Rette meine Seele - Vincent, R: Rette meine Seele
Reaper.
Vielleicht hätten wir Todd doch nicht begleiten sollen. Andererseits … Warum erlaubte sie uns überhaupt, sie zu sehen?
„Mein Name ist Todd, und ich arbeite für die hiesige Zweigstelle.“ Er bekam hochrote Wangen, und dieses Mal war ganz sicher kein Vorhang daran schuld. „Darf ich dir ein paar Fragen stellen?“
Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter, als Libby die Stirn runzelte. „Bist du mit meinen Diensten unzufrieden?“ Ihre Stimme bebte vor Wut, und sie sprach mit einem starken Akzent, den ich nicht einordnen konnte. Wir traten alle drei einen Schritt zurück, um ihrem Zorn auszuweichen.
„Nein!“ Todd hob beschwichtigend die Hände, doch diesmal fand ich es gar nicht lustig, weil mir Angst die Kehle zuschnürte. „Das hat nichts mit dem Büro zu tun. Ich habe heute frei. Aber ich interessiere mich für das Verfahren …“
Libby zog die schmalen schwarzen Augenbrauen hoch, und fast schienen ihre Augen amüsiert zu blitzen. „Dann frag“, entgegnetesie schließlich, und plötzlich war mir völlig egal, ob sie Banshees leiden konnte oder nicht. Ich mochte sie, weil sie es schaffte, Todd einzuschüchtern, bis er ganz klein mit Hut war.
„Wie fühlt er sich an, der Dämonenatem?“ Todd schob die Hände in die Hosentaschen und holte vorsichtig Luft. „Du bewahrst ihn … in dir auf, stimmt’s?“
Libby nickte knapp, machte dann auf dem Absatz kehrt und lief den Flur hinunter, der von der Bühne abzweigte.
Ich zögerte und wechselte einen fragenden Blick mit Todd, der nur die Schultern zuckte und ihr nachlief. Die Reaperin bewegte sich lautlos, aber äußerst schnell. Wir mussten rennen, um mit ihr Schritt zu halten.
„Man atmet es ein, bis tief in die Lungen.“ Aus Libbys Akzent sprach der Klang einer toten Sprache, und er zeugte von Kulturen, die vor langer Zeit vergangen und in Vergessenheit geraten waren. Ihre Stimme war tief und schroff. Uralt. Mächtig. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Es fühlte sich an, als würde ich etwas hören, das ich nicht hätte hören dürfen. Etwas, das jahrhundertelang niemand gehört hatte. „Es füllt dich aus. Es brennt mit Eiseskälte, so als würde der Atem deine Eingeweide zerfleischen. Sich daran laben. Aber das ist gut so. Vergeht das Brennen, hast du ihn zu lange bei dir behalten. Dämonenatem tötet deine Seele.“
Die Gänsehaut breitete sich über meinen gesamten Körper aus, und meine Hände begannen zu zittern. Hastig griff ich nach Nashs Hand und schob die andere in die Hosentasche.
Auf dem Flur kamen uns zwei Bühnentechniker mit diversem Equipment in Händen entgegen. Todd ließ sie vorbei, bevor er die nächste Frage stellte. „Wie viel Zeit hast du?“ Er lief direkt neben der Reaperin her. Nash und ich dagegen hielten gerade so viel Abstand, dass wir alles mitbekamen.
„Eine Stunde.“ Sie blickte zu Todd hinüber. „Je länger man wartet, desto gefährlicher wird es.“
„Was machst du dann damit?“, fragte ich – ich konnte mich nicht beherrschen –, und Libby blieb wie angewurzelt stehen. Dann drehte sie sich langsam zu mir um. In ihren Augen stand der Lauf der Zeit zu lesen. Jahre des Lebens und des Sterbens und ein Dasein, das nie endete. Das leise Zittern meiner Hände steigerte sich zu einem regelrechten Beben, das den ganzen Körper erfasste.
Hätte ich doch bloß die Klappe gehalten.
„Wer ist das?“ Libby wandte sich fragend an Todd.
„Eine Freundin. Die Freundin meines Bruders.“ Er deutete auf Nash, der sich von Libbys furchterregendem Blick nicht einschüchtern ließ.
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, wirbelte die Reaperin wieder herum und stürmte weiter.
Todd hatte unsere Namen für sich behalten, Gott sei Dank. Diese Vorsichtsmaßnahme hatte Nash ihm regelrecht eingebläut: Verrate den Gesandten des Todes nie unsere Namen! Natürlich konnte ein Reaper unsere Namen leicht herausfinden, wenn er wollte, besonders heutzutage. Und genau aus diesem Grund war es mindestens genauso ratsam, nie die Aufmerksamkeit eines Reapers auf sich zu ziehen.
Ein weiterer Pulk Menschen eilte an uns vorbei Richtung Bühne, und von draußen war Sirenengeheul zu hören. Libby redete völlig unbeeindruckt weiter. „Es gibt eigens für Dämonenatem angelegte Entsorgungsplätze. Im Jenseits“, fügte sie überflüssigerweise hinzu.
„Wenn man das auch machen möchte – statt der Seelen Dämonenatem sammeln –, wie müsste man das anstellen?“, fragte Todd, der neben Libby
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