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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
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Friktionen. Mir ist keine größere Panne bekannt.
    Das Bargeld
     
    Dann kam die Vorbereitung auf die Einführung des Bargelds. Da ging man schon viel entschlossener und zuversichtlicher ans Werk. Jetzt gab es keine Zweifel mehr, dass das Projekt der Gemeinschaftswährung realisiert würde.
    Die Einführung des Bargelds war nicht nur für Profis eine aufregende Zeit. Ich erinnere mich noch gut, wie wir den »Starter Kits« entgegenfieberten. Das waren durchsichtige Plastikpäckchen mit einer Sammlung der neuen Münzen. Sie waren in allen Ländern unterschiedlich groß. In Deutschland enthielten sie 20 Münzen im Wert von 10,23 Euro und kosteten 20 D-Mark. In Österreich waren die Päckchen etwas größer. Sie enthielten 33 Münzen im Wert von 14,54 Euro beziehungsweise 200 Schilling. Die Starter Kits wurden am 17. Dezember 2001 ausgegeben, also 14 Tage vor der offiziellen Einführung des Bargelds. Man hoffte auf ein »Weihnachtsgeschäft« – Starter Kits als Geschenk unter dem Weihnachtsbaum. Auch meine beiden Söhne bekamen zu Weihnachten ein Kit.
    Das neue Bargeld musste rechtzeitig vor dem 1. Januar an die Banken und Firmen mit größerem Bargeldbedarf verteilt und dort gelagert werden. Gleichzeitig mussten die alten Noten und Münzen abgeholt werden. Allein in Deutschland waren 28 Milliarden DM-Münzen mit einem Gewicht von 100.000 Tonnen einzusammeln. Für all das benötigte man Transportkapazitäten und Lagerräume sowie eine ausgefeilte Sicherheitslogistik.
    Die Europäische Zentralbank musste insgesamt 14,89 Milliarden neue Euro-Banknoten drucken, die einen Wert von 683 Milliarden Euro hatten. Der Auftrag wurde in 15 Druckereien in den Teilnehmerländern abgewickelt, es gab insgesamt 40 Rohstofflieferanten. Allein die Qualitätskontrolle im Hinblick auf die verschiedenen Sicherheitsmaßnahmen bei den Noten erforderte ein erhebliches Qualitätsmanagement, zumal aus Sicherheitsgründen niemand die Banknoten vorher sehen durfte.
    Die Vorbereitungen und Umstellungsmaßnahmen kosteten allein die deutsche Wirtschaft knapp 20 Milliarden Euro, damals fast ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In der Euro-Zone insgesamt könnten es rund 75 Milliarden Euro gewesen sein.
    All diese Kosten mussten von den Unternehmen selbst getragen werden. Das hat deren Begeisterung für die neue Währung natürlich nicht gerade befördert. Vor allem der Mittelstand klagte über die neuen Bürden.
    Schließlich kam der »Tag X«. Am 1. Januar gab es die ersten Banknoten in Euro. Ich fuhr damals mit meiner Frau in eine nahe gelegene Bankfiliale, um das neue Geld aus dem Automaten zu ziehen. Wir mussten uns in eine lange Schlange einreihen. Ärgerlich waren die Leute nicht, was man nach den Jahren mit kontroversen Diskussionen über die Vor- und Nachteile der neuen Währung zumindest in Deutschland hätte erwarten können. Die meisten gaben der neuen Währung eine Chance.
    Die Freude über die neuen Münzen und Noten verflog freilich schnell. Ich ging am Abend des 1. Januar mit meiner Familie in ein uns gut bekanntes Restaurant. Die Speisekarte war schon umgestellt und enthielt eine Reihe deutlich überhöhter Preise. Der Wirt bestritt dies freilich vehement – wie es alle in jenen Tagen taten. Die Phase des »Teuro« begann. Auf den Devisenmärkten war der Euro so schwach wie schon lange nicht mehr.
    Das war kein guter Start.
    Wenigstens kam es auch diesmal zu keinen größeren Pannen. Bei einem Großteil der Geldausgabeautomaten konnte man noch in der Silvesternacht Euros abheben. Zeitweise hatten die Banken die Automaten in den Stunden zuvor gesperrt, um sie mit dem neuen Geld zu füllen. Am 3. Januar gab es nach Angaben der Europäischen Zentralbank bei 96 Prozent aller Geldausgabeautomaten im Euro-Gebiet – also von Helsinki bis Palermo – die neuen Banknoten. Eine Woche nach Einführung des Euro wurde bereits mehr als die Hälfte aller Geldtransaktionen im Euro-Gebiet mit der neuen Währung durchgeführt.
    Mit solch einem überwältigenden Erfolg hätte vorher wohl kaum einer der Beteiligten gerechnet.
    Die Pannen, zu denen es kam, sind unter der Rubrik Kuriositäten abzuhaken. In Österreich gab es ein erstes »Opfer des Euro«. Es war der 65-jährige Automatenaufsteller Ferry Ebert. Er besaß rund 10.000 kleine Automaten für Zuckerl, Kaugummi, Kondome und Brieflose. Die Umstellung auf Euro hätte ihn insgesamt 1,8 Millionen Euro gekostet. Das war ihm zu viel. Er beendete daher sein Geschäft. Die

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