Rette meine Seele - Vincent, R: Rette meine Seele
Spindtür zu, doch ihre Wut war nur gespielt. In Wahrheit versuchte sie nur, mehr über die geheime Bansheemission herauszufinden, auf der sie uns vermutete.
Ich schulterte meinen Rucksack und zog mir das T-Shirt zurecht. „Glaub mir, du verpasst rein gar nichts.“ Die Wahrheit würde ihre Neugier in Entsetzen verwandeln. Das wollte ich ihr lieber ersparen.
Emma würde uns sowieso mitnehmen, um die halbe Stunde Verspätung von heute Morgen wiedergutzumachen. Mir hätte klar sein müssen, dass sie sich nicht an das nächtliche Versprechen erinnern würde, das sie mir im Halbschlaf gegeben hatte. Und prompt war ihr erst auf dem Schulparkplatz, zehn Minuten vor Unterrichtsbeginn, alles wieder eingefallen. Ohne mein Handy hatte ich ihr keine SMS schicken können, und da ich ihre Nummer nicht auswendig kannte, hatte uns auch Nashs Handy nicht weitergebracht.
Wir waren alle drei wegen unentschuldigten Zuspätkommens aufgeschrieben worden, was prima zu meiner unentschuldigten Fehlstunde vom Vortag und der halb fertigen Chemiehausaufgabe passte, die ich beim Mittagessen mit Käsesoße vollgekleckert hatte. So langsam wuchs mir die Doppelbelastung von Schule und Bansheejob über den Kopf. Mal ganz abgesehen von der Arbeit im Kino.
„He, Emma!“ Doug Fuller kam mit einer ganzen Horde Footballspieler in den Teamjacken der Schulmannschaft auf uns zu. Nash war auch dabei. „Hast du heute Abend schon was vor?“ Doug baute sich vor Emma auf.
Wo ich auch hinschaute, sah ich nur noch breite, grün-weiße Schultern. Ich kam mir eingesperrt vor und trat unsicher einen Schritt zurück, wobei ich mit dem Rucksack gegen die Spindtüren stieß. Emma schien die Enge nicht zu stören, und solange ich die Jungs nicht einfach zur Seite schubste, war ich gefangen. Und meiner Klaustrophobie ausgeliefert.
Plötzlich stand Nash neben mir. Er schien gespürt zu haben, dass ich Angst hatte, und nahm mich in den Arm. Sein Atem kitzelte auf meiner Haut, und als ich mich an ihn kuschelte, entspannte ich mich sofort.
Die Jungs aus seinem Team hatten mich ziemlich schnell akzeptiert – früher hatte ich nur Kontakt mit den Footballern gehabt, wenn Emma mal wieder mit einem von ihnen ausgegangen war –, was nicht zuletzt daran lag, dass Nash und ich ständig aneinanderklebten. Besonders von der Hüfte abwärts … Davon gingen seine Freunde jedenfalls aus. Warum sollte Nash sonst mit Emmas flachbrüstiger, mittelloser Freundin ausgehen, die zugegebenermaßen ein ganz passables Gesicht hatte?
Eine sehr gute Frage …
Nash hatte nicht mehr Geld als ich, vielleicht sogar weniger.
Aber er war auf andere Weise reich, nämlich an Talent. Mit seiner Hilfe hatte es das Footballteam in die Play-offs der Bezirksliga geschafft – für das Spiel am Freitagabend galten sie als Favorit –, und mit dem Baseballteam würde es im Frühjahr nicht viel anders laufen. Er war ein außergewöhnlich guter Sportler, sah blendend aus, hatte einen Wahnsinnskörper und eine Stimme, der die Mädels nur schwer widerstehen konnten. All das zusammen sicherte ihm einen festen Platz in der Glitzerwelt der beliebtesten und angesehensten Jungs der Schule. Einer Welt, die sicherlich noch seltsamer und angsteinflößender war als alles, was in der Unterwelt auf mich lauerte.
Emma besaß eine Freikarte für diese Welt, allein wegen ihrer makellosen Gesichtszüge und der üppigen Kurven. Sie mischte sich wie selbstverständlich unter die Auserwählten und blieb mal hier, mal da an einem besonders muskulösen Arm oder charakterstarken Kinn hängen. Doch es hielt nie besonders lange. Emma langweilte sich schnell – besonders wenn die Jungs ihre Finger nicht bei sich behalten konnten. Dann kehrte sie mit den wildesten Geschichten von stümperhaften Annäherungsversuchen zurück.
Außerhalb der Schule vergaß ich gerne, dass Nash auch Teil dieser Welt war und mit seinen Freunden einiges gemeinsam hatte – abgesehen von den stümperhaften Annäherungsversuchen. Doch bevor ich ein paar Stunden alleine mit einem seiner Teamkollegen verbrachte, irrte ich lieber alleine in der Unterwelt umher und trug meine Seele für alle sichtbar vor mir her. Das schien mir im direkten Vergleich die deutlich bessere Wahl zu sein.
„Ja, ich habe schon Pläne für heute Abend.“ Emma stellte sich auf die Zehenspitzen und brachte das Gesicht ganz nahe an Dougs, wobei sie den Busen an seine Brust presste. Er legte ihr erwartungsvoll die Hand auf den Rücken und ließ sie langsam tiefer
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