Rettungskreuzer Ikarus Band 012 - Verschollen im Nexoversum
so groß wie Jason, besaß jedoch nicht die gleiche
Muskelmasse, sondern war schlanker und drahtig. Dichtes, dunkelbraunes Haar
fiel in widerspenstigen Strähnen in ein schmales, gut geschnittenes, noch
etwas jungenhaft weiches Gesicht. Die mandelförmigen Augen von derselben
Farbe erwiderten Jasons Blick wachsam, fast schon ... unverschämt herausfordernd.
Taishos Alter schätzte er auf um fünfundzwanzig Jahre; ein halbes
Kind. Und Shilla hatte ihn für niedlich befunden ... Pah!
Von Taishos Unterwürfigkeit war nichts geblieben; die devot-freundliche
Maske war wie weggewischt. Er hatte seine Rolle hervorragend gespielt. Niemand
wäre auf die Idee gekommen, ihn zu verdächtigen, ein anderer zu sein,
als er vorgegeben hatte. Der Widerstand – Jason zweifelte nicht daran,
dass der junge Mann und Charkh zu den Gegnern des Nexoversums zählten –
schulte seine Agenten gut.
»So was hätte ich hier nicht erwartet«, Jason zeigte auf den
Peilsender. »Ist ein bisschen zu fortschrittlich für die Technologie,
die ich bislang gesehen habe.«
»Wir haben gute Leute«, wich Taisho einer Antwort aus. Offenbar war
er nicht gewillt, alle Geheimnisse zu enthüllen, zumindest noch nicht.
Jason konnte sich denken, dass der Widerstand einige fähige Köpfe
versammelt hatte, die insgeheim Forschungen betrieben und in kleiner Stückzahl
einige technologische Meisterwerke fertigen konnten, vorausgesetzt, sie vermochten
die notwendigen Mittel dazu aufzutreiben.
»Shilla?«, fragte er in Gedanken. »Was hältst du von dem
Typen?«
»Ich schätze, wir können ihm vertrauen«, drang die Stimme
aus dem Kommunikator. »Zwar kann ich seine Gedanken nicht vollständig
lesen, aber ich finde keine negativen Emotionen uns gegenüber.«
Neugierig studierte Taisho Shilla. Dass er telepathisch sondiert worden war,
störte ihn nicht. Wahrscheinlich lebten die Bewohner des Nexoversums seit
Generationen in dem Bewusstsein, dass ihr Denken und Fühlen wie ein aufgeschlagenes
Buch vor ihren Unterdrückern lag, überlegte Jason, dem es irgendwie
missfiel, wie sich die beiden unverhohlen betrachteten.
»Du bist wirklich eine Angeli?«, erkundigte sich Taisho.
Shilla schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin eine Vizianerin. Aber nach
allem, was ich herausfinden konnte, sind unsere Völker einander sehr ähnlich.
Ich möchte gern mehr über die Angeli erfahren.«
Wieso verriet sie ihm das, wunderte sich Jason. Wie konnte sie der Tunte so
schnell vertrauen? Es war nicht sicher, ob der Widerstand Fremden freundlicher
gesinnt war als der Nexus. Vielleicht lag es ja daran, dass Taisho niedlich war. Niedlich… ha!
»Später. Wir sollten nicht zu lange an derselben Stelle bleiben.«
Seine Augen wanderten flüchtig zu den Leichenteilen. Er öffnete den
Mund, um noch etwas hinzuzufügen, entschied sich dann jedoch dagegen.
»Richtig«, stimmte Jason zu. »Die Soldaten werden uns schon bald
hier unten aufstöbern.«
»Kaum«, korrigierte Taisho. »Die Feiglinge haben zu große
Angst, in die Kanalisation zu steigen. Nur auf ausdrücklichen Befehl werden
sie hier nach uns fahnden – bloß wer verrückt ist, wagt sich
freiwillig in die Tiefe.«
»Wieso?«
»Die Bashiris sind nicht die einzigen hungrigen Bewohner dieser Region,
die sich freuen, wenn sie einmal etwas anderes als Abfälle zu fressen bekommen.
Was glaubt ihr, weshalb über jeder sanitären Anlage ein Lautsprecher
angebracht ist und eine Stimme mahnt Bitte immer Deckel schließen ?«
Spöttisch zwinkerte er Jason zu. »Schon so mancher Besucher von einer
anderen Welt, der sich nicht an die hiesigen Gepflogenheiten halten wollte oder
der zu lange saß, erlebte eine unangenehme Überraschung ...«
»Moment!« Jason ging nicht darauf ein. »Eine Frage ist noch immer
offen: Warum willst ... sollst du uns helfen?«
»Wer nicht für den Nexus arbeitet, ist zwangsläufig sein Feind.
Jeder Feind des Nexus' ist ein Freund von uns. Und Freunde helfen einander.
Logisch, oder?«
»Eine etwas simple Logik ...«, fand Jason.
Shilla nickte, um Taishos Begründung zu bestätigen. »Er meint,
was er sagt.«
»Also schön«, knurrte Jason. »Wir wollen zurück zu
unserem Schiff und von Reputus verschwinden. Vorschläge, wie wir das anstellen?«
»Ich führe euch zum Raumhafen. Dann sehen wir weiter.«
Jason zuckte mit den Schultern. Zumindest machte Taisho keine leeren Versprechungen,
sondern wollte Schritt für
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