Resturlaub
Wir hörten ein Keuchen, ein angestrengtes »Wartet!« und natürlich schossen wir wie der Blitz zum Bett zurück. »Das tut uns wahnsinnig Leid«, sagte ich und nahm die kalte und schlaffe Hand des Pfarrers.
»Mir auch«, sagte Checko und beugte sich so über den Pfarrer, dass dieser ihn sehen konnte, ohne den Kopf zu bewegen. Ich spürte, dass der Pfarrer mir etwas sagen wollte, also beugte ich mich noch ein wenig näher über ihn.
»Pater Fadiga Bouba«, flüsterte er mir schwach ins Ohr.
Ich schüttelte den Kopf in der Annahme, der Pfarrer hätte über den Sturz einen Teil seines Gedächtnisses eingebüßt.
»Nein«, sagte ich mit sanfter und verständnisvoller Stimme. »Sie sind Pfarrer Braun. Sie hatten einen Unfall, aber es wird alles gut!«
»Ich weiß, wer ich bin, du Depp«, keuchte Pater Braun. »Fragt Pater Fadiga Bouba wegen der Hochzeitsmesse morgen!«
Ich nickte. Wie dumm von mir.
»Das machen wir. Danke! Entschuldigung.«
Pfarrer Braun nannte uns noch die Adresse. Dann schlief er wieder ein.
Nachdem wir auf den Schreck ein Bier im Pelikan getrunken hatten, stiegen wir in Jasons Wagen, um in Richtung Gaustadt zu fahren. Doch irgendwie machte Checko keine Anstalten, sich ins Auto zu setzen.
»Ich glaub, ich muss da nimmer mit«, druckste er herum und steckte seine Hände in die Taschen. Als ihn mein Blick traf, schaute er zu Boden.
»Wie? Ich dachte, wir machen das zu dritt?«
»Ja schon, aber ... wird auch net besser, wenn er's von uns dreien erfährt, oder?«
Prüfend blickte ich zu Jason.
»Okay. Was ist mit dir?«
»Ist ja wohl klar, dass ich dich da hinfahre!«
Kurz vor Mitternacht klingelte ich also alleine an der Privatwohnung eines senegalesischen Pfarrers, der im traditionellen Gewand öffnete und mich auf einen Kakao nach drinnen bat. Als ich ihm umständlich erklärte, was passiert war, und natürlich mit Hilfe eines Partyfasses Seppelpeter's erklärte er sich bereit, die Hochzeit zu übernehmen.
»Also bis morgen. Bonne nuit!«, verabschiedete er sich mit einem Lächeln.
Der Gang zum Brautpaar war schon ein wenig schwieriger. Ich hatte richtiggehend Angst vor dem Gequake der Ente. Ich werde nie vergessen, wie die beiden vor mir saßen, an ihrem viel zu hell erleuchteten Buchenküchentisch und mich mit blassen Gesichtern und bunten Schlafanzügen anstarrten.
»Das ist nicht dein Ernst!«, war Arnes erste Reaktion.
»Leider doch«, sagte ich, »euer Pfarrer liegt im Krankenhaus!«
Und dann reagierte die Ente so, wie es vermutlich jede normal denkende Frau zwölf Stunden vor der kirchlichen Trauung getan hätte: Sie weinte. Und Arne reagierte so, wie es vermutlich jeder normal denkende Mann zwölf Stunden vor der kirchlichen Trauung getan hätte: Er machte sich ein Bier auf.
»Das war ja klar, dass wieder was passiert, wenn du dabei bist!«, quakte Biggy.
»Wieso? Was ist das letzte Mal passiert?«, fragte ich.
»Arne ist rotzbesoffen nach Hause gekommen und über den Beistelltisch gefallen!«
»Dann stell ihn halt bei, deswegen heißt er ja so!«
»Ist nicht alles witzig, was du sagst!«
»Macht nicht alles Sinn, was du quakst!«
Wir hätten noch stundenlang so weiterstreiten können, hätte Arne nicht mit der Handfläche auf den Tisch gehauen.
»Jetzt ist aber gut!«
»Na, jedenfalls: Es sollte eine tolle Überraschung für euch werden!«, rechtfertigte ich mich.
»Isses ja geworden!«, seufzte Arne. Ich schöpfte neue Hoffnung und stolperte mich durch meinen Rettungsvorschlag.
»Also. Wir haben einen Pfarrer, der einspringt, also wenn ihr einverstanden seid, aber ... - wie soll ich sagen - er ist nicht aus Franken!«
»Woher kommt er denn?«, schluchzte die Ente in ihr Taschentuch und ihre Stimme bewegte sich dabei in beängstigender Höhe.
»Aus Bayern?«
Ich wusste: Nach meiner Antwort würde sie ins Bad rennen und eine ganze Familienpackung Tempo voll heulen.
»Aus dem Senegal!«, sagte ich und schaute auf den Boden, fast so, als sei es etwas Schlimmes, aus dem Senegal zu kommen.
»Aus dem Senegal?«, fragten Arne und Biggy synchron.
Nun, vermutlich hätten sich im Senegal noch viel schlimmere Szenen abgespielt, wenn man zwölf Stunden vor der Hochzeit dem Dorfheiligen einen halben Bullen auf den Kopf gedonnert und ihn danach durch einen Oberfranken ersetzt hätte, aber derlei Gedankenspiele standen an diesem Abend nicht zur Debatte. Mit einem hysterisch geschluchzten »am schönsten Tag von meinem Lebeeeennnn .« verabschiedete sich die Ente ins Bad
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