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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
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auf 0,82 Dollar ab. Das ist ein Kursrückgang um 30 Prozent gegenüber dem Kurs bei Einführung des Euro.
    Das war ein Schock. Es war Wasser auf die Mühlen der Euro-Kritiker. Endlich tat der Euro das, was sie immer erwartet hatten.
    Natürlich wusste man, dass der Euro auch einmal schwächer werden könnte. Da ihm Währungen angehörten, deren Fundamentaldaten längst nicht so gut waren wie die der D-Mark, war es eigentlich logisch, dass der Euro schwächer als die D-Mark wird. Aber dass er so stark absinken würde, damit hatte man nicht gerechnet. Jeden Abend wurde in den Nachrichtensendungen von einem neuen Tiefpunkt des Euro berichtet. Otmar Issing erzählte in jenen Tagen etwas humorvoll von seiner Mutter, die ihn häufiger anrief: »Warum könnt ihr denn nicht etwas gegen den schwachen Euro tun? Es macht doch einen so schlechten Eindruck, wenn er in den Nachrichtensendungen des Fernsehens immer mit einem Pfeil nach unten gezeigt wird.«
    Es war in der Tat ein Problem für die Europäer. Selbst in den schlimmen Tagen der Anschläge auf das World Trade Center hat sich der Euro nicht erholt. Auch die hohen Zinsen – die Leitzinsen lagen damals bei 4,25 Prozent – halfen dem Wechselkurs nicht. Aus deutscher Sicht hatte es bisher erst einmal eine solche Schwächephase gegeben. Das war die erste Hälfte der 1980er Jahre, als der D-Mark-Kurs – umgerechnet in Euro – auf 0,6 Dollar fiel. Damals war dies auf die Euphorie im Zusammenhang mit der strikten Stabilitätspolitik des Notenbankpräsidenten Paul Volcker und auf die neue Angebotspolitik des amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan zurückzuführen. Die Ursachen lagen also in einer Stärke der USA. Damals führte die Stärke des Dollar zu einer konzertierten Aktion der Zentralbanken. Im Plaza-Abkommen vom September 1985 wurde eine gemeinsame Aktion der wichtigsten Notenbanken der Welt auf den Devisenmärkten beschlossen, die die Situation von Grund auf umkehrte.
    Diesmal war die Situation ganz anders. Jetzt handelte es sich nicht um eine Dollar-Stärke, sondern um eine Euro-Schwäche. Die Europäer überlegten, ob sie zugunsten des Euro auf den Devisenmärkten intervenieren sollten. Was dagegen sprach, waren die bisherigen Erfahrungen mit Interventionen, die nur dann erfolgreich sein konnten, wenn sie entweder in sehr großen Beträgen erfolgten (dazu war die EZB nicht bereit) oder wenn sie international konzertiert waren.
    Im Herbst 2000 fand die Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds in Prag statt. Ein wichtiges Thema war dabei natürlich die Euro-Schwäche. Die Amerikaner wollten nicht intervenieren. Sie ließen die Europäer im Regen stehen. Es war erstaunlich, wie gelassen die Vertreter der Europäischen Zentralbank damals auf die Absage der Amerikaner reagierten. Sie wiederholten immer wieder – ich war selbst bei der Tagung als Beobachter dabei –, der Markt übertreibe, wenn er den Euro als so schwach bewerte, und er werde dies schon selbst erkennen. Ob sie das immer selbst glaubten, wage ich zu bezweifeln.
    Schließlich kam es doch zu einer internationalen Verständigung zugunsten einer konzertierten Aktion auf den Devisenmärkten, an der sich auch die Amerikaner beteiligen wollten. Es wurde interveniert, wenn auch nicht mit sehr hohen Beträgen, und der Wechselkurs des Euro wertete sich auf. Ob sich die Amerikaner wirklich an den Interventionen beteiligten, wurde oft gesagt, aber nie klar bestätigt.
    Das war bisher der einzige Test für den Euro-Wechselkurs. Seitdem bewegte er sich gegenüber dem US-Dollar immer oberhalb von 1,20 Dollar.

7. Der Fehltritt der EZB
     
    Mit Zentralbanken ist es wie mit gutem Wein: je älter, umso besser. Alte Zentralbanken haben Erfahrung. Sie haben Beharrungsvermögen. Sie lassen sich nicht von jeder Innovation betören. Sie halten auch Chefs aus, die vielleicht nicht so stabilitätsbewusst oder sachkundig sind. Eine gute alte Zentralbank, so könnte man überspitzt formulieren, sichert den Geldwert, was immer die jeweiligen Präsidenten an der Spitze auch denken und tun.
    Gemessen an diesen Kriterien hatte die EZB keine Chance. Sie war jung und unerfahren. Und sie hatte für eine Währung zu sorgen, die selbst noch über kein Standing verfügte. Positiv war, dass ihre Mitarbeiter und ihr Führungspersonal aus den nationalen Zentralbanken kamen und damit über Sachkenntnis und Erfahrung verfügten.
    Allerdings waren die nationalen Zentralbanken am Anfang auch ein bisschen eifersüchtig. Sie

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