Retter einer Welt
spielt später noch eine wichtige Rolle. Dis gehört zu den Welten, die man gern hinter sich zurückläßt. Zu heiß, zu trocken; die Temperaturen in der gemäßigten Zone sinken selten unter vierzig Grad Celsius. Der Planet selbst besteht eigentlich nur aus Felsen und Sand. Fast alle Wasservorräte befinden sich unter der Oberfläche und sind normalerweise nicht oder nur schwer zugänglich. Dann gibt es noch einige Sümpfe, aber ihr Wasser ist so mit Fremdstoffen versetzt, daß es erst durch langwierige Filterprozesse gereinigt werden muß, bevor es für uns trinkbar ist. Alle diese Tatsachen sind in den Unterlagen enthalten, die ihr später durchlesen könnt. Im Augenblick möchte ich euch nur mit dem Gedanken vertraut machen, daß dieser Planet so unwirtlich wie überhaupt möglich ist. Seine Bewohner ebenfalls. So sehen sie aus.«
Lea stieß einen leisen Schrei aus, als das dreidimensionale Bild auf dem Schirm erschien. Nicht wegen der körperlichen Attribute dieses Mannes; nachdem sie sich ausschließlich mit fremdartigen Lebensformen beschäftigte, war sie seltsamere Anblicke gewöhnt. Es war die ganze Haltung des Mannes, sein Gesichtsausdruck – er schien sprungbereit, die Lippen waren so weit zurückgezogen, daß alle Zähne sichtbar wurden.
»Er macht den Eindruck, als wolle er im nächsten Augenblick den Fotografen umbringen«, stellte sie fest.
»Das hat er auch versucht – nachdem das Bild aufgenommen worden war. Als typischer Disaner haßt er alle Fremden aus tiefster Seele. Allerdings nicht ohne guten Grund. Sein Planet wurde aus Zufall besiedelt. Die Einzelheiten sind nicht alle bekannt, aber die Ereignisse lassen sich in großen Zügen rekonstruieren.
In früheren Zeiten scheint dort der Bergbau eine bedeutende Rolle gespielt zu haben; Dis ist reich an Mineralien aller Art, die leicht abzubauen sind. Aber alles Wasser mußte nach einem teuren Verfahren gereinigt werden, und ich nehme an, daß der größte Teil aller Nahrungsmittel von anderen Planeten eingeführt wurde. Diese Methode funktionierte recht gut bis zu dem Tag, an dem Dis und zahlreiche andere Planeten während des Zusammenbruchs in Vergessenheit gerieten. Alle Berichte über diese kleine Welt wurden in den Kämpfen vernichtet, und die Ersatztransporter wurden zu Schlachtkreuzern umgebaut.
Dis war auf sich allein gestellt. Was nun geschah, ist ein Beweis für die Wandlungsfähigkeit des Homo sapiens. Viele starben, aber die Rasse selbst überlebte. Sie veränderte sich nicht unwesentlich, blieb aber immer noch menschlich. Als Wasser und Lebensmittel immer knapper wurden und die Reinigungsanlagen versagten, müssen sie alle Anstrengungen auf die Erhaltung ihres Lebens konzentriert haben. Sie hatten nicht die Mittel, um neue Maschinen zu konstruieren, aber als die letzte Anlage dieser Art versagte, hatten sich genügend Menschen auf die veränderten Lebensbedingungen eingestellt, um die Rasse nicht aussterben zu lassen.
Ihre Nachkommen leben noch immer dort und haben diese Anpassung weiterentwickelt. Ihre durchschnittliche Körpertemperatur – ein Beispiel zu nennen – beträgt fast fünfundfünfzig Grad Celsius. Ihr Körper enthält besonders dicke Bindegewebeschichten, in denen Wasser gespeichert wird. Das sind aber nur unbedeutende Veränderungen, wenn man sie mit anderen vergleicht. Ich kann keine Einzelheiten beschreiben, aber in allen Berichten heißt es immer wieder, daß dabei eine Art Symbiose eine entscheidende Rolle spielt. Anscheinend hat der Mensch auf diesem Planeten zum erstenmal die Rollen vertauscht und tritt nicht mehr als Wirt auf.«
»Wunderbar!« rief Lea aus.
»Wirklich?« Ihjel lächelte ironisch. »Vielleicht vom wissenschaftlichen Standpunkt aus. Wenn Sie Gelegenheit zu einigen Notizen haben, können Sie ja später ein Buch darüber schreiben. Aber mich interessiert das alles überhaupt nicht. Ich glaube bestimmt, daß diese morphologischen Veränderungen Sie sehr beschäftigen werden, Dr. Morees. Aber während Sie Blutbilder auszählen und Ihre Thermometer bewundern, werden Sie hoffentlich auch ein wenig Zeit erübrigen können, um die Persönlichkeit der Disaner zu untersuchen. Wir müssen nämlich entweder herausbekommen, wie das Innenleben dieser Menschen funktioniert – oder zusehen, wie sie alle in die Luft gesprengt werden!«
»Was?« rief Lea entsetzt aus. »Sie zerstören? Diese faszinierende Rasse vernichten? Warum denn nur?«
»Weil die Kerle so unglaublich stur und hartnäckig sind!«
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