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Rette mich vor dir

Rette mich vor dir

Titel: Rette mich vor dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahereh H. Mafi
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halte, das einfach falsch verstanden wird. Weil Castle der anständigste Mensch ist, dem ich je begegnet bin, und weil ich ihm behilflich sein möchte.«
    Mein Herz pocht so heftig, dass ich mich frage, warum es nicht blutet.
    »Deshalb bin ich jetzt am Überlegen«, fährt Kenji fort. Setzt sich aufrecht hin. Beugt sich vor. Stützt die Ellbogen auf die Knie. »Ich überlege, ob das alles wirklich Zufall ist. Ich meine, war es einfach ein irrer Zufall, dass ausgerechnet ich mit dir arbeiten soll? Ich als einer der wenigen Leute, die Zugang zum Labor haben? War es Zufall, dass es dir gelungen ist, mich zu zwingen, dir dort Zutritt zu verschaffen? Dass du versehentlich, zufällig, aus Unwissenheit dort die Faust so hart in den Boden rammst, dass die Wände ins Wanken geraten?« Er starrt mich prüfend an. »War es Zufall, dass alles dort zusammengebrochen wäre, wenn du nicht aufgehört hättest?«
    Ich reiße entsetzt die Augen auf, glotze ihn an.
    Er lehnt sich zurück. Blickt zu Boden. Drückt 2 Finger an die Lippen.
    »Willst du wirklich hier sein?«, fragt er. »Oder versuchst du uns von innen heraus zu zerstören?«
    »Was?«, keuche ich. »Nein –«
    »Denn entweder weißt du genau , was du tust – und bist also hinterhältig und verschlagen –, oder du hast wirklich keine Ahnung von deinen Kräften und hast einfach ein Scheißpech. Ich bin mir noch nicht schlüssig.«
    »Kenji, ich schwöre dir, niemals würde ich – n-niemals–«
    Ich muss schlucken, um die Tränen herunterzuwürgen, die mich zu überwältigen drohen. Es ist so demütigend, dieses Gefühl, nicht zu wissen, wie man die eigene Unschuld beweisen kann. Mein ganzes Leben lang musste ich Menschen davon überzeugen, dass ich nicht gefährlich bin, dass ich niemanden verletzen wollte, dass ich all das nicht wollte. Dass ich nicht böse bin.
    Aber es scheint mir nie zu gelingen .
    »Es tut mir leid«, schluchze ich. Jetzt strömen die Tränen heraus, scheren sich nicht um mein Bemühen, sie zurückzuhalten. Ich bin so angewidert von mir selbst. Ich habe mich so sehr bemüht, anders, besser, gut zu sein. Aber ich habe es wieder geschafft, alles kaputt zu machen, und ich habe wieder alles verloren, und jetzt weiß ich nicht mal, wie ich Kenji klarmachen kann, dass er sich irrt.
    Denn vielleicht hat er Recht .
    Ich weiß, dass ich wütend war. Dass ich Castle verletzen wollte. In diesem Augenblick wollte ich das tatsächlich. In diesem Zustand blinder Wut. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn Kenji mich nicht zurückgehalten hätte. Ich weiß es nicht. Ich habe nicht die geringste Ahnung, wozu ich fähig bin.
    Wie oft, höre ich eine Stimme in meinem Kopf raunen, wie oft willst du dich noch dafür entschuldigen, dass du bist, wie du bist?
    Ich höre Kenji seufzen. Höre, wie er sich bewegt. Ich wage es nicht aufzuschauen. Wische mir hektisch die Tränen vom Gesicht, flehe meine Augen an, mit dem Weinen aufzuhören.
    »Ich musste dich fragen, Juliette.« Kenji hört sich betroffen an. »Es tut mir leid, dass du nun weinst, aber es tut mir nicht leid, dass ich dich gefragt habe. Es ist meine Aufgabe, hier unermüdlich für unsere Sicherheit zu sorgen – und das heißt, dass ich alle Möglichkeiten in Betracht ziehen muss. Niemand weiß bis jetzt, wozu du fähig bist. Nicht einmal du selbst. Aber du tust so, als seien deine Fähigkeiten nichts Besonderes, und das ist nicht hilfreich. Du musst aufhören, so zu tun, als seist du nicht gefährlich.«
    Ich schaue ruckartig auf. »Aber ich bin nicht – ich w-will niemanden verletzen –«
    »Das spielt keine Rolle«, sagt Kenji und steht auf. »Gute Absichten sind ja schön, ändern aber nichts an den Tatsachen. Du bist gefährlich. Scheiße, und wie . Gefährlicher als ich und alle anderen hier.« Er zögert. »Wenn du hierbleiben willst, musst du lernen, deine Fähigkeiten zu beherrschen – und sie unter Verschluss zu halten. Du musst dich damit auseinandersetzen, wer du bist, und du musst Wege finden, damit zu leben. Wie wir anderen auch.«
    Es klopft 3mal an der Tür.
    Kenji starrt mich an. Abwartend.
    »Okay«, flüstere ich.
    »Und Kent und du, ihr müsst euer ganz persönliches Drama in den Griff kriegen, und zwar ab sofort«, fügt er hinzu, als Tana und Randa hereinkommen. »Ich habe weder Zeit noch Kraft und auch keinerlei Interesse, mich mit euren Problemen herumzuschlagen. Ich albere zwar manchmal mit dir herum, weil, nun ja«, er zuckt die Achseln, »die Welt da draußen vor die Hunde

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