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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
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Schweizer senkten die Leitzinsen in dieser Zeit fast auf null.
    Früher als die amerikanische Notenbank hat die EZB auch den Exit aus der ultralockeren Geldpolitik ins Visier genommen. Es ist ihr gelungen, die effektiven Geldmarktsätze im Verlauf des Jahres 2010 wieder auf das Niveau des Leitzinsniveaus von einem Prozent nach oben zu schleusen. Im ersten Halbjahr 2011 hat sie die Leitzinsen leicht von 1 auf 1,5 Prozent erhöht. In jedem Fall ist sich die Europäische Zentralbank der Gefahren durch hohe Liquidität und niedrige Zinsen für die Kapitalmärkte (insbesondere für die Immobilienmärkte) mehr bewusst als andere Zentralbanken.
    Für finanzpolitische Disziplin
     
    Der große Vorzug der Europäischen Zentralbank ist, dass sie nie auch nur den leisesten Zweifel an ihrer stabilitätspolitischen Entschlossenheit aufkommen lässt. Sie hat alle ihre Maßnahmen unter das Ziel der Wahrung des Geldwertes gestellt.
    Immer wieder seit ihrer Gründung hat sich die EZB kritisch mit der Finanzpolitik auseinandergesetzt. Sie hat in allen Phasen mehr Disziplin der Länder eingefordert, ist zu einem stabilitätspolitischen Mahner geworden, ganz ähnlich wie es die Bundesbank in Deutschland war. Natürlich waren das nur Worte, hinter denen keine Taten standen. Aber eine Institution, die in der Öffentlichkeit hohe Reputation genießt, kann auch durch Worte etwas bewegen.
    Im Übrigen, so ganz ohne Waffen steht die Europäische Zentralbank in dieser Frage nicht da. Normalerweise gibt es für eine Regierung keine offizielle Bremse für die Kreditaufnahme. Wenn alle Stricke reißen, kann sie Geld drucken und damit die Lücken in ihrem Etat schließen. Natürlich führt das am Ende zu Inflation und zu einem Einbruch im internationalen Vertrauen. Aber kurzfristig gibt es diese Möglichkeit. Die Amerikaner praktizieren sie schon eine ganze Weile.
    Im Euro-Gebiet ist dies per definitionem nicht mehr möglich. Kein Land hat noch eine nationale Druckerpresse. Es gibt nur noch eine Druckerpresse, und die steht in Frankfurt unter der Regie der Europäischen Zentralbank. Sie kann nur betätigt werden, wenn alle Mitgliedstaaten einverstanden sind. Das ist schon eine erhebliche Einschränkung der Souveränität. Es zwingt die Mitgliedsregierungen, bei den öffentlichen Defiziten nicht über die Stränge zu schlagen.
    Auch an der Unabhängigkeit der EZB gegenüber den Regierungen von Euro-Land kann man wohl kaum zweifeln. Sie hat sie besser gewahrt, als viele anfangs vermutet hatten. Vor allem bei dem zweiten Präsidenten der Bank, dem Franzosen Jean-Claude Trichet, hatte man geargwöhnt, er würde sich von dem französischen Staatspräsidenten beeinflussen lassen. Nicolas Sarkozy hatte wohl auch auf die Solidarität seines Landsmanns gehofft – allerdings vergebens. Trichet war in seinen Entscheidungen so unabhängig, wie man es von einem guten Notenbanker erwartet.
    Unerwartet war schließlich die von Anfang an hohe fachliche Qualität der Führungspersönlichkeiten der Bank. Die Exekutivdirektoren werden allesamt vom Europäischen Rat, also einem politischen Gremium ernannt. Da war eigentlich zu erwarten, dass es zu politischen Händeln oder schlechten Kompromissen kommen würde. In der Deutschen Bundesbank gab es viele Direktoriumsmitglieder, die eher aus politischen Motiven denn aus fachlicher Qualifikation ernannt wurden. In der EZB ist ein solcher Fall bisher nicht passiert. Auch ein Punkt, der das Ansehen der Institution stärkt.
    Ursprünglich war gerade in Deutschland viel Skepsis gegenüber den Mittelmeeranrainern geäußert worden. Aber schon nach ein paar Jahren regte sich niemand mehr auf, als ein Grieche (Lucas Papademos) Vizepräsident der Notenbank wurde. Von Anfang an saß ein Italiener im Exekutivdirektorium der Bank (Tomaso Padoa-Schioppa). Er war als hagerer, weißhaariger italienischer Professor allein von seiner Statur her glaubhaft. In seinem Handeln war er nicht weniger stabilitätsorientiert als alle seine Kollegen. Nachfolger von Präsident Trichet wurde der Italiener Mario Draghi. Niemand unterstellte ihm, dass er für eine laxere Geldpolitik eintreten würde.
    Im Board der Europäischen Zentralbank herrschte von Anfang an ein Corpsgeist, wie sich das keiner vorstellen konnte. Der erste Chefvolkswirt der Bank, Otmar Issing, wies immer wieder darauf hin: Wir sind keine Deutschen, Holländer oder Franzosen im Board. Wir sind nichts anderes als Europäer. Unsere Aufgabe ist es, in der Gemeinschaft für stabiles

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