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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
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wollten nicht so gerne Kompetenzen abgeben. In der Bundesbank hörte man zu jener Zeit Stimmen, die von der EZB als »ihrer Tochter« sprachen. Man müsse sie an der Hand nehmen und auf den richtigen Weg geleiten. So eine Haltung war für das Selbstbewusstsein der neuen Damen und Herren in dem Hochhaus in Frankfurt natürlich nicht unbedingt aufbauend.
    Auch außerhalb der Zentralbanken, in der Öffentlichkeit und bei den Banken, gab es Vorbehalte. Aller Frust über den Euro wurde an der Zentralbank ausgelassen. Sie habe keine klare Strategie, weil sie neben dem Ziel der Preisstabilität auch noch ein Geldmengenziel verfolge (Zweisäulenstrategie). Das passe nicht zusammen. Sie sei nicht genügend kommunikativ, weil sie die Protokolle der Sitzungen des Governing Council nicht veröffentliche. In den USA oder in Großbritannien werden die Sitzungsprotokolle regelmäßig publiziert. Die EZB sei bei der Bestellung ihres ersten Präsidenten nicht konsequent gewesen, weil dieser nicht – wie im Statut vorgesehen – für acht Jahre, sondern weniger bestellt worden sei. Der Standort der Notenbank in Frankfurt sei nicht optimal, weil das europäische Finanzzentrum in London sitze. Dort hatten auch die wesentlichen Kritiker ihren Arbeitsplatz.
    Umso erstaunlicher ist es, wie gut sich die EZB in ganz kurzer Zeit als kompetente Institution durchgesetzt hat. Natürlich ist sie in Deutschland noch nicht so angesehen wie die Bundesbank, in Frankreich nicht so wie die Banque de France, in Italien nicht so wie die Banca d’Italia. Dafür ist sie auch noch zu jung, und dafür ist sie auch keine so etablierte Institution. Sie hat ihr Gebäude zwar in der Frankfurter Innenstadt. Gesprochen wird dort aber Englisch. Der Präsident der EZB ist Franzose.
    Eine der besten Zentralbanken der Welt
     
    Trotz ihres vergleichsweise kurzen Bestehens gilt die EZB gilt heute schon als eine der besten Zentralbanken der Welt. Sie ist sachkundig wie kaum eine andere. Ihre Strategie gilt inzwischen als modern und zukunftsweisend. Es wird als Stärke angesehen, nicht als Schwäche, dass sie nicht nur auf die Verbraucherpreise schaut, sondern auch auf die latenten Inflationsgefahren. Gerade in der Spätphase der Finanzkrise 2007/2009, in der die Preissteigerung noch sehr niedrig war, die Liquidität aber sehr hoch, war es wichtig, dass sie auf dem Auge der Geldmengenentwicklung nicht blind war.
    Die Federal Reserve in den Vereinigten Staaten beneidet die EZB um ihr klares Mandat bei der Inflationsbekämpfung. Immer wieder hört man, dass ihr Chef Ben Bernanke gerne ein eindeutigeres Stabilitätsziel hätte. Er kann es aber nicht im Kongress durchsetzen, weil die Parlamentarier die Notenbank nicht nur für die Preisstabilität, sondern auch für Konjunktur und Beschäftigung in der Verantwortung sehen.
    Auch die anfängliche Kritik an der Kommunikationsstrategie der EZB ist verstummt. Die Europäer sind weltweit die Einzigen, die unmittelbar nach der Sitzung des Governing Council eine Pressekonferenz abhalten und sich den Fragen der Journalisten stellen. In den USA und in Großbritannien wird das Sitzungsprotokoll erst Wochen später veröffentlicht, wenn sich die gesamtwirtschaftliche Lage oft schon wieder ganz anders darstellt. Interessant ist, dass die Federal Reserve seit Anfang 2011 ebenfalls Pressekonferenzen nach Sitzungen des Notenbankgremiums veranstaltet. Das Beispiel der EZB macht Schule.
    Die große Rezession und die Finanzkrise in den Jahren 2008/2009 hat die Europäische Zentralbank nach Auffassung der meisten Experten mindestens genauso gut, vermutlich sogar besser als die Federal Reserve gemeistert. Sie war schnell, flexibel und innovativ bei der Senkung der Zinsen und der Bereitstellung von Liquidität. Keine Bank in Europa kam in Schwierigkeiten, weil sie zu wenig Zentralbankgeld bekommen hätte. Die EZB hat eng mit der Federal Reserve zusammengearbeitet, um Probleme bei international tätigen Banken zu vermeiden. Sie war aber viel vorsichtiger mit Käufen von Anleihen auf dem offenen Markt, da sie keine Staatsfinanzierung betreiben wollte. Die Finanzierung des Staates durch die Notenbank war in der Geschichte stets die größte Sünde, die man in der Geldpolitik begehen konnte. Sie führte meist zu größeren Inflationen.
    Gleichzeitig ist sie immer vorsichtig und zurückhaltend geblieben. Auch auf dem Höhepunkt der Krise hat sie die Leitzinsen nicht unter ein Prozent fallen gelassen. Die Amerikaner und selbst die konservativen

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