Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)

Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
Vom Netzwerk:
an der ihres Vaters, so als versuchte die eine die andere auszuradieren. In Ixion ist Sittsamkeit eine Sünde .
    Sie lehnte sich in Rollos Arme und tat so, als würde ihr seine Zuneigungsbekundung gefallen. »I-ich auch«, stammelte sie. »Wo warst du?«
    Modai musterte sie argwöhnisch.
    »Komm«, sagte Rollo. Er zog sie von den Ripern weg und auf einen der Gänge zu.
    Retra spürte, wie Lenoirs Blick ihnen folgte.
    »Was wollten die von dir?«, fragte Rollo, als sie die nächste Höhle betraten.
    »Nichts. Ich bin gerannt.«
    »Und?«
    Retra zuckte mit den Schultern. »Modai wollte wissen, warum. Ich wollte es ihm aber nicht sagen. Ich fand nicht, dass ich das sollte … musste.«
    »Ein bisschen dickköpfig, was? Die meisten würden Modai alles sagen, was er wissen will, so verdammt unheimlich ist der.«
    Sie gingen zu einer dunklen Nische mit tiefen Sofas, auf denen sich ein paar Pärchen aneinanderkuschelten, sich küssten oder streichelten.
    Retra wollte sich abwenden und weggehen, doch es war so dunkel, dass sie nicht wusste, wohin.
    Rollo legte den Kopf an ihren und zog sie fest an sich. »Schau nicht zurück, Modai folgt uns«, flüsterte er.
    Eng umschlungen gingen sie zu einem leeren Sofa, wo Rollo sich in die weichen Kissen fallen ließ und sie mit sich herunterzog.
    Modai stand am Eingang der Höhle und beobachtete sie weiter.
    Retra rutschte näher zu Rollo, der wieder den Arm um sie legte. Nun sahen sie genauso aus wie die anderen Paare, sagte sie sich. Als sie den Kopf neigte, um ihn anzusehen, schnitt er ihr ein Gesicht.
    »Ich habe dich reinkommen sehen, aber ich war sauer, weil du bei der Wiedergeburt einfach abgehauen bist, deswegen wollte ich dich eigentlich ignorieren«, sagte Rollo mit entwaffnender Ehrlichkeit. »Doch dann hab ich gesehen, wie Modai dich in die Zange genommen hat.«
    »Du kennst ihn?«
    Er verdrehte die Augen und leckte sich einen Schweißtropfen von der Oberlippe. »Den kennt doch jeder. Es heißt, er wäre derjenige, der die Unruhestifter verschwinden lässt. Aber er scheint sich sehr für dich zu interessieren. Schon bei der Aufnahme.«
    »Das hast du bemerkt?«
    »Ich bemerke vieles.«
    Für einen Moment oder zwei schwiegen sie und ließen die Beats der Dancemusik die Lücke füllen.
    »Du bist hier, weil du jemanden suchst, nicht wahr? Ich meine, jemanden, der vor dir hergekommen ist«, brach Rollo ihr Schweigen.
    Überrascht riss sie die Augen auf.
    Er zuckte die Achseln und machte ein finsteres Gesicht. »Ist ziemlich offensichtlich, dass du eigentlich gar nicht hier sein willst. Du bist eine Seal und auch nicht der rebellische Typ, der wegrennt. Dazu bist du viel zu verklemmt und steif. Du suchst nicht danach …« Er streichelte ihr Gesicht.
    Sie zuckte zurück.
    »Siehst du«, sagte er.
    »Es ist nicht so, dass ich nicht will …«, widersprach sie. »Aber … du hast nicht gefragt, und ich … ich …« Sie brach ab. Wie sollte sie ihm sagen, dass sie ihn nicht attraktiv fand?
    Wieder schwiegen sie.
    Rollo starrte das knutschende Paar ihnen gegenüber ganz offen an. Sein Gesicht drückte Neid aus. Retra überlegte, ob sie aufstehen und gehen sollte, aber Modai stand noch immer neben dem Geländer in der Nähe des Lifts.
    »Was ist, wenn ich dir von mir erzähle? Vertraust du mir dann ein bisschen mehr? Ich meine … da ich ohnehin den Großteil der Konversation bestreite.« Rollo lachte, was ihm genauso leichtzufallen schien wie der finstere Blick eben. »Ich bin von zu Hause weggerannt.«
    Retra starrte ihn an. »Das sind wir alle.«
    »Nein … ich bin von meinem Zuhause weg gerannt. Nicht nach Ixion. Also … mein Dad ist … er ist im Rat von Grave.«
    Retra schluckte. Auf einmal war da eine trockene Stelle in ihrem Rachen. Der Sohn eines Ratsherrn . Sie hatte noch nie zuvor einen persönlich getroffen. Die Räte lebten im reichen Teil von Grave Nord, in luxuriösen Häusern hinter der gigantischen grünen Mauer, die sie vor … eigentlich vor allem beschützte. Nicht so wie der trostlose Maschendrahtzaun um die Enklave der Seals. Kein Wunder, dass Rollo in Geschichte so bewandert war. Ratsmitglieder hatten freien Zugang zur Bibliothek. Sie entschieden, was gelehrt wurde. Sie machten die Regeln in Grave. Der Rat war es auch gewesen, der den Aufseher zu ihrer Familie geschickt hatte. »I-ich verstehe nicht. Warum bist du dann gegangen?«
    »Er wollte, dass ich auch ein Rat werde. So läuft das normalerweise. Wie der Vater, so der Sohn.« Rollo kniff das Gesicht

Weitere Kostenlose Bücher