Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)
ein.
»Rot-wer-bist-du?«
»Rollo. Retra und ich sind alte Freunde.«
»Das stimmt gar …«
Aber Rollo schnitt ihr das Wort ab. »Die roten sind meistens okay, aber manche Leute reagieren stärker darauf. Die schwarzen sind echt heftig. Die solltest du besser nicht nehmen. Puh!« Er tippte sich gegen den Kopf. »Das ist so, als würde da oben eine Bombe hochgehen. Und? Wo findet dieses Treffen statt?«
Suki bemühte sich um einen möglichst bösen Blick, was ein wenig merkwürdig aussah, weil sie dabei von einem Fuß auf den anderen hüpfte und sich die Arme kratzte. »Was-geht-dich-das-an?«
»Wie ich schon sagte, Retra und ich sind alte Freunde, und ich überlege, ob ich den Wings auch beitrete.«
Retra war sprachlos, wie leicht es Rollo fiel, die Wahrheit zu verdrehen.
»Dann-weißt-du-also-wo-die-Grotte-ist?«, fragte Suki, bevor Retra sie aufhalten konnte.
Rollo zeigte Retra ein triumphierendes Lächeln. »Klar. Bei Illi den Berg runter. Man muss nur zur Station von Vank zurück und da in eine andere Gondel umsteigen. Ich kann es euch zeigen.«
Vorsichtig blickte sich Retra um. Modai war ein bisschen näher herangekommen. Vielleicht war es wirklich besser, wenn sie Rollo mitnahmen. Er schien ein Händchen für heikle Situationen zu haben. »Modai beobachtet uns immer noch. Suki und ich gehen am besten voraus. Du solltest lieber noch ein paar Augenblicke warten. Guck gelangweilt, und verlass dann den Club. Wir warten auf dem Bahnsteig in Vank auf dich.«
Rollo nickte. »Hört sich gut an. Aber wartet wirklich. Ohne mich findet ihr die Grotte nie.«
»Was-ist-los?«, fragte Suki. »Warum-guckt-Modai-immer-zu-uns-rüber?«
»Er hat Retra auf dem Kieker, seitdem wir zusammen die Aufnahme passiert haben«, sagte Rollo. »Gerade eben wollte er sie ausquetschen. Ich hab es gesehen und ihn abgelenkt. Er sagt, sie sei der Grund für den Streit zwischen den Wächtern.«
Rollos freimütige Art ließ Retra innerlich zusammenzucken. So als wären sie drei Vertraute und hätten sich nicht gerade erst kennengelernt.
»Was?«, fragte er, als hätte er ihre Reaktion gespürt. »Das ist doch die Wahrheit, oder nicht?«
»Schon-gut-sie-ist-nicht-daran-gewöhnt-mit-anderen-Leuten-zu-sprechen-so-ist-das-bei-Seals.« Suki hakte sich bei Retra unter. »Komm-schweigsame-Seal. Wir-gehen.«
Überraschenderweise kränkte Sukis Neckerei sie nicht. Sie lächelte sogar, als sie auf Markes und Cal in der Eingangshalle trafen. Sie waren in Begleitung eines Jungen, dem Kreise auf die Schläfen tätowiert worden waren.
»Retra?« Markes musterte sie von oben bis unten. »Du siehst so anders aus.«
Retra dachte das Gleiche über ihn, sagte es aber nicht. Er trug eine schmal geschnittene Hose und ein dünnes weißes T-Shirt, sodass seine breite Brust und die muskulösen Arme gut zu sehen waren. Die Gitarre hing über seiner Schulter. Wenigstens redete er nicht so schnell wie Suki.
»Hallo Markes.«
»Du gehst doch nicht etwa schon? Ich spiele gleich. Ruin ist gekommen, um mich zu hören. Bleib doch, es lohnt sich.«
Der Junge mit den Kreistattoos streckte die Hand aus. Seine milchig blauen Augen hatten etwas an sich, das Retra Unbehagen bereitete.
»Hallo Retra und …«
»Suki«, sagte Suki. »Wir-können-nicht-bleiben-wir-haben-etwas-Wichtiges-vor.«
Warnend drückte Retra Sukis Handgelenk, aber es war schon zu spät. Ruins Interesse war geweckt. Und Cals ebenso. Sie warf das glatte, weiße Haar zurück und starrte Retra unverwandt an.
»He Seal, ich hab gehört, du hast schon die Riper verärgert. Satte Leistung.«
»Sie-hatte-eine-von-uns-beschützt«, sagte Suki.
»Meinetwegen. Was ist denn so wichtig, dass du Markes’ Auftritt verpasst? Noch mehr Ärger?«, fragte Cal herausfordernd.
»Kümmer-dich-um-deinen-Kram.« Suki sah Cal finster an. Ihre Mandelaugen verengten sich zu wütenden Schlitzen.
Fieberhaft überlegte Retra, wie sie Ruins Neugier zerstreuen könnte. Der musterte sie immer noch. »Wir treffen uns mit ein paar Jungs in einem anderen Club, das ist alles«, sagte sie.
»Okay. Dann sehen wir uns später.« Markes wirkte enttäuscht.
»Ja«, sagte Retra. Wie gern hätte sie ihn beiseitegenommen und ihm alles erklärt, doch das war zu riskant. Er könnte es Cal verraten. Oder schlimmer noch: Ruin. Nach dem zu urteilen, was Rollo gesagt hatte, hielt das Jugendkomitee ganz und gar nichts von Gangs. Sie nahm Suki am Arm und zog sie weiter.
»Was hat die denn für ein Problem?«, zischte Suki.
»Ihr
Weitere Kostenlose Bücher