr 1915 in einem Aufsatz ausführlicher erläuterte, streiten Psychologen und Psychiater über den Wert dieses Konzepts. Zwar sprechen Menschen in ihrem Alltagsjargon längst vom Verdrängen und sind auch davon überzeugt, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen diesem Verhalten und dem Entstehen von Krankheit gibt, doch wissenschaftlich war der Beweis bisher nicht erbracht. Laut Freud ist Verdrängen ein durchaus natürlicher Prozess, den Menschen sowohl bei schmerzlichen als auch bei ängstigenden Erfahrungen nutzen.
    Aber wo liegt die Grenze zwischen Verdrängen und Vergessen, was ist gesund und was ungesund? Zwei Wissenschaftler von der Universität Jena haben erst vor Kurzem ein interessantes Experiment unternommen. Die beiden Psychologen Kristin Mitte und Marcus Mund wollten die These, dass Verdrängen krank mache, mit wissenschaftlichen Daten untermauern. Bei ihrer Auswertung griffen Mund und Mitte auf bereits erhobene Daten zurück. Sie sammelten alle weltweit zugänglichen Ergebnisse, in denen Wissenschaftler Krankheiten und Verdrängung an derselben Gruppe von Menschen untersucht hatten. Dabei ging es um ganz verschiedene Leiden – zum Beispiel um Asthma und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber auch um Zuckerkrankheit und Krebs.
    Insgesamt 22 Studien mit zusammen fast 7000 Teilnehmern entdeckten Mund und Mitte in den Datenbanken der Universitäten. Aus den darin enthaltenen Daten folgern sie: Zwischen Verdrängung und dem Auftreten von Krankheiten gibt es tatsächlich einen Zusammenhang. Vor allem zeigt sich bei Menschen, die zum Verdrängen neigen, eine Tendenz zu erhöhtem Blutdruck. Psychologen nennen solche Leute »Represser«– abgeleitet vom englischen Begriff für Verdrängung: psychological repression. »Jeder Mensch unterdrückt von Zeit zu Zeit unangenehme Gefühle«, sagt Marcus Mund. Das sei ein allgemeiner, ganz natürlicher Abwehrmechanismus. Bei den Repressern aber sei »das Prinzip der Abwehr wesentlich in ihrer Persönlichkeit verankert«.
    Viele Represser sind im Grunde ihres Herzens ängstlich, obwohl sie angeben, besonders wenig Angst zu haben. Sie mögen negative Nachrichten nicht hören, wollen sich nicht mit ihnen auseinandersetzen. »Setzt man Represser aber unter psychischen Stress, so zeigen sie heftige körperliche Angstreaktionen wie Schwitzen oder einen beschleunigten Puls«, erzählt Mund. Das manifestiere sich möglicherweise in dem erhöhten Blutdruck. Gleichwohl ist nicht bewiesen, ob der hohe Blutdruck die Folge dieser besonderen psychischen Konstitution ist oder nur zufällig gemeinsam mit ihr auftritt. In jedem Fall aber kann ein dauerhaft erhöhter Blutdruck ernsthafte Folgeerkrankungen nach sich ziehen, wie Herz-Kreislauf-Leiden oder Schäden an den Nieren und Augen. Verdrängen kann demnach unter Umständen tatsächlich krank machen.
    Zusammenhanglos aber, das sei hier am Rande erwähnt, erwies sich die Entstehung von Krebs mit den unterdrückten Gefühlen. Die Vorstellung, es gebe eine »Krebspersönlichkeit«, die das Wachstum bösartiger Tumoren erst auslöse oder vorantreibe, entbehrt jeder Grundlage. Diese Sicht, Menschen mit Krebs seien aufgrund ihrer Persönlichkeit also irgendwie selbst schuld, gehört »auf den Müllhaufen der Medizingeschichte«, betont der Internist, Onkologe und Psychosomatiker Herbert Kappauf immer wieder, der viele Jahre am Klinikum Nürnberg die Arbeitsgruppe Psychoonkologie geleitet hat.
    Der Analyse von Mund und Mitte zufolge wird vielmehr umgekehrt ein Schuh daraus: Nicht vor, sondern nach einer Krebsdiagnose neigen Menschen zum Verdrängen; sie bekommen nicht Krebs, weil sie ein Represser sind, aber der Krebs verändert offenbar ihren Umgang mit negativen Nachrichten. Manche wollen nicht wahrhaben, dass sie an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leiden; andere versuchen ihre unangenehmen Gefühle – ihre Ängste, ihre Trauer – in Schachzu halten, indem sie ihnen möglichst wenig Raum geben; und Dritte versuchen, neben den schwerwiegenden Sorgen, die sie infolge der Diagnose belasten, alle anderen Probleme zur Seite zu schieben.
    Das Unterdrücken der Emotionen muss auch gar nichts Schlechtes sein. Tendenziell leiden diese Menschen weniger unter einer Chemotherapie als solche, die intensiv alle emotionalen Tiefs ihrer Erkrankung durchleben, sagt Marcus Mund. Gerade weil Represser so

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