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Resteklicken

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Titel: Resteklicken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meschner Moritz
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gebraucht, der ihr zeigt, wo es langgeht! Eine herbere, maskulinere, nach Moschus stinkende Ausgabe von mir. Die sie ja jetzt in Form von Silvio hat. Einen Zuchtbullen mit Vin-Diesel-Motor und Rocco-Siffredi-Einspritzpumpe.
    S minus zwei Stunden, neunundvierzig Minuten, und die Sekunden kann ich auf die Schnelle nicht rückwärts rechnen.
    Ach, scheißegal, wie ich im Bett bin. Heute Abend wird alles gut. Wird schon. Steffi kennt mich ja. Und sie hat die Schnauze voll von ihrem Vin-Diesel-Verschnitt, sonst würde sie mich nicht sehen wollen. Alles wird gut!
    S minus zwei Stunden und achtundvierzig Minuten. Ich gehe mal eben kotzen.
    Es ist zwanzig vor acht, als ich im Nieselregen vor dem »Tropico« auf und ab laufe.
    Natürlich wusste ich schon beim Losgehen, dass ich zu früh sein würde, aber ich habe es zu Hause einfach nicht mehr ausgehalten, bin immer wieder vom Computer aufgestanden und rüber zum Fernseher und dann wieder zurück und so weiter, und weil ich keine Sekunde ruhig sitzen konnte, habe ich mir dann doch noch mehr Wein eingeflößt, der mich aber nicht beruhigt, sondern nur weiter aufgeputscht hat. Da man im »Tropico« neuerdings nicht mehr rauchen darf, mache ich das draußen. Keine Ahnung, wie viele Zigaretten es schon waren, ich bin ein konstant dampfendes Nikotin-Kraftwerk, zünde mir eine nach der anderen an und laufe weiter auf und ab. Nachdem ich mich vorhin im dunklen Badezimmer ins Waschbecken übergeben und dieses hoffentlich auch getroffen habe, ging es mir ein bisschen besser, trotzdem habe ich den ganzen Weg hierher etwas gemacht, das ich »Trockenkotzen« nenne, eine sympathische Mischung aus Raucherhusten und Würggeräuschen, und ich durfte feststellen, dass das bei den Menschen auf der Straße nicht allzu gut ankommt. Ich kotze gerne mal trocken, wenn mein Herz die Zweihundert-Puls-Marke geknackt hat. Trotzdem oder gerade deshalb zünde ich mir die nächste Zigarette an, hole mein iPhone raus und gucke nach, ob Steffi sich gemeldet hat. Da das nicht der Fall ist, gehe ich davon aus, dass unsere Verabredung noch steht, und das löst in mir einen weiteren Würgereiz aus.
    Zu behaupten, ich hätte einfach blind irgendwas aus dem Kleiderschrank gegriffen und mal eben übergeworfen, entspräche nicht ganz der Wahrheit. Ich bin ziemlich aufgebitcht. Für einen Mann. Ich habe meine schwarze Anzughose an, die leider ein bisschen knitterig und sogar feucht ist, da sie mitten auf dem siffigen Boden gelegen hat, dazu ein weißes Hemd und meinen dünnen schwarzen Schlips. Das Jackett musste ich im Schrank hängen lassen, da es unerklärlicherweise nach Jägermeister roch. Stattdessen habe ich meinen dunkelgrünen Parka ange­zogen, und nun sehe ich ziemlich stylish aus, elegant und gleichzeitig etwas abgeranzt, so wie ein Rockstar eben, jedenfalls hoffe ich das, und dennoch fühle ich mich unwohl, und ich würge und huste wieder und spucke einmal kräftig auf die Straße. Daran, dass ich heute Abend noch Sex haben werde, glaube ich nicht mehr. Jeder positive Gedanke ist aus meinem Kopf verschwunden und purer Panik gewichen.
    Plötzlich wird mir klar, dass ich hier nicht mehr sein will.
    Ich will weder hier sein, noch will ich auf eine Frau warten, die darüber zu entscheiden hat, ob es mir gut oder schlecht geht. Ich will einfach nur weg. Ich will nach Hause ins Bett. Und ich will, dass mir meine Mama einen Kakao macht. Mit viel Rum drin.
    Genau in diesem Moment schlägt ganz in der Nähe eine Autotür zu. Fast ein bisschen zu nah für meinen Geschmack. Ich würde die Autotür unter hundert anderen nur am Geräusch erkennen, und damit sehr wahrscheinlich Wettkönig bei »Wetten, dass …?« werden können. Und natürlich erkenne ich die Frau, die neben dem Auto steht. Niemand schlägt eine Autotür so zu wie Steffi. Kein Mensch trägt so viel Sensibilität, so viel Gefühl und Poesie in sich wie Steffi. Kein noch so dunkler Abend könnte ihr überirdisches Strahlen verschlucken. Keine Bewertungsskala ist nach oben hin offen genug für sie. Sie sieht aus wie eine Gött…
    Moment mal.
    Wie sieht sie denn überhaupt aus?!
    Ich reibe mir die Augen. Ja, sie ist es wirklich. Allerdings nicht so, wie ich sie erwartet habe. Ihre Haare sind fettig und zu einem Zopf gebunden, statt irgendetwas Figurbetonendem trägt sie einen weiten Nike-Pulli und eine Jogginghose, und geschminkt ist sie auch nicht. Ein bisschen erinnert sie mich an Natti.
    Ich versuche zu lächeln, bringe aber nur die Mundwinkel ein

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