Rettungskreuzer Ikarus Band 005 - Requiem
hatte Sally
überlegt, ihren Freund, diesen Schmuggler Jason Knight, durch eine kleine
Erpressung unter Druck zu setzen, um die Frau umzustimmen. Doch dieser Gedanke
war auch gleich wieder verflogen: Eine gute Telepathin war viel zu gefährlich,
als dass man sie durch Erpressung an sich binden durfte. Das war ein Schuss,
der nach hinten losgehen mochte. Besser wäre es, ihre Loyalität auf
subtilere Weise zu gewinnen. Sally verscheuchte den Gedanken an Shilla und richtete
ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Gegenwart.
Die war schon anstrengend genug.
Der Schrei war schließlich verklungen. Roderick Sentenzas Gesicht war
weiß wie eine frisch gestrichene Wand, und er zitterte am ganzen Körper.
Schweißperlen standen ihm auf der Stirn.
»Er hat einen Schock!«, erklärte Anande und schob die Chefingenieurin
beiseite.
Eine Druckspritze entlud zischend ihren Inhalt in Sentenzas Kreislauf. Der Captain
starrte den Arzt an. Ein Speichelfaden lief seinen Mundwinkel hinab, und er
zerrte unbewusst an seinem Arm, der wie festgegossen in der weißlichen
Masse steckte und sich keinen Millimeter bewegen ließ.
»Wie gut, dass der Injektor mechanisch arbeitet«, murmelte Anande
und fühlte den Puls des Captains. »Ich habe ihm eine Schmerzmittelkombination
gegeben. Was immer ihn quält, er wird es gleich ... aha.«
Etwas Farbe kehrte in Sentenzas Gesicht zurück. Er wischte sich mit der
freien Hand den Schweiß von der Stirn und blickte den Arzt fragend an.
»Ein Brennen – als ob mich etwas auffressen würde ... Ich kann
es gar nicht beschreiben«, stieß er schließlich hervor. »Danke
für die Injektion.«
Sonja DiMersi wollte die Hand heben, um die Fläche zu berühren, doch
Sentenza schlug sie fast brutal zur Seite.
»Nein! Das hat gar keinen Sinn! Wir müssen einen anderen Weg finden,
mich hier freizubekommen!«
DiMersi schien einen Augenblick aufbegehren zu wollen, doch dann gab sie nach.
»Ich möchte einen Schneidbrenner vom Schiff holen und die Wand aufschweißen!«,
erklärte sie.
»Er wird sofort seine Energie verlieren!«, erinnerte Anande.
»Ich werde ihn mit einer Isolation verkleiden. Das wird etwas dauern, aber
es wird funktionieren. Dann schweiße ich den Captain da raus, damit wir
ihn in die Medstation bringen können!«
Anande blickte sie hilflos an. »Und wie lange soll das dauern?«
»Schneller, wenn ich sofort gehe!« Die Chefingenieurin sah fragend
den Captain an.
»Tun Sie's – mir fällt auch nichts anderes ein, und verdammt,
ich weiß nicht, wie lange ich das hier noch aushalte!«, stöhnte
Sentenza ächzend. Die Qual in seinen Augen sprach Bände – und
traf Sonja DiMersi mit einer Intensität ins Herz, die sie nicht für
möglich gehalten hatte.
Mit einer fast zärtlichen Geste legte sie dem Leidenden die Hand auf die
Schulter. »Verlassen Sie sich auf mich, Captain!« Damit wandte sie
sich um und eilte aus dem Wrack.
Anande stellte sich neben den Captain. »Sir, ich werde Sie jetzt abstützen,
damit Sie nicht die ganze Zeit stehen müssen. Wenn sich an dem Gefühl
in Ihrem Arm irgendetwas verändert, dann müssen Sie es mir sofort
melden.«
Sentenza nickte schwach.
Anande trat aus der Kammer heraus. Er hatte doch erst vor kurzem ... ah ja,
da war es. Ein herausgebrochener Brocken aus der Wandverkleidung, nicht allzu
groß, aber fast rund. Der Arzt stemmte sich gegen das Bruchstück,
das sich knirschend in Bewegung setzte. Schwitzend rollte und schob der Arzt
das Trümmerstück in die Kammer, direkt hinter Sentenza. Dann entledigte
er sich seines Schutzanzuges, faltete ihn zusammen und entnahm seinem Arztkoffer
zwei weitere Phiolen für den Injektor. Den zusammengeklappten Koffer legte
er auf den provisorischen Sitz, darauf das Kleidungsstück. Jetzt konnte
sich der Captain halb hinsetzen.
Sentenza warf Anande einen dankbaren Blick zu. »Nur zwei Phiolen, Doktor?
Ich spüre den Schmerz bereits wieder stärker werden.«
Anande sah seinen Vorgesetzten traurig an. »Sir, wenn ich Ihnen mehr als
diese beiden Ladungen verabreiche, dann wird Ihr Kreislauf zusammenbrechen.
Ich gebe Ihnen bereits das stärkste Schmerzmittel überhaupt. Wir werden
uns etwas ablenken müssen, bis der Chief wieder da ist.«
Sentenza grinste verzerrt. Feine Schweißtropfen entstanden schon wieder
auf seiner Stirn, und sein Atem ging stoßweise. »Ablenken? Was haben
Sie vor – Ihren Striptease
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