Rettungskreuzer Ikarus Band 012 - Verschollen im Nexoversum
hinunter
zu hangeln. Shilla folgte ihm.
Ein gutes Stück hatten sie zurückgelegt, als ein knarrendes Geräusch
ertönte. Das Seil, an dem sie hingen, bewegte sich. Sie starrten beide
erschrocken nach oben. Weit über ihnen schaukelte die Kabine, die sich
mit einem neuerlichen Geräusch tiefer senkte. Gleichzeitig sauste auch
die Trosse, an die sie sich klammerten, hinab.
Ein plötzlicher Ruck ließ Jasons und Shillas Gelenke knacken.
Eine Etage nur. Der Lift hatte angehalten. Glück gehabt.
»Hat das Gebäude ein Untergeschoss?«, fragte Jason.
Shilla schwieg, während sie die Gedanken in ihrer Umgebung sondierte. Schließlich
antwortete sie: »Es gibt ein Vorratslager, eine Küche und eine Wäscherei.
Die Einrichtungen sind auf zwei Kelleretagen verteilt. Warum?«
»Die Sicherheitstruppen arbeiten zu unerfahren und unkoordiniert. Ich bin
überzeugt, sie haben nicht alle Eventualitäten berücksichtigt.
Man wird kaum erwarten, dass wir uns ohne Kenntnis der Lokalität ausgerechnet
in den Keller zurückziehen. Das könnte unsere Chance sein. Bestimmt
gibt es dort einen Eingang für Lieferanten. Und ein Eingang ist zugleich
ein Ausgang…«
»Hast du die Posten vergessen, die draußen Wache halten? Sobald wir
uns auf dem Gelände blicken lassen, wird man Alarm schlagen.«
»Mir wird schon etwas einfallen ...«
Jason hatte keine Ahnung, wie viele Etagen sie hinter sich ließen. Seine
Arme und Beine bewegten sich bereits mechanisch und fühlten sich wie Gummi
an, als Shilla endlich verkündete, dass sie die Ebene des Empfangs erreicht
hatten. Der Lift hatte sich noch zwei Mal bewegt.
»Wie schaut es unten aus?«, erkundigte sich Jason.
»Nur Personal, soweit ich feststellen kann. Um diese Uhrzeit ist bloß
eine kleine Mannschaft da. Ich schätze, von ihnen haben wir nichts zu befürchten.«
»Gut.« Jason nickte zufrieden. Er zog den Kommunikator aus der Hemdtasche
und streifte die Kette über den Kopf. Der Würfel klickte leise, als
er gegen die Lampe schlug. »Die edle Bevollmächtigte wird die Küche
inspizieren und ihr herrlicher Lakai die Fragen stellen. Du kontrollierst die
Gedanken des Personals.« Etwas besorgt fügte er hinzu: »Geht
es noch?«
»Ja.« Es klang erschöpft, doch ließ sich die Vizianerin
nicht anmerken, wie sehr es sie auslaugte, die unbekannten Gedankenmuster zu
analysieren.
Er sandte ihr gedanklich ein aufmunterndes Lächeln.
Taisho wimmerte leise, als ihn ein Soldat in der olivbraunen Uniform der Sicherheit
mit dem Abzeichen des untersten Ranges grob an den Schultern packte und auf
die Beine zerrte.
»Was ist passiert? Wo sind die beiden Subjekte?«, herrschte der dreibeinige
Ptorianer den Kammerdiener an und schüttelte ihn.
»Der herrliche Lakai hat mich geschlagen ...«, jammerte dieser nur
in wehleidigem Tonfall und presste eine Träne zwischen erstaunlich langwimprigen
Lidern hervor.
Verächtlich blickte der Soldat auf den Bediensteten herab, den er um mehr
als zwei Köpfe überragte. Der Kommunikator gab ein leises Knurren
wider. Dann ließ der kräftige Mann Taisho los und schaute mit boshaft
funkelnden Augen zu, wie dieser erneut zu Boden sank. Diese Humanoiden waren
bis auf wenige Ausnahmen verweichlichtes Gesocks und ein Schandfleck des Nexoversums.
Sollte sich der Nexus eines schönen Tages zu einer Säuberungsaktion
entschließen, würden die glorreichen Ptorianer hoffentlich mit dieser
Aufgabe betraut werden und alle minderwertigen Rassen in die Roten Hallen führen
dürfen.
Nur für Taishos Ohren hörbar murmelte er: »Abartige Kreaturen
wie du sollten gleich nach der Geburt enthirnt werden.«
Mit hüpfenden Schritten drehte sich der Soldat um und wischte sich seine
haarigen Hände an der Uniform ab, als müsse er sich von der Berührung
säubern.
»Die Räume sind leer, Sir«, erstattete er seinem Anführer
Bericht. »Die Subjekte haben nichts zurück gelassen. Das Einzige,
was wir finden konnten, ist dieser chikuso . Man hat ihn niedergeschlagen.
Er verfügt über keine nützlichen Informationen.«
Der höhere Dienstgrad nickte knapp, ebenfalls mit angewiderter Miene. »Es
ist unwahrscheinlich, dass die Subjekte zurückkehren. Wir schließen
zu den anderen auf.«
»Was soll mit dem chikuso passieren?«
»Lassen Sie ihn liegen, Soldat. Wichtig sind allein die Subjekte. Wenn
wir sie fassen, wird man uns zweifellos mit mindestens einem weiteren Jahr belohnen.
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