Rette meine Seele - Vincent, R: Rette meine Seele
Baum stehen blieb und einen zusammengefalteten Zeitungsartikel herauszog, schirmte er uns, so gut es ging, vor den Blicken der Paparazzi ab.
„Weißt du etwas darüber?“ Ich hielt Todd die Zeitung vor die Nase.
Er faltete sie auf und warf einen flüchtigen Blick auf die Überschrift. Seine Miene blieb völlig ausdruckslos, aber den Zorn, der in seinen Augen aufwirbelte, konnte er nicht verbergen. Der Gedanke daran, wie tief dieser Zorn in seinem Herzen verankert sein musste, machte mir Angst.
„Stell mir lieber keine Fragen, auf die du keine Antwort haben möchtest.“ Todds Stimme klang noch härter und humorloser als sonst.
„Du hast ihn getötet“, sagte ich anklagend und las zum wiederholten Mal die Schlagzeile.
Milliardenschwerer Geschäftsführer von Dekker Media vermisst; Schwester befürchtet das Schlimmste
„Nein. Der Tod ist keine gerechte Strafe für John Dekker“, sagte Todd mitleidslos.
„Wo ist er?“, hakte Nash nach.
„Ich habe ihn bei Avari im Büro abgeladen.“
Mir schlug das Herz bis zum Hals. „Du hast ihn in derUnterwelt ausgesetzt?“
Todd zuckte die Schultern. „Lebendes Spielzeug ist dort eine Seltenheit. Sie werden ihn bestimmt nicht töten.“
„Nein, aber Schlimmeres“, erwiderte ich aufgebracht. Todd zog die Augenbrauen hoch. „Hat er das nicht verdient?“
Der Satz gab mir zu denken. John Dekker hatte die Seelen Dutzender Teenager auf dem Gewissen. Verdiente er etwas Besseres als ewige Folter?
Wahrscheinlich nicht. Aber ich hatte das nicht zu entscheiden. Allein der Gedanke daran, so viel Macht zu besitzen, jagte mir eine Höllenangst ein.
Todd waren solche Skrupel offenbar fremd.
„Ich kann nicht glauben, dass du das gemacht hast!“
„Aber du bittest mich auch nicht darum, ihn zurückzuholen.
Wahrscheinlich tut es dir nur leid, dass du es nicht selbst getan hast.“
„Nein!“ Ich schüttelte den Kopf, erschrocken über die Wucht seines Zorns. War das der Grund, warum mein Vater nicht wollte, dass ich mit Reapern abhing? Weil Todd so gefährlich war, wie er immer behauptete?
Ich verdrängte den Gedanken, weil er mich schlichtweg überforderte. Addy war noch nicht einmal unter der Erde, und ich hatte schon genug daran zu knabbern, dass ich sie nicht hatte retten können. Ich steckte den Zeitungsartikel wieder ein und nahm Nash an der Hand. „Ich muss gehen“, sagte ich und lief los.
„Sag es doch einfach, Kaylee!“, rief Todd hinter mir her. Zum Glück hörte ihn niemand außer mir. Nicht einmal Nash. „Sag nur ein Wort, und ich hole ihn zurück. Ich erspare ihm unendliche Qualen. Es ist deine Entscheidung …“Mir schossen vor Wut und Entsetzen die Tränen in die Augen. Es war nicht meine Entscheidung! Er durfte das nicht auf mich abwälzen. Dazu hatte er kein Recht.
Doch meine Lippen blieben verschlossen. Ich ging einfach weiter. Mir graute davor, was mein Schweigen wohl über mich aussagte, ganz tief drin.
Als Dad den Motor anließ und Nash mich zum Abschied küsste, verdrängte ich den Gedanken an John Dekker und Todd.
Ich wollte nur noch an Nash denken. Ich vertraute Nash. Ich liebte ihn. Und im Gegensatz zu seinem Bruder verstand ich ihn auch.
Nash winkte mir nach, als wir losfuhren. Ich presste die Stirn an die Fensterscheibe und beobachtete, wie er im Rückspiegel immer kleiner und kleiner wurde. Versuchte, nicht daran zu denken, wie lange wir nicht mehr ungestört sein würden.
Drei Wochen, fünf Tage und vier Stunden bis zum Ende des Hausarrests.
Drei Wochen, fünf Tage, vier Stunden und vierundfünfzig Sekunden, um genau zu sein. Dreiundfünfzig Sekunden … Zweiundfünfzig Sekunden … Doch wer zählt schon mit?
– ENDE –
DANKSAGUNG
Mein Dank gilt wie immer meinem Mann und meiner Kritikerin Rinda Elliott, die mir mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Danke auch an Alex Elliott, den ersten Leser aus meiner Zielgruppe. Danke an meine Lektorin Mary-Theresa Hussey und das gesamte Redaktions- und Produktionsteam, die an dieses Buch geglaubt haben. Und ein riesiges Dankeschön an meine Agentin Miriam Kriss, die mir zur Seite gestanden und mich vor dem Wahnsinn bewahrt hat.
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