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Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition)

Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition)

Titel: Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Berndt
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erstaunlicherweise zunächst nicht in Form von Verhaltensproblemen. Jungen, die Ähnliches erleben, werden dagegen oft aggressiv und »dissozial«: Sie können sich also nicht mehr richtig in die Gesellschaft einordnen, weil sie Normen nicht akzeptieren; sie sind oft reizbar und impulsiv, haben eine geringe Frusttoleranz oder sind gefühlskalt.
    »Jungen scheinen im ersten Lebensjahrzehnt vulnerabler zu sein«, sagt auch der Psychologieprofessor Friedrich Lösel. Die Situation kehre sich aber während der Pubertät um. Dann kommt bei den Mädchen, die familiäre Belastungen ertragen mussten, oft auch noch das Leid aus der frühen Kindheit zum Vorschein.
    Insgesamt berichten jugendliche Mädchen nach Ansicht der beiden Entwicklungspsychologen Ittel und Scheithauer von einer größeren Anzahl von Krisen als Jungen und geben diesen auch einen höheren emotionalen Stellenwert. Die Mädchen erzählen in diesem Alter häufiger von Ärger in der Clique und leiden unter chronischem Stress mehr als die gleichaltrigen Jungen. Auch ist es mit ihrer Selbstzufriedenheit offenbar nicht weit her. »Mädchen berichten in der Pubertät häufiger als Jungen davon, unter gesellschaftlichen Rollenerwartungen zu leiden – etwa dem Ideal, extrem dünn zu sein«, so Ittel und Scheithauer.
    In ebensolche Rollen scheinen sich resiliente kleine Persönlichkeiten weniger leicht drängen zu lassen als ihre labileren Altersgenossen. Sie zeigen weniger ausgeprägtes geschlechtertypisches Verhalten. So sind psychisch starke Mädchen weniger schüchtern als andere, haben eine gute Kontrolle über ihren Körper und äußern größeres Interesse an Aktivitäten, die als nicht geschlechtstypisch gelten. Starke Jungen zeigen mehr Emotionen und Empathie als nicht-resiliente Jungen.
    Es mag also sein, dass starke Kinder eher den Mut besitzen, aus den Rollenmodellen auszubrechen und ihren eigenen Vorstellungen zu folgen. Vermutlich aber liegen Ursache und Wirkung genau andersherum: Weil diese Mädchen und Jungen vielfältig interessiert und nicht so festgelegt sind, können sie »auf ein breiteres Repertoire an Reaktionsmöglichkeiten zurückgreifen«, meint Angela Ittel. Was natürlich hilft, wenn sie einen Ausweg aus einem Problem suchen müssen, und somit resilient macht. »Starke Fixierungen machen dagegen nicht fit fürs Leben«, so Ittel, »sie machen vulnerabel.«
    Für den scheinbaren Wechsel der Mädchen vom stärkeren zum schwächeren Geschlecht in der Pubertät liefern der Kinderpsychiater Martin Holtmann und der NeuropsychologeManfred Laucht eine mögliche neurobiologische Erklärung. Mädchen reifen nun einmal schneller als Jungen, und das gilt auch für ihre Gehirne. Dies »geht offenbar zunächst einher mit einer verbesserten Widerstandsfähigkeit gegenüber neuropsychiatrischen Entwicklungsstörungen«, so Holtmann und Laucht. »Im weiteren Verlauf allerdings bringt die hormonelle Umstellung, die mit der Pubertät einhergeht, im Vergleich zu den Jungen ein erhöhtes Risiko mit sich.«
    Holtmann und Laucht gehen davon aus, dass von Anfang an biologische Mechanismen an den Geschlechterunterschieden beteiligt sind. Schon im Mutterleib seien Mädchen und Jungen unterschiedlichen hormonellen und immunologischen Einflüssen ausgesetzt. »Womöglich beeinflussen diese Unterschiede die Gehirnentwicklung geschlechtsspezifisch«, schreiben sie. Denn dass es Unterschiede in der Hirnentwicklung zwischen Jungen und Mädchen gebe, sei heute unumstritten. Zum Beispiel verarbeiten die beiden Geschlechter sowohl sprachliche als auch räumliche Stimuli unterschiedlich.
    Beim Vergleich der Geschlechter zeigt sich somit erneut: Resilienz ist keine einmal erworbene und dauerhaft anhaltende Eigenschaft, sondern ein Phänomen, das vom Zeitpunkt abhängt und von der Situation, in der sich eine Person gerade befindet.
    Auch bei der Entwicklung psychischer Störungen offenbart sich die seelische Verwundbarkeit beider Geschlechter, wenn man bereit ist, genauer hinzusehen. Zwar fallen die Probleme der Jungen leichter auf, weil sie diese oft externalisieren, wie Psychologen sagen: Jungen werden häufig aggressiv oder auch straffällig, wenn sie nicht mit sich zurechtkommen; Mädchen internalisieren ihre Probleme dagegen eher: Sie leiden dann zum Beispiel unter Depressionen oder Essstörungen.
    Im Jugendalter »wird bei Mädchen sehr viel häufiger als bei Jungen eine Depression diagnostiziert«, sagt Angela Ittel. Eine Rolle scheint der weibliche Hormonhaushalt zu

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