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Resturlaub

Resturlaub

Titel: Resturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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hast Glück, angeblich scheint die Sonne!«
    »Für'n Strand wird's trotzdem nicht reichen, oder?«, lache ich schüchtern, worauf Alex mich verwundert anschaut.
    »Was für'n Strand?«
    Ich muss an den Abschiedsbrief denken, in dem ich von meiner Wohnung berichte, die direkt am Strand liegt. Ich hätte wenigstens für eine Sekunde in einen Reiseführer schauen sollen. Eine einzige Sekunde! Oder mir am Flughafen ein WAS IST WAS » Auswandern « kaufen sollen.
    »Oder wolltest du runter nach Mar del Plata?.«, fragt mein Sitznachbar amüsiert.
    »Mar del Plata!«, sage ich erleichtert und um mich nicht noch weiter zu blamieren.
    »Da ist jetzt aber tote Hose, absolute Nebensaison!«
    Inzwischen weiß ich, was an meinem deutsch-argentinischen Sitznachbarn deutsch ist und was argentinisch. Sein rechthaberisches Generve jedenfalls kommt eher von der Nordhalbkugel.
    Winter!!!
    Plötzlich sehe ich überall im Flugzeug Pullover, Mäntel und Handschuhe. Ein kleines Mädchen setzt sich eine blaue Wollmütze auf. Möglichst unauffällig lasse ich meine Sonnenbrille in der Hemdtasche meines Surfhemds verschwinden. Alex beobachtet mich noch immer völlig fasziniert.
    »Du bist ja ein schräger Vogel!«, kichert er, »Mar del Plata im Juli! Da kannste ja gleich im Januar nach Sylt!«
    Am liebsten würde ich den Schraubenclown fragen, warum er sich nicht noch eine Valium schmeißt und sabbernd bis zur Gepäckausgabe durchpennt. Stattdessen lache ich kurz und wende mich, irritiert über die neuen Informationen, wieder meinem kleinen Flugzeugfenster zu. Scheißegal, denke ich mir, dann ist es halt Winter. Argentinien ist immer noch Argentinien. Und das mit dem Strand kann Valium-Alex seiner deutschen Großmutter erzählen. Ich hab doch eben selbst im Bordmagazin gesehen, dass Buenos Aires direkt am Meer liegt. Da wird's doch wohl einen Strand geben, weil irgendwann wollen ein paar der 12 Millionen Einwohner doch bestimmt mal Frisbee spielen, plantschen oder tauchen!
    Suasientoporfavor nuschelt die in verschiedenen Brauntönen gekleidete Stewardess und stellt meinen Sitz vor. Wenige Augenblicke später setzt unser Flieger sicher auf und gefällige Supermarktmucke quillt aus den kleinen Lautsprechern über uns. Ich und mein immer noch kichernder Sitznachbar verlassen die Maschine und reihen uns ein in die Schlange der Einwanderungsbehörde.
    »Wie sind die Argentinier denn eigentlich so?«, frage ich Alex, der noch immer neben mir steht.
    »Wie die sind?«, fragt er mich verwundert. »Laut, arrogant, stolz . was willst du hören?«
    »Die guten Sachen!«
    »Lass mal überlegen .«
    Wieder gehen wir ein paar Schritte nach vorne.
    »Laut, arrogant und stolz!«, kichert Alex, »und ziemlich direkt.«
    »Wie? Direkt?«
    »Was verdienst du denn?«
    »Das geht dich einen Scheiß an!«
    »Siehste! So direkt!«
    Ein uniformierter Herr in einer kleinen Box macht einen Stempel in meinen Pass. Er wirkt höflich und gastfreundlich, denn er lächelt und er fragt mich auch nicht, was ich verdiene. Am Gepäckband stelle ich mich zu Alex, der einen Karton nach dem anderen auf seinen Trolley packt.
    »Was ist denn in den Kartons?«, frage ich neugierig, »Kreuzschrauben?«
    »Diesmal nur Nutella!«, antwortet Alex.
    »Nutella?«
    »Das Zeug ist Gold wert hier. So gut wie nicht zu kriegen. Ich hab mir drei Kisten mitgenommen, fürs ganze Jahr!«
    »Das hab ich nicht gewusst!«, sage ich.
    »Du weißt ziemlich wenig, oder?«, lacht Alex und hebt einen letzten Karton auf seinen Wagen. Ich nicke und frage, ob er mir ein paar Gläser verkauft.
    »Tut mir Leid, aber ... die sind für mich und Freunde. Wenn ich denen weniger mitbringe, ist der Teufel los!«
    »Verstehe.«
    Mir fällt ein, dass ich völlig grundlos am Band stehe, weil mein Gepäck auf Mallorca ist. Wir passieren den Zoll und treten gemeinsam in eine neonbeleuchtete Ankunftshalle.
    »Na dann«, lacht Alex. »viel Spaß! Und wenn ich dir einen Tipp geben darf: Nimm um Himmels willen nur die offiziellen Radiotaxis! Es passiert viel in letzter Zeit!«
    »Danke!«
    »Wo musst du überhaupt hin?«
    »Erst mal Hotel dachte ich, Wohnung suche ich später.«
    »Ach . du bleibst länger?«
    »Hab ich vor.«
    »Mensch, hättest du was gesagt im Flieger, ich hätte dir so viel erzählen können!«
    »Du hast ja gepennt!«
    »Pass auf, ein Kumpel von mir vermietet Zimmer an Sprachstudenten. Da ist bestimmt was frei, weil jetzt im Winter kommt sowieso kein Schwein nach Buenos Aires. Also, außer dir halt.

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