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Resteklicken

Resteklicken

Titel: Resteklicken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meschner Moritz
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unbedeutendes Stückchen nach oben und verharre in dieser faken Smiley-Fratze wie ein schiefgegangener Spezialeffekt. Mehr denn je hätte ich jetzt gerne meinen mit Rum versetzten Kakao. Und dass alles gut wird. Als sich unsere Blicke dann aber treffen, stirbt auch diese letzte Hoffnung in mir. Steffi wirkt genervt, angefressen regelrecht, und als wir endlich voreinander stehen, da will ich sie umarmen, aber sie sagt nur »Lass uns rein, es regnet«, und ich trete meine Kippe auf dem Boden aus und mein ohnehin angeknackstes Selbstbewusstsein gleich mit. Dann öffne ich die Tür für die Frau, die mein Herz mal mitgenommen hat, es mir allem Anschein nach aber auch heute nicht zurückgeben will. Wo ist bloß mein Beruhigungskakao?
    Kaum sind wir drin, stehen wir auch schon dumm im Eingangsbereich rum und ich vor dem nächsten Problem. Das »Tropico« ist voll. Randvoll. Kein Wunder, es ist Freitag um acht. Dass sich die Leute hier drängen und quetschen, ist Steffis Laune nicht besonders zuträglich. Genauer gesagt: Gar nicht.
    »Boah, suchst du uns jetzt endlich ’nen Platz oder was?!«, nölt sie.
    Ich schaue mich nervös um und möchte am liebsten eines der glücklichen Pärchen vom Tisch wegschießen, aber da ist Steffi schon beim Kellner und fordert einen Platz.
    »Einen Tisch für zwei«, füge ich schnell hinzu und hoffe, dass irgendjemand das auch gehört hat.
    »Tut mir leid, wir sind voll.«
    »Dann warten wir eben noch «, sage ich und bekomme das von Steffi augenblicklich mit einem Nasenschnaufer quittiert.
    »Was denn?«
    »Da hinten ist doch was frei!«
    »Da, wo schon zwei sitzen?!«
    »Ist doch egal! Wir wollen sowieso nicht ewig bleiben!«
    Na, super. Wieso tritt sie mir nicht gleich in die Eier? Dann hätten wir es wenigstens hinter uns.
    »Nun FRAG die beiden doch mal!«
    »Ist ja gut«, sage ich und trolle mich rüber zum Tisch, an dem ein etwa Achtzehnjähriger mit Basecap und einer ziemlich hübschen Brünetten sitzt.
    »Äh … Entschuldigung? Könnten wir hier noch mit ran? Meine Freun… also, die Dame und ich? Dauert auch nicht lange. Sie will mir wohl nicht vor allen in die Eier treten, sondern mich nett ausbluten lassen wie ein angestochenes Ferkel. Also, dürfen wir?«
    Noch bevor der verdutzte Teenie antworten kann, hat sich Steffi schon neben ihn gesetzt. Ich habe keine andere Wahl und lasse mich schwerfällig in den Korbstuhl neben der hübschen Brünetten plumpsen.
    »Na, also«, sagt Steffi. »Und jetzt bestell halt mal was!«
    Wow. Was für eine Stimmung. Nicht ausgeschlossen, dass hier gleich die Löcher aus dem Käse fliegen.
    »Was möchtest du denn haben?«
    »Was wohl? ’ nen Cuba Libre natürlich!«
    Keine Ahnung, was das soll. Nach Vorspiel fühlt sich das nicht gerade an. Obwohl Steffi und ich schon ähnlich beschissene Vorspiele hatten.
    »Mach mal hinne! Sonst wird das heute nie was!«
    Okay. JETZT fühlt es sich nach Vorspiel an!
    »Einen Cuba Libre«, sage ich zum Kellner. »Und für mich ein Bier.«
    Das geht wenigstens schnell.
    »Immer noch der alte Moritz. Wir sitzen in einer Cocktailbar, und er bestellt ein Bier.«
    Hallo?! Erstens sitzt ER genau gegenüber, und zweitens müsste ER kein Bier bestellen, wenn es hier auch Gewehre gäbe. Dann würde ER nämlich gepflegt Amok laufen.
    »Einen Cuba Libre«, wiederholt der Kellner und kritzelt etwas auf seinen Zettel.
    »Und ein Bier«, sage ich.
    »Oh, so einen Cuba Libre hätte ich auch gerne.«
    Die Brünette neben mir richtet sich plötzlich in ihrem Korbstuhl auf und hebt ihre Hand.
    »Also, ZWEI Cuba Libre?«
    »Genau.«
    »Und ein Bier«, rufe ich dazwischen.
    »Gehen die beiden auf eine Rechnung?«
    »Nein«, sagt Steffi genervt.
    »Wir kennen uns ja gar nicht«, sagt der Basecap-Teen ebenso genervt.
    »Was ist denn mit meinem Bier?«, frage ich.
    »Sag mal, bist du nicht Moritz?«, fragt die Brünette. »Wir sind doch Facebook-Freunde.«
    Halleluja.
    Minus und minus ergeben bekanntlich plus. Wenn zwei Negative aufeinandertreffen, verschmelzen sie meist zu etwas Positivem. An unserem Tisch gilt diese Gesetzmäßigkeit leider nicht. Der Basecap-Teen durchbohrt mich regelrecht mit seinem finsteren Blick. Steffi hat genau denselben finsteren Blick aufgesetzt. Beide Blicke addieren sich zu doppel-finster.
    Dass der Typ sauer auf mich ist, weil ich anscheinend mit seiner Freundin verfacebookt bin, ist verständlich. Warum aber auch Steffi eine noch fiesere Fresse zieht als zuvor, kann ich nicht ganz nachvollziehen.

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