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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
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beschädigt. Niemand konnte etwas Positives über den Euro sagen, ohne nicht gleich Vorwürfe wegen der Preissteigerung zu hören.
    Von der Diskussion geblieben sind vor allem drei Dinge: Erstens beobachteten alle Länder, die den Euro später eingeführt haben, die Umstellung der alten Preise auf die neuen besonders genau. Insbesondere wurden die Preisauszeichnungsfristen verschärft. Zum Zweiten haben die Ökonomen gelernt, dass die statistisch ausgewiesenen Zahlen oft nicht mit den gefühlten Werten übereinstimmen. Die Theorie der »gefühlten Inflation« bekam Aufwind, plötzlich wurden überall gefühlte Preissteigerungen berechnet. Sogar die amtliche Statistik tat das. Die gefühlte Inflation berücksichtigt unter anderem, dass die Menschen Preissteigerungen sehr viel stärker wahrnehmen als Preissenkungen. Oder dass Preissteigerungen bei Gütern des täglichen Verbrauchs wie Benzin oder Pizza stärker im Gedächtnis der Menschen haften bleiben als die bei langfristigen Anschaffungen. Oder dass Zahlungen, die regelmäßig per Banküberweisung erfolgen, zum Beispiel Mieten, von den Verbrauchern nicht so beachtet werden, obwohl sie natürlich auch Preise sind.
    Die gefühlte Inflation lag nach Berechnungen von Wolfgang Brachinger, Professor an der Universität Fribourg in der Schweiz, bei Einführung des Euro zeitweise über 10 Prozent. Inzwischen ist sie gefallen. Sie liegt mit 4 bis 5 Prozent aber immer noch deutlich über der tatsächlichen Inflation (Sommer 2011 2,3 Prozent).
    Das Dritte ist, dass die Angst vor der Inflation eher größer geworden ist. Sie beruht nicht nur auf den schlechten Erfahrungen mit dem Teuro. Sie hat inzwischen ihre Ursachen auch in der großen Staatsverschuldung, in den steigenden Rohstoffpreisen und in der überbordenden Liquidität auf den Finanzmärkten. Das ist nicht nur beim Euro der Fall, es tritt auch in Ländern mit alten und lange etablierten Währungen auf. Die Ängste hätten die Menschen selbst dann, wenn es heute noch die D-Mark gäbe. Aber bei einer jungen Währung sind sie natürlich besonders ausgeprägt. Es liegt für viele, die sich nicht so sehr damit beschäftigen, nahe, die Schuld beim Euro zu suchen. Das wird uns noch einige Zeit begleiten.

6. Der Wechselkurs
     
    Die Devisenmärkte fallen häufig aus dem Rahmen. Sie tun oft Dinge, die so gar nicht den Erwartungen der Bürger (und der Volkswirte) entsprechen. So auch beim Euro. Während man in Euro-Land dem Frieden der Preisstabilität nach den negativen Überraschungen mit dem Teuro immer noch nicht traut, haben sich die Devisenmärkte zeitweise ganz euphorisch auf die Währung geworfen. Dass der Euro in der Krise 2010/2011 nicht schwach geworden ist, habe ich schon erwähnt.
    Der Euro hat sich seit seiner Einführung gegenüber dem US-Dollar per Saldo von 1,17 auf 1,40 Dollar erhöht. Das ist ein Anstieg von 20 Prozent. Zeitweise notierte er sogar bei 1,60 Dollar. Ein solcher Kurs ist – bei der D-Mark – in der gesamten Nachkriegszeit nicht erreicht worden. Der Euro hat sich aber nicht nur gegenüber der amerikanischen Währung aufgewertet. Er ist auch gegenüber den wichtigsten Währungen der Welt teurer geworden.
    Ein entscheidender Punkt für die langfristige Aufwertung des Euro ist, dass die Preise in Euro-Land nicht so stark gestiegen sind wie in anderen Regionen der Welt. Die Devisenmärkte schauen ja nicht auf die gefühlte Inflation. Sie haben sich auch nicht am Teuro gestört. Sie haben nur einfach auf die Statistiken geschaut. Hier zeigte sich, dass die Inflation in Euro-Land seit 1999 rund zehn Prozentpunkte niedriger war als beispielsweise in den USA. Genau in diesem Ausmaß ist der Euro auch aufgewertet worden.
    An sich sollte man das auch erwarten. Wechselkurse gleichen die Differenz in den Inflationsraten aus. Sie verzerren damit nicht die Wettbewerbsverhältnisse. Das entspricht der Kaufkraft-Paritäten-Theorie in der Wirtschaftswissenschaft, nach der sich Wechselkurse exakt analog der unterschiedlichen Kaufkraft in den Ländern entwickeln.
    Die Sache hat freilich einen Haken. So ganz theoriegerecht verhalten sich die Devisenmärkte nämlich nicht. Die tatsächlichen Größen der Wechselkurse (nicht die Veränderungen) entsprechen nämlich ganz und gar nicht den jeweiligen Kaufkraftparitäten. Vielmehr war schon die D-Mark und ist heute auch der Euro deutlich überbewertet. Der Euro notierte im Sommer 2011 bei 1,40 Dollar. Die Kaufkraftparität lag dagegen nur bei 1,17 Dollar

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