Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)
billiges Geld, seine Partner machen Gewinn. Dabei sind die Mittel aus dem anderen Rettungsfonds, der europäischen Finanzmarktstabilisierungs-Fazilität EFSF, noch gar nicht eingerechnet.
So rechnen die Analysten am Markt. Man kann das einerseits als Geschwätz in den Handelsräumen der Banken abtun. Andererseits zeigt es drei Dinge: Zum einen hat die Krise nicht nur negative Aspekte. Die deutsche Konjunktur brummt, es werden neue Arbeitsplätze geschaffen. Zum anderen sind es nicht die Spekulanten der Investmentbanken, die an der Krise in erster Linie verdienen. Es sind vor allem die Steuerzahler in den Gläubigerländern. Es sind die Finanzminister, die so hart um die Rettungspakete ringen. Zum Dritten ist es nicht unbillig, wenn die Gläubiger von diesem »Gewinn« auch etwas an die Schuldnerländer zurückgeben. Die Gläubigerländer sollten nicht nur klagen, dass sie so stark zur Kasse gebeten werden. Sie sollten auch zugeben, dass sie von der Krise nicht nur belastet wurden. Das erleichtert vielleicht die Verhandlungen über zusätzliche Rettungspakete.
3. Die unvollständige Währungsunion
Wo leben wir eigentlich? Da gibt es eine große Währungsunion mit 330 Millionen Einwohnern und einem Bruttoinlandsprodukt von 9000 Milliarden Euro, die gemessen an der Bevölkerung größer ist als die Vereinigten Staaten, gemessen am Bruttoinlandsprodukt nur unwesentlich kleiner. Und dieser Koloss kann von einem kleinen Land wie Griechenland ins Wanken gebracht werden? Da stimmt doch etwas nicht.
Griechenland ist mit seinen gut 11 Millionen Einwohnern kleiner als zum Beispiel der Freistaat Bayern. Es erwirtschaftet 2,5 Prozent des gemeinschaftlichen Bruttoinlandsprodukts in der Euro-Zone beziehungsweise 1,9 Prozent von dem der Europäischen Union. Wenn dieses Land eine so große Krise auslösen kann, muss es noch andere Schwächen, angeborene Handicaps beim Euro geben. Könnte es sein, dass sie mitverantwortlich waren für das Entstehen der Krise? Sitzt der böse Bube vielleicht gar nicht in Athen, sondern ganz woanders? Das müsste bei den Schlussfolgerungen natürlich in Rechnung gezogen werden.
In der Tat, es gibt solche Schwächen, die den Euro von allen anderen – früheren oder bestehenden – Währungen unterscheidet.
Der Euro ist, um mit seinem Alter anzufangen, gerade einmal elf Jahre alt – für eine Währung ist das praktisch nichts. Andere Währungen existieren seit 100, 150 Jahren. Sein »zartes Alter« erklärt das noch nicht selbstverständliche Vertrauen der Menschen in den Euro. Entsprechend jung ist auch die verwaltende Institution, für die es, im Gegensatz zu den nationalen Notenbanken, noch keinen Orientierungsrahmen aus Tradition und Erfahrung gibt.
Nun könnte man sagen: Jugend und Offenheit sind kein Makel, alt werden und Erfahrungen gewinnen können alle, das ergibt sich automatisch. Richtig. Aber eine Währung gewinnt erst mit dem Alter an Reife und Attraktivität, Stabilität ist die Tugend des Alters, nicht die der Jugend. Mit der Jugend des Euro aber hängt zusammen, dass er trotz aller Erfolge noch nicht zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Man kann und darf an ihm und seiner Konstruktion noch zweifeln. Das wird auch getan.
Mitten in der Krise um Griechenland brachte die deutsche Bundeskanzlerin Merkel die Idee auf, man solle Athen notfalls aus der Gemeinschaft ausschließen. Das ist zwar rechtlich nicht möglich, und die Kanzlerin hat den Vorschlag später auch nicht wiederholt. Aber solche Gedanken bleiben haften. Es zeigt, dass der Euro immer noch ein Provisorium ist, an dem man herumdoktern kann. Niemand wäre in der Bundesrepublik je ernsthaft auf die Idee gekommen, etwa Bremen aus der D-Mark-Zone auszuschließen, weil es seine öffentlichen Finanzen nicht in Ordnung gebracht hat.
Die größten Zweifler am Euro allerdings sitzen an der Börse und in den Handelsräumen der Banken. Diese Skeptiker haben zudem Geld, das sie einsetzen können, um auf ihre Zweifel zu wetten. Das macht den Euro mehr als andere Währungen anfällig für Spekulation. Bisher ist es noch nicht passiert, dass jemand auf den Austritt eines Landes gewettet oder auf den gesamten Zusammenbruch des Euro spekuliert hat. Das heißt aber nicht, dass es auch niemals geschehen wird.
Der Euro ist, auch das unterscheidet ihn von den anderen Währungen, nicht mit einem Staat und einem Staatsgebiet und einer Nation verbunden. Es ist eine transnationale Währung, für die sich letztlich niemand
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