Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)
»Die, die schon länger da sind, tauschen ihre Outfits. Handeln damit. Und normalerweise sind die Leaguaner ganz normal angezogen. Nur die wichtigen Leute tragen Leder, zum Beispiel Eves persönliche Wache.«
»Wie kommt es, dass du so viel darüber weißt?« Suki warf ihm einen misstrauischen Blick zu.
»Was hast du denn gemacht, seitdem du hier angekommen bist?«, fragte Rollo zurück.
Suki zuckte die Achseln. »Ich bin in Clubs gegangen. Und hab auf sie aufgepasst.« Sie wies mit dem Kopf auf Retra. »Warum?«
»Ich habe mich mit den Leuten unterhalten. Fragen gestellt. Und jetzt habe ich eine an dich: Was ist hier los, verdammt noch mal?«
»Krista-belle von den Wings ist nicht die Einzige, die von Brand belästigt wurde«, sagte Retra plötzlich.
»Brand? Ist das die, der du eins übergezogen hast? Die Narbenfrau?«
Retra nickte. Während sie ihm zuhörte, flog ihr Blick von Gesicht zu Gesicht, auf der Suche nach Joel. Wo bist du? Wo?
In der Mitte der Grotte, dort wo sich die Gangs gegenübersaßen, standen vier Gestalten. Retra erkannte Kero, aber nicht die anderen. Zwei von ihnen sahen aus wie er: stämmige junge Männer mit selbstbewusster Haltung, von denen der eine Stachelbänder um Hals und Handgelenke und der andere einen steifen weißen Umhang trug. Es war die vierte Gestalt, die Retras ganze Aufmerksamkeit auf sich zog – ein großes, breitschultriges Mädchen mit einem riesigen Schwert in der Hand. Sie überragte die anderen um einiges.
»Das muss Dark Eve sein«, sagte Rollo. In seiner Stimme lag das gleiche Staunen, das auch Retra empfand. Dark Eve war imposant, nicht nur was die Größe anging. Es machte den Eindruck, als wäre sie von knisternder Energie umgeben.
Kero hielt die Hand so hoch, dass alle Versammelten es sehen konnten. »Ruhe!«
Laut und deutlich hallte das einzelne Wort durch das felsige Amphitheater, und die Menge verstummte. Jemandem zu seinen Füßen gab er ein Zeichen.
Krista-belle erhob sich und verbeugte sich vor den Versammelten. Ihr Haar war hoch frisiert, und Retra konnte den breiten Streifen Lidschatten sehen, der sich von ihren Augenlidern bis zu den Schläfen zog. Das weiße Kopftuch trug sie um den Hals wie eine Kette über einem engen, schwarzen Etuikleid und dazu Schuhe mit klobigen Absätzen.
Kero nahm ihre Hand und hielt sie fest, als er sich an die Menge wandte. »Krista-belle hat euch etwas zu erzählen. Hört ihr zu.«
Seine Freundin entzog ihm ihre Hand, um dann langsam um die vier in dem Kreis herumzugehen, als wollte sie alle Blicke auf sich lenken.
Erst als sie sicher war, dass sie ihr alle zuhörten, begann sie zu sprechen. »Vor einer Sequenz hat Brand mich im Drop zu vergewaltigen versucht. Ich lag auf einer der Couches zum Ausruhen, und die Riper-Schlampe hat sich einfach auf mich draufgelegt. Sie hat mich betatscht.« Krista-belle berührte ihre Brüste und strich mit der Hand hinunter bis zwischen ihre Beine. »Sie hat mir die Zunge reingesteckt und mich befingert. Sie hat mich in den Hals gebissen. Ich wollte kotzen, aber ich konnte mich nicht rühren.«
»Was ist passiert?«, rief einer.
»Eine von den Neuen hat sie gesehen und sie mit einem Hocker geschlagen.«
Anerkennendes Gejohle wurde laut.
»Welche Neue?«, wollten ein paar von ihnen wissen, als die Menge wieder ruhiger wurde.
»Eine Seal«, sagte Krista-belle. »Ein Mädchen. Mehr sage ich nicht.«
»He, sie meint dich«, sagte Rollo und knuffte Retra in die Seite. »Du bist eine Heldin.«
Die vor ihnen sitzenden Wings drehten sich um und sahen zu ihnen hin. Dann flüsterten sie untereinander.
»Pssst«, machte Retra zu Rollo. »Hör zu.«
»Der Punkt ist der«, fügte Kero jetzt hinzu, »Brand ist gefährlich. Krissie ist nicht die Einzige, die sie betatscht hat.«
Als Nächstes meldete sich der Anführer der Ghosts zu Wort. »Eine von uns, Amora, ist vor sechs Sequenzen verschwunden. Das letzte Mal wurde sie im Bella Death gesehen, als sie mit Brand sprach.«
»Die Riper sind unsere Wächter. So etwas darf nicht passieren«, redete der Anführer der Freeks weiter.
Ein Raunen erhob sich.
»Was sollen wir dagegen tun?«, rief jemand.
»Wir sollten das Jugendkomitee herbringen«, sagte der Anführer der Ghosts, »und ihnen erzählen, was wir wissen.«
»Nein! Die spionieren doch nur für die Riper«, sagte Kero. »Wir – die Wings – denken, wir sollten Wachen an den Wegen vor den Clubs aufstellen. Um auf unsere Leute aufzupassen.«
»Die Freeks unterstützen
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