Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)
Retra.
»Vielleicht.« Er schob einen Arm um Krista-belle und zog sie an sich. »Aber die Riper-Schlampe wird dir nicht mehr zu nahe kommen können.«
»Ohh«, sagte Krista-belle leise. Sie drückte das Gesicht in seine Halsbeuge.
Retra wandte den Blick von ihnen ab.
»Wo hält sich die League denn vorwiegend auf?«, fragte sie Kero, als sich das Paar voneinander gelöst hatte.
»Im Ravens. Das ist der Club am Ende der Los-Fien-Linie. Die Seitenwege drum herum sind gut beleuchtet. Dort trainieren sie für den Kampf.«
Kampf . Bei diesem Gedanken wurde Retras Magen hart. »Das Ravens. Ich glaube, da würde ich jetzt gern hin.«
Kero und Krista-belle sahen sich an und nickten. »Klar. Die Musik da ist gut.«
Retra tippte Suki auf die Schulter. Sie und Rollo saßen eng beieinander in der Bank vor ihnen. Fast so nah wie Krista-belle und Kero.
»Was jetzt, meine Heldin?«, spöttelte Suki und drehte sich halb zu ihr um.
»Partytime im Ravens«, sagte Krista-belle.
Suki rieb die Handflächen aneinander. » Beko .«
Alle starrten sie an.
»Das ist Stra’hisch«, sagte sie. »Und heißt: Zeit zu feiern.«
» Beko «, sagte Rollo. Er hob die Hände und wackelte mit den Schultern. »Lasst uns beko machen.«
12
Der Eingang zum Ravens war dem zum Drop ganz ähnlich – gleich vom Gondelbahnsteig führte eine Brücke in den Club hinein. Hier betrat man den Club allerdings durch das unterste Geschoss, nicht das oberste.
»Wie kommen wir denn jetzt zu den Seitenwegen?«, fragte Retra Kero, als sie eine breite, geschwungene Treppe hinaufgingen, die Retra an den Flügel eines Vogels erinnerte.
»Gar nicht. Nicht von der Brücke aus. Das Ravens hat Hintertüren. Das ist nicht in allen Clubs so. Ich nehme an, dass sie alle zu unterschiedlichen Zeiten gebaut wurden. Wahrscheinlich gefällt es Eve hier deshalb am besten. Es gibt mehr als einen Fluchtweg.«
»Fluchtweg?«
Er wandte sich Retra zu und kniff die Augen zusammen. »Sie versteckt sich vor den Ripern. Die anderen aus der League bringen ihr zu was essen und Kleidung. Sie überlebt anders als mit ›normalen‹ Mitteln.« Er wackelte mit den Fingern in der Luft, um das Wort »normal« zu betonen.
»Können die Riper nicht einfach ihren Metabolismus verändern, so wie bei uns? Damit sie schneller erschöpft ist?«
»Dazu müssten sie sie erst einmal zu fassen kriegen. Sie ist ziemlich geschickt darin, sich zu verstecken. Verbringt ihre petite nuit nicht in den Kirchen. Besucht nur gelegentlich die Clubs. Die meiste Zeit hält sie sich auf den Seitenwegen auf, um nicht gesehen zu werden. Oder in den Tunneln.«
»Aber eben war sie doch in der Grotte?«
»Zu dieser Versammlung zu kommen ist allerdings auch riskant für sie gewesen. Wenn uns die Riper erwischt hätten … aber so wie ich Eve kenne, hatte sie ihre Flucht bereits im Voraus geplant. Und wir hätten ihr ohnehin den Rücken freigehalten.«
Retras Augen wurden groß. »Warum das denn?«
Kero zuckte die Achseln. »Wir sind zwar nicht einverstanden mit dem, was Eve tut, aber wir wollen auch nicht, dass die Riper sie bekommen.«
»Aber die Riper sollen uns beschützen.« Sie wollte, dass Kero ihr zustimmte, doch das tat er nicht.
»Tja, na ja, das ist nicht so einfach«, sagte er. Als er die Doppeltüren zum Club aufstieß, traf die Musik sie wie ein Schlag.
Kero und Krista-belle strebten sofort zur Tanzfläche. Rollo versuchte Suki zu locken, indem er vor ihr auf und ab hüpfte und Gesichter machte. Sie lachte und warf Retra einen Blick zu.
»Tanz ruhig mit ihm«, versicherte Retra ihr. »Ich sehe mich mal um.«
Suki warf ihr ein mutwilliges Lächeln zu. »Schlag aber nicht gleich wieder einen Riper zusammen. Und geh nicht ohne uns nach Hause.«
Nach Hause. Es kam ihr komisch vor, Vank so zu nennen. Trotzdem nickte sie, bevor sie davonging.
Abwechselnd die Malereien von schlanken schwarzen Vögeln an den Wänden und die Gesichter der Tanzenden betrachtend umrundete Retra die Tanzfläche. Die Augen der Vögel glitzerten, als würden sie von hinten beleuchtet. Retras Haut prickelte.
Wenn hin und wieder ein Schweinwerferlicht über die Wände tanzte, wirkte es, als durchlaufe ein Beben die Flügel. Retra war froh, dass sie die Pastille nicht geschluckt hatte, sonst hätten die Vögel sicher gespenstisch lebendig gewirkt.
Am anderen Ende des Raumes entdeckte sie ein Podium mit einer kleinen Bar. Dahinter stand ein Uther und schenkte einen prickelnden orangefarbenen Drink aus einem großen
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