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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
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alten Automaten verkaufte er – angeblich zu einem guten Preis – an Sammler.
    Kurz nach der Umstellung wurden bei ebay zwei Packungen geschredderter DM-Scheine zum Startpreis von einem Euro angeboten. Zu welchem Preis sie letztlich verkauft wurden, weiß ich nicht. Es muss schon ein besonderer Reiz sein, geschredderte DM-Noten als Erinnerung an die vergangene Zeit zu erstehen.

5. Angst vor der Inflation
     
    Das Wichtigste für eine Währung ist, dass die Preise nicht steigen. Nur dann kann man mit ihr rechnen und zum Beispiel Preise über die Zeit vergleichen. Nur dann kann man sie als Zahlungsmittel verwenden, ohne befürchten zu müssen, dass sie im Portemonnaie weniger wert wird. Nur dann erfüllt sie die Anforderung zur Vermögensaufbewahrung, zum Beispiel für die Altersvorsorge.
    Im Vorfeld der Einführung des Euro hat man der neuen Währung in dieser Hinsicht nicht viel zugetraut. Von Inflationswährung war die Rede und Schlimmerem.
    Es kam aber ganz anders. Der Euro war das Beste, was den Europäern in Sachen Preisstabilität passieren konnte. Die Preissteigerung im Euro-Gebiet lag von 1999 bis 2010 gemessen am »Harmonisierten Verbraucherpreisindex« (das ist die offizielle Messlatte für das Euro-Gebiet) bei 2,0 Prozent jährlich. Das entspricht fast genau dem selbst gesetzten Ziel der Europäischen Zentralbank von »nahe, aber unter 2 Prozent«. In Deutschland für sich genommen war die Inflationsrate in diesen Jahren mit jährlich 1,4 Prozent sogar noch niedriger.
    Die Jahre mit dem Euro waren damit für seine Mitglieder stabiler als das halbe Jahrhundert zuvor. In Deutschland war die Preissteigerung sogar so niedrig wie zuletzt in den »Goldenen 50er Jahren« nach dem Zweiten Weltkrieg. Freilich ist hier – ich habe schon darauf hingewiesen – zu bedenken, dass der EZB vieles erspart geblieben ist, was die Bundesbank zu bewältigen hatte. Der Euro hatte in Sachen Preisstabilität überwiegend »gutes Wetter«. Er profitierte auch von den preisdämpfenden Effekten, die von den Importen aus den Schwellen- und Entwicklungsländern ausgingen. Die billigen T-Shirts, die wir aus China einkauften, sind nur das berühmteste Beispiel.
    Auch andere Industrieländer haben in dieser Zeit gute Ergebnisse erzielt. Die USA beispielsweise waren in der gesamten Nachkriegszeit in Sachen Preisstabilität immer etwas schlechter als die Bundesbank (Durchschnitt 1949 bis 1999 jährlich 4,0 Prozent). Seit 1999 aber hatten auch sie nur eine Inflation von 2,5 Prozent. Das war nicht so viel schlechter als in der Euro-Zone.
    Es gab lediglich eine große Zentralbank, die in den letzten zehn Jahren ein besseres Resultat als die Europäer erzielt hatte. Das war die traditionell sehr stabilitätsorientierte Schweiz. Dort erhöhten sich die Preise nur um 0,9 Prozent. Die Schweiz spielt hier aber traditionell in einer anderen Liga.
    Was viele überrascht hat: Die Stabilitätspolitik der Europäischen Zentralbank wurde im Euro-Raum zu keinem Zeitpunkt ernsthaft in Frage gestellt. Auch Länder, die traditionell höhere Preissteigerungen hatten, haben sich nicht dagegen erwehrt. Eigentlich hatten die meisten erwartet, dass sich weniger stabilitätsorientierte Länder wie Italien, Spanien oder Griechenland dem strengen Stabilitätskurs, den die Deutsche Bundesbank vorgegeben und die EZB übernommen hatte, nicht anschließen würden. Tatsächlich sind in der Zeit des Euro die Anfänge einer europäischen Stabilitätskultur entstanden.
    Trotzdem muss man natürlich darauf hinweisen: Wenn die Preise jedes Jahr um 2 Prozent steigen, dann ergibt sich über zehn Jahre hinweg eine Geldentwertung von knapp 22 Prozent. Der Euro ist also heute nur noch 78 Cent wert. Tröstlich ist allenfalls, dass auch die D-Mark in dieser Zeit so viel oder mehr an Wert verloren hätte. Wenn man also heute Euro-Preise mit den DM-Preisen von 2001 (die ja heute auch höher wären) vergleicht und den Wertverfall des Euro beklagt, tut man der Gemeinschaftswährung unrecht.
    Warum, so kann man fragen, strebt die Zentralbank nicht null Prozent Preissteigerung an, also vollständige Stabilität? Dann hätte man das Problem der schleichenden Geldentwertung nicht.
    Ein Grund dafür ist, dass die Zentralbanken weltweit Deflation, das heißt sinkende Preise, mehr fürchten als Inflation. Das hängt damit zusammen, dass sich Deflationen mit den traditionellen Mitteln der Geld- und Fiskalpolitik schwerer bekämpfen lassen – siehe Japan, das nun schon seit

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