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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
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gemeinsamen Zentralbank, aber es fehlte ihm das gemeinsame Finanzministerium. Es ist genau diese am Grundgerüst fehlende politische Unterstützung, die die Finanzmärkte begannen in Frage zu stellen. Das ist der Grund, weshalb der Euro zu einem Nukleus der gegenwärtigen Krise wurde.« (Soros 2010)
    Es stimmt: Der Euro ist ein Zwischending. Er ist keine Gemeinschaft unabhängiger Staaten, weil diese ihre Souveränität in der Geldpolitik aufgegeben und sie an die gemeinsame Zentralbank übertragen haben. Er ist aber auch noch keine Währungsunion, weil ihm die gemeinsame Fiskalpolitik und das Verständnis der politischen Union fehlen. Der Euro ist, drastisch formuliert, nicht Fisch und nicht Fleisch. Die Mitglieder sind vom sicheren Festland einer Wirtschaftsunion und eines gemeinsamen Binnenmarktes losgeschwommen, aber noch nicht auf der Insel der vollständigen Währungsunion angekommen.
    Sie befinden sich noch im Wasser und müssen weiterschwimmen. Das geht bei ruhiger See eine ganze Weile gut, insbesondere weil sie als Schwimmhilfe den Maastricht-Vertrag und den Stabilitätspakt mitbekommen haben. Aber wenn Sturm aufkommt, wird es schwierig – das hat sich in der letzten Krise gezeigt.
    Für die Mitglieder der Euro-Zone ist diese Situation alles andere als gemütlich. Auf der einen Seite gibt es außer der Zentralbank niemanden, der sich um die Stabilisierung der Gemeinschaft in Krisen und bei konjunkturellen Schwankungen kümmert. Es fehlt die gemeinsame Finanzpolitik, jeder ist hier für sich allein verantwortlich. Das ist ein Unding und widerspricht allen Regeln der Ökonomie. Denn in einer Währungsunion mit einem gemeinsamen Binnenmarkt beeinflussen sich die einzelnen Volkswirtschaften natürlich gegenseitig. Keiner ist mehr unabhängig, auch wenn er so tun mag.
    Am Samstag, den 11. Oktober 2008, keine vier Wochen nach der verhängnisvollen Pleite des Bankhauses Lehman, war Christine Lagarde, die damalige französische Finanzministerin, in der amerikanischen Hauptstadt bei führenden internationalen Bankern zu Gast. Sie entschuldigte sich, dass sie nicht zum Abendessen bleiben könne. Sie müsse nach Europa zurückreisen, weil am nächsten Morgen die Sitzung der europäischen Finanzminister stattfände, in der ein gemeinsames europäisches Programm zur Bekämpfung von Finanz- und Wirtschaftskrise beschlossen werden solle. Davon werde ein wichtiges stützendes Signal auf den Euro ausgehen. Da dürfe sie nicht fehlen.
    Die Finanzminister tagten am nächsten Tag auch. Aber ein gemeinsames europäisches Aktionsprogramm habe ich in der Berichterstattung über das Treffen in der Zeitung vergeblich gesucht. Jeder blieb bei seinem nationalen Maßnahmenpaket. Geeinigt hatte man sich nur darauf, dass jeder sein Paket zur gleichen Zeit, nämlich am Montag um 11 Uhr vormittags, verkünden würde. Eine funktionierende Währungsunion sieht anders aus.
    Das ist die eine Schieflage. Auf der anderen Seite sind die Mitglieder in ihren wirtschaftspolitischen Kompetenzen empfindlich beschränkt worden, weil sie keine eigene Währung mehr haben. Es gibt nicht mehr das Instrument der Auf- und Abwertungen der Wechselkurse, das in der Nachkriegszeit in vielen Ländern eine so wichtige Rolle gespielt hatte. Wenn ein Land zu hohe Lohnabschlüsse hatte und seine Unternehmen damit auf den Weltmärkten nicht mehr wettbewerbsfähig waren, dann musste man nur die Währung abwerten und schon hatte man den Fehler korrigiert. Das gibt es unter dem Euro-Regime nicht mehr. Auch haben die einzelnen Euro-Mitglieder keine eigene Währung mehr, in der sie sich verschulden können. Sie können diese Währung auch kaum mehr beeinflussen. Es ist ein bisschen so, als wenn man der Bundesrepublik in der Nachkriegszeit den US-Dollar aufs Auge gedrückt hätte (statt ihr die eigene D-Mark zu geben). Die Zinsen werden von außen vorgeschrieben, der Wechselkurs wird vorgegeben. Die Länder haben nur die Möglichkeit, alles zu akzeptieren.
    All das trägt nicht unbedingt zur Akzeptanz dieses Regimes bei. In Sachen Wirtschaftspolitik geht es den einzelnen Staaten der Euro-Zone heute schlechter als vorher. Die Bürger stellen an sie die gleichen Forderungen wie vorher. Die Regierungen können sie aber nicht mehr gleich gut erfüllen. Das muss zu Unzufriedenheit führen. Am Ende lassen die einzelnen Mitglieder ihren Frust dadurch ab, dass sie auf Brüssel schimpfen.

VI. Willkommen auf dem Powerkontinent
     
    2. April 2011 In den letzten Wochen hat sich in

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