Resteklicken
dazu gehabt, eine Frau schon nach der ersten Beziehungswoche zu hintergehen!)
Und da habe ich mich neulich beim Facebook-Quiz »Welcher Two-and-a-Half-Men-Charakter bist du?« doch allen Ernstes noch gefragt, warum die Antwort »Charlie« war – und nicht »Alan«. Jetzt fällt es mir natürlich wie Schuppen von den Augen.
Die letzten zwei Monate war ich tatsächlich Alan. Aber ich BIN eigentlich Charlie. Und die Frau, die mir gegenübersitzt, ist Steffi. Einfach nur Steffi. Eine herzensgute, wundervolle und lebenslustige junge Frau, die von Moritz/Charlie verarscht wurde. Und die im Übrigen »Two and a Half Men« nie leiden konnte.
Die musikalische Hintergrundbeschallung im »Tropico« wechselt wie auf Knopfdruck. Eben noch lief »Upside down« von dieser Sängerin, die wie Michael Jackson aussieht. Ich glaube, es war Diana Ross. Aber auch egal, denn jetzt kommt der Anfang von »I gotta feeling«. Die Black Eyed Peas.
I gotta feeling
That tonight’s gonna be a good night
That tonight’s gonna be a goooood night
That tonight’s gonna be a good, good night
Klassischer Fall von Ton-Bild-Schere. Nichts passt zusammen. Steffi weint. Ich auch. Weil ich mich schäme. Niemals zuvor habe ich mich so geschämt.
… tonight‘s gonna be a good, good night …
Nö. Das wird tonight so ziemlich alles, aber mit Sicherheit keine good, good night !
»Schatz …«, setze ich leise an und versuche Steffis Hand zu berühren, doch natürlich zieht sie diese weg.
Es bricht mir das Herz, sie so zu sehen. Es bricht mir wirklich das Herz. Rein mathematisch betrachtet, bereits das zweite Mal. Ich HABE sie aber auch scheiße behandelt. Abgesehen von den Seitensprüngen.
Ich erinnere mich zum Beispiel daran, wie ich sie mitten in der Nacht aus meiner Wohnung geschmissen habe, nachdem wir uns gestritten hatten. Oder daran, wie sie einen total romantischen Abend mit mir verbringen wollte, mit Kochen und Wein trinken und »Hangover« auf DVD , so ein völlig verblödeter Film, den ich schon im Kino ultra-lustig fand und Steffi nicht, und trotzdem hat sie ihn sofort für mich gekauft, als er auf DVD rausgekommen ist, und sie wollte ihn nur MEINETWEGEN noch mal sehen, nur um MIR eine Freude zu machen, und ich Idiot war mit den drei anderen Idioten in der Kneipe und habe gesoffen, und als ich randvoll war, habe ich Steffi angerufen und abgesagt und bin nach Hause, um zu schlafen. Und dann gab es noch dieses Wochenende, an dem ich mit Max feiern war und Steffi nicht gesagt habe, wo ich hingehe, und bevor wir los sind, habe ich ihre Nummer aus meinem Handy GELÖSCHT , nur damit ich sie nicht im Suff versehentlich anrufe und ihr DOCH sage, wo ich bin, ich meine, das wäre ja auch noch schöner gewesen, wenn ich auf einer coolen Party mit meiner nervigen Freundin gesehen worden wäre. Ja! Mit meiner NERVIGEN Freundin!!! Genauso habe ich es damals empfunden! Und dabei habe ich sie doch gleichzeitig so sehr geliebt! Wie krass ist das denn bitte schön?!
»Ein Cuba Libre«, sagt der Kellner mit einem breiten Grinsen, lässt selbiges aber auch gleich wieder aus seinem Gesicht plumpsen, als er uns zwei Häufchen Elend an seinem Tisch vorfindet.
»Ist in Ordnung«, sage ich und stehe auf. »Der Abend ist vorbei. Ich zahle vorne.«
Jawohl, der Abend ist vorbei. Und mein Leben auch. Aber das wussten wir ja schon.
»Es tut mir leid, Steffi. Ich wünschte, ich könnte dir begreiflich machen, wie sehr. Aber das kann ich nicht.«
Was für eine Telenovela-Scheiße. Ich dachte immer, dass den Autoren für solche Situationen etwas Besseres einfallen müsste, und dass dieser ganze Es-tut-mir-leid-Quark doch vollkommen am Leben vorbei geschrieben ist, aber ich muss heute feststellen, dass das nicht stimmt. Mir fällt nämlich auch nichts Besseres ein. Ich weiß nur, dass ich Steffi liebe. Und dass Liebe wohl mehr ist, als jemanden einfach nur zu lieben. Dass Liebe bedeutet, den geliebten Menschen auch gehen zu lassen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist. Glücklich werden zu lassen. Auch wenn das wiederum bedeutet, dass Steffi mit jemand anderem als mit mir glücklich wird. Vollkommen klar. Vollkommen absurd.
»Du hast mehr verdient als mich«, telenovelliere ich noch mal, gehe rüber zur Bar und lege irgendeinen Schein auf den Tresen.
Dann verabschiede ich mich endgültig aus diesem Leben.
Silvio dürfte das wohl gefallen.
Auf der Straße schlägt mir der feine, kalte Nieselregen ins Gesicht. Ein seltsam unbedeutendes Gefühl. Beinahe steril.
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