Rettungskreuzer Ikarus Band 012 - Verschollen im Nexoversum
als du mich umgestoßen hattest, brach der Bann.«
»Und dann?«
»Crii-Logan wollte Taisho skrupellos erschießen. Ich konnte den Insektoid
nicht beeinflussen ... musste ihn ... töten. Ich habe ihn ... umgebracht.
Ermordet.«
»Hör auf, dir Vorwürfe zu machen. Dich trifft keine Schuld. Hättest
du gezögert –«
»Aber begreifst du nicht? Ich habe ein lebendes Wesen binnen eines Augenblicks
mit einem Gedanken getötet. Ich habe nicht gewusst, dass ich so was überhaupt
kann. Es liegt an ihnen , sie bringen mich dazu, Dinge ohne Nachdenken
zu tun, von denen ich nicht einmal wusste, dass ich dazu fähig bin. Sie manipulieren mich, Jason, irgendwie. Ich bin eine Gefahr für dich, für
jeden ...«
Jason schloss sie in die Arme. Tief in seinem Innern kroch Furcht in ihm hoch
und raunte, dass die Vizianerin Recht hatte. Sie hatte sich verändert,
seit die seltsamen Fremden in der Milchstraße operierten, und die Wandlung
war noch drastischer fortgeschritten, seit sie beide sich im Nexoversum aufhielten.
Tapfer kämpfte Shilla dagegen an, aber es sah so aus, als würde sie
nicht ewig Widerstand leisten können. Und was passieren würde, wenn
sie dem Einfluss ganz erlag, das konnte er sich selbst mit all seiner Phantasie
nicht ausmalen.
»Es war Notwehr«, tröstete er sie hilflos. »Ich bin sicher,
du musst es kein zweites Mal tun. Nur diesmal gab es keine Alternative.«
»Sie hat bereits zweimal auf diese Weise getötet«, mischte sich
Taisho ein. Er drehte den Sitz in ihre Richtung. »Ich will mich nicht beklagen
..., anderenfalls wäre ich jetzt nicht mehr am Leben. Aber es ist schon
eine ... beeindruckende Kraft.«
»Zweimal?« Jasons blaue Augen weiteten sich.
»Das Bashiri«, erinnerte Taisho. »Es ist auch ... geplatzt.«
»Dreimal ...«, hauchte Shilla.
Beide Männer blickten sie verblüfft an.
»Der Planet, auf dem du mich gefunden hast, Jason, war bewohnt gewesen.
Es gab ein Kollektivbewusstsein, das von ihnen geschaffen worden war.
Es griff mich an, und ich reagierte instinktiv. Das Sterben der Millionen kleinen
Bewusstseine trieb mich an den Rand des Wahnsinns. Ich habe das alles vergessen ,
um nicht verrückt zu werden. Nur deine Geduld und dein Verständnis
haben mich aus der Finsternis zurückgeholt.« Tränen liefen über
ihre Wangen. »Nun weißt du, was ich für ein Monstrum bin ...«
»Du bist kein Monstrum«, widersprach Jason heftig. »Du hast dich
selbst verteidigt und uns beschützt. Und du hast unter dem Einfluss dieser
unbekannten Macht gestanden. Der Nexus und seine Handlanger, das sind die wahren
Monster! Wir wissen jetzt, dass es gefährlich für dich ist, in die
Nähe der Haischiffe zu geraten. Ferner weißt du, dass du dagegen
ankämpfen musst und kannst . Anderenfalls wärst du jetzt nicht
wieder normal.«
»Ich bin sicher, unsere Leute können dir helfen«, sagte Taisho
mit warmer Stimme.
Deprimiert blickte Shilla auf den Boden. Der Optimismus der beiden schien ihr
unangebracht. Sie ahnte nur dumpf, dass sie einer Zeitbombe glich, die jeden
Moment explodieren konnte.
»Jason«, flüsterte sie tonlos, »ich habe Angst, dass mich
die Dunkelheit diesmal ganz verschlingen wird ...«
Das Beiboot war im Hangar der Sentok gelandet. Wie schon beim ersten
Mal erschienen Charkh, Sessha, das amorphe Wesen und die Qualle. Allein Crii-Logans
Platz war verwaist.
Taisho ging Shilla und Jason voran.
Die Vizianerin hatte die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, um ihr
Zittern zu verbergen. Ihre Finger spielten mit drei grünen Perlen, die
sie im Warenhaus auf Reputus während des Kampfs gegen die Soldaten und
den Zivilisten aufgeklaubt hatte. Was waren das für Dinger? Crii-Logan
und der Riese hatten es gegessen, und beider Gedanken hatte sie nicht lesen
können. Gab es einen Zusammenhang? Sobald sie die Zeit dazu fand, wollte
sie die unbekannte Substanz analysieren.
»Commander Charkh«, grüßte Taisho, »wir haben einen
Mann verloren, aber zwei neue Kameraden gefunden.«
Sessha strahlte Jason und Taisho an.
Charkhs Punktaugen verteilten sich auf alle drei Neuankömmlinge.
»Willkommen an Bord.«
ENDE
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