Resturlaub
und ich saß mit Arne alleine am Tisch.
»Huiuiuiuiui!«, sagte ich.
»Puhhhh!«, antwortete Arne. »Ein senegalischer Pfarrer. Ist das dieser Fadiga?«
Ich nickte und dachte darüber nach, ob es nicht >senegalesisch< heißen muss.
»Der ist okay, Pitschi, den kenne ich, wir haben ein paar Mal Fußball gegeneinander gespielt, ist eine ganz harte Sau!«
»Echt?«
»Echt!«
»Danke!«
Ich war erleichtert. Und so ging Arne seine Ente trösten und ich lief nach Hause, wo ich mich neben die bereits friedlich schlummernde Biene legte. Ich lag noch lange wach mit tausend Gedanken in meinem Kopf. Gegen drei Uhr trank ich einen Schluck Milch aus dem Kühlschrank und legte mich wieder zu Biene.
»Alles klar, Mausbär?«, brummelte sie schläfrig.
»Alles klar«, sagte ich. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um über Grundsätzliches zu sprechen.
Die Frau ist rund
MIR GEFIEL DIE PREDIGT, die Pater Fadiga Bouba hielt. Gut, vielleicht bemühte er den einen oder anderen Fußballvergleich zu viel, aber der Senegal war halt einfach mal ein fußballverrücktes Land. Als das Gerücht ging, man hätte jetzt einen schwarzen Pfarrer und nicht mehr Pfarrer Braun, da dachten viele eher an politisch schwarz als an stark pigmentiert. Umso größer war die Überraschung der festlich gekleideten Hochzeitsgäste, als der rabenschwarze Pater lächelnd hinter dem Altar erschien und seine Messe zweisprachig eröffnete: »Bonjour und grüß Gott!«
Wir hatten uns bereits durch diverse Gebete, Lesungen und Lieder gekämpft, da kam der Teil der Messe, den Pfarrer Braun in unzähligen Traugesprächen vorbereitet hatte. Der Teil also, bei dem Pater Bouba wohl oder übel improvisieren musste. Er tat das sehr gut. Die Ehe sei wie ein gutes Angriffsduo im Fußball, belehrte er uns und fügte den leicht unglücklichen Vergleich hinzu, dass der eine nichts ohne den anderen sei, wolle man das Ding in den Kasten bekommen. Boubas Deutsch war nicht schlecht, aber eben doch noch ausbaufähig. Während ich mich so durch die Hochzeitsfeier schmunzelte, bemerkte ich, dass ich einer der wenigen war, die Boubas Fußballvergleiche amüsant fanden. Bei seinem »Nach der Ehe ist vor der Ehe« vernahm ich ein erstes Räuspern, bei seiner Bemerkung, eine Ehe sei für den Bräutigam »eigentlich ein Heimspiel«, kamen ein paar Huster dazu und nach »Die Frau ist rund« hörte ich ein sanftes Schluchzen der Brautmutter.
»Der macht das doch gut, oder?«, fragte ich vorsichtig Biene, die in einem gelben Sommerkleid neben mir saß. Doch Biene zog statt einer Antwort nur ihre Augenbrauen nach oben und faltete das Blatt mit den Liedtexten ein weiteres Mal, obwohl sie es schon so oft gefaltet hatte, dass es fast ein Würfel war. Wer Biene kannte und das tat ich ja nach fast zehn Jahren, der wusste, was sie dachte: Pfarrer Bouba macht das nicht gut! Pfarrer Bouba ist eine Katastrophe! Und du bist schuld!
Dennoch: Beim Jawort nahm Biene meine Hand und schaute mich ganz verliebt an dabei. Ich wusste gar nicht, wie ich mich fühlen sollte. Ein falscher Blick zu dieser Sekunde war ja bereits ein halber Antrag! Ich wusste das aus Bienes Frauenmagazinen, die ich heimlich auf der Toilette las. Aber vermutlich musste Biene einfach so schauen aus dem einfachen Grund, weil sie eine Frau ist und Frauen nun mal so schauen müssen auf Hochzeiten. Weil sie sich immer selbst vorne sehen am Altar, zusammen mit ihrem Sitznachbarn. Ich beschloss, dass es in Zukunft besser wäre, mit Biene auf keine Hochzeit mehr zu gehen. Erst später fiel mir ein, dass das gar nicht mehr ging: Bis auf Checko und mich waren ja schon alle verheiratet.
Nach einer knappen Stunde war Boubas Mischung aus Sportschau und Trauung vorüber, wir spendeten jeder zehn Euro für die Aktion »Reis für die Welt« und Arne und Biggy verließen als Ehepaar die Kirche. Ich positionierte mich ans untere Ende der Treppe und warf Reis auf Arne und die Ente. Als Einziger, wie ich nach drei Würfen feststellen musste.
»Lass, Peter! Wir haben doch abgesprochen, dass kein Reis geworfen wird!«
»Warum denn nicht?«
»Weil die Kinder in Afrika auch keinen Reis haben!«
»Tut mir Leid, aber so weit kann ich beim besten Willen nicht werfen.«
»Das ist nicht komisch, Mausbär! Du hast schon für genug Unruhe gesorgt.«
»Nenn mich nicht Mausbär, wenn du sauer bist!«
Natürlich behielten wir unser Festtagslächeln während des kleinen Disputs, immerhin schritten Arne und seine Brautente an uns vorbei. Erst auf dem
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