Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)
Überlebe .
Charlonge kam ihnen auf halbem Wege nach oben entgegen. Sie stützte Markes’ andere Schulter, und zusammen halfen sie ihm durch die Gleittür hinauf in den Gang.
»Wo entlang?«, fragte Charlonge.
»Ich weiß es«, keuchte Markes und fasste sich an die Schläfe, wo sich ein neues Kreistattoo befand. »Ich habe jetzt eine innere Karte.«
Seine knappen Anweisungen waren das Einzige, was zwischen ihnen gesprochen wurde, als sich die drei durch die konzentrischen Gänge schleppten, bis sie den Hauptsitzungssaal erreicht hatten. Jaime war zwar fort, doch auf einer der Kirchenbänke kauerte eine einsame Gestalt.
»Naif!« Suki sprang auf und rannte zu ihnen hinüber, um zu helfen. Sie starrte Markes an. »Mist! Was ist denn mit dem passiert?«
»Riper«, sagte Naif. »Was ist los?«
»Ich hab überall nach euch gesucht. In Vank sagte mir jemand, er hätte dich und Charlonge gesehen, wie ihr eine Gondel nach Syn genommen hättet. Hier sagte mir dann Jaime, dass ihr zu einer Versammlung im Dominium gegangen wärt.« Suki zückte ihr Messer. »Ich musste ihr ganz schön viel Angst machen, damit sie redete. Sie sagte noch, ihr würdet nicht mehr zurückkommen. Ich habe ihr gesagt, du könntest sehr gut auf dich allein aufpassen. Ich habe auf euch gewartet.«
Naif ahnte Böses. Ihr Magen krampfte sich zusammen. »Warum?«
»Rollo glaubt, du wärst von Brand gekidnappt und nach Danskoi gebracht worden. Er ist los, um es der League zu sagen. Er glaubt, die würden dich finden. Dass du jemanden Wichtiges in der League kennst.« Sie biss sich auf die Lippe. »Stimmt das? Oder ist er fou? «
Naif holte tief Luft und warf Charlonge einen schnellen Blick zu. »Er ist nicht fou . Mein Bruder Joel … er ist Clash.«
24
»Dein Bruder ist Clash?« Suki stieß einen leisen Pfiff aus. »Kein Wunder, dass du nicht darüber sprechen wolltest.«
»Ich wusste es auch nicht, bis wir ihn draußen vor dem Club gesehen haben, als das Nachtwesen den Jungen geholt hat.«
»Nach Danskoi kommt niemand«, sagte Charlonge. »Nicht einmal die League. Es ist verboten.«
Naif sah Suki erstaunt an. »Wie kommt Rollo auf diese verrückte Idee?«
»Durch deine kleine Freundin.« Anklagend zeigte Suki mit dem Finger auf Markes. »Sie ist zu ihm gekommen und hat ihm gesagt, man hätte dich dorthin gebracht.«
»Cal!«, riefen Naif und Markes gleichzeitig.
»Warum sollte sie so etwas tun?«, fragte Charlonge.
»Ich habe ihn gewarnt, er könnte ihr nicht trauen. Sie ist verrückt nach dir.« Suki wies wieder mit dem Finger auf Markes. »Sie hat gesehen, wie ihr beide die Party verlassen habt und dachte, ihr wärt zusammen irgendwo hingegangen. Deshalb hat sie sich was ausgedacht, damit Rollo vor Sorge durchdreht. Sie hat ihm vorgelogen, Brand hätte dich nach Danskoi gebracht, denn sie wusste, wenn dich Rollo und die League und die White Wings dort suchen, würden die Riper sie bestrafen, und dann würden die Gangs dich hassen. Es gefällt ihr nicht, dass dich alle anhimmeln.«
»Woher weißt du das alles?«, fragte Naif.
Suki ballte die Hände und fuchtelte wild mit ihnen in der Luft herum. »Ich erkenne Lügner. Also habe ich gewartet, bis sie weg waren, und hab sie gezwungen, mir die Wahrheit zu sagen.«
Markes sah Naif an. »E-es tut mir schrecklich leid. Ich hätte nie gedacht …«
»Wir müssen ihn aufhalten«, unterbrach ihn Suki. »Die Riper werden ihn schnappen – sie alle.«
»Vielleicht können wir vor ihnen dort sein.«
»Vielleicht, ja.« Sukis Augen leuchteten hoffnungsvoll auf.
Doch da begann Markes so heftig zu zittern, als würde er nun erst den Schock zu spüren bekommen. »Die Riper sind da unten und kämpfen gegeneinander. Wenn sie damit fertig sind, werden sie uns so oder so alle töten«, sagte er heiser. »Wir können nichts dagegen tun.«
»Das kannst du nicht wissen«, fuhr Naif ihn an. »Falls Lenoir der Sieger ist, wird alles gut.«
Und wenn nicht? Keiner von ihnen sprach die Frage laut aus, doch sie hing schwer in der Luft.
»Suki, kannst du Markes nach Illi oder Agios bringen? Er braucht dringend die petite nuit , um sich zu erholen«, sagte Naif.
Ihre Freundin stemmte die Hände in die Hüften. »Ich will doch mit dir nach Rollo suchen und nicht den da am Hals haben.«
Markes biss sich auf die Lippe, als müsse er anfangen zu weinen, aber zu Naifs Erleichterung riss er sich dann zusammen. »Nein!«, sagte er. »Ich werde nicht ruhen. Nicht jetzt. Suki, so heißt du doch, oder? Was hast
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