Rettungskreuzer Ikarus Band 014 - Phönix
Sektor.«
»Aye, aye, Sir!«, kam prompt die Antwort.
Die Seezunge beschleunigte. Gleichzeitig wurde erhöhte Alarmbereitschaft
ausgerufen und die Waffenstationen sowie die Staffel Abfangjäger, die sich
an Bord befand, besetzt.
Nicole van der Lindern überließ ihrem ersten Offizier die Brücke
und zog sich für die Dauer des Fluges in ihr Quartier zurück. Magen-
und Kopfschmerzen machten sich bemerkbar, wie jedes Mal, wenn sie deutlich fühlte,
dass ein Kampf unausweichlich war.
Der Mann hieß Sentenza. Roderick Sentenza. Er stand unmittelbar vor ihr
und lächelte sie mit einem jener Lächeln an, das man nur sehr vertrauten
Personen schenkt. Oder einer Geliebten. Sonja fühlte sich geschmeichelt.
Sie musterte Sentenza eine Weile und blickte dann an ihm vorbei zu den anderen
Besatzungsmitgliedern der Ikarus. Ein zusammengewürfelter Haufen,
bestehend aus einem Arzt, einem Bankrott gegangenen Kybernetikexperten, einem
seiner Geschöpfe namens Arthur Trooid, einem wandelnden Baum aus der Spezies
der Pentakka und ...
...einer Frau mit kurzem, schlohweißem Haar, der Chefingenieurin, die
an Bord der Oremi durch ihre Entscheidung das Schicksal einiger Besatzungsmitglieder
besiegelt hatte: Sonja DiMersi!
Sie betrachte sich selbst wie in einem Spiegel. Ihren athletischen Körper,
das ovale Gesicht mit den dunkelbraunen, mandelförmigen Augen, die kleine
Nase ... ihre vollen Lippen.
Das ... bin ... ich ... nicht ...
Etwas war falsch. Sie versuchte sich zu erinnern, was es sein könnte,
doch ehe sie ihre Gedanken darauf richten mochte, wurde sie unsanft durchgeschüttelt.
Sonja schrak hoch und starrte in das bleiche Gesicht Kiki Dubois. Es dauerte
etliche Sekunden, ehe sie begriff, dass sie geträumt hatte. Der Traum hing
noch deutlich vor ihren Augen. Sie hatte sich im Schlaf an ihre Vergangenheit
erinnert. Mehr noch als in den letzten Stunden davor.
Stunden.
»Wie lange ...?«
»Nicht lange«, sagte Kiki. »Eine Stunde etwa. Ich bringe dir
was zu essen.«
Sonjas Blick fiel auf das kleine Tablett, das die Kopfgeldjägerin neben
die Pritsche gestellt hatte. Ein Becher Wasser, etwas Brot und Nahrungskonzentrate
in Tablettenform. Sie atmete tief durch, schloss für einen Moment die Augen
und hielt die Traumbilder für sich fest.
»Heh!« Kiki stieß sie an. »Nicht wieder einschlafen. Du
solltest etwas essen. Gleich kommt Wadda zu dir.«
Sonja riss die Lider auf und verzog angeekelt den Mund. »Darüber will
ich lieber nicht nachdenken.«
»Solltest du aber, Täubchen«, grinste Kiki nun. »Keine Sorge,
er hält nicht lange durch und ist schnell fertig. Aber seine Zunge kann
wahre Wonnen bescheren.«
»Vergiss es.«
»Was soll das?«, schnappte Kiki. »Bist du frigide oder was?«
Sonja beugte sich vor. »Ich weiß nicht aus welchem Drecksloch ihr
miesen Kreaturen hervorgekrochen seid, aber ihr tut besser daran, so schnell
wie möglich wieder darin zu verschwinden.«
Kiki hatte automatisch den Lauf ihres Energiekarabiners angehoben und zielte
direkt auf Sonjas Gesicht.
»Du willst mich erschießen?«, höhnte Sonja. »Dann
tu es doch – aber wie ich dir vorhin schon versucht habe zu erklären,
wäre dein Wadda ein Narr, wenn er es nur auf die fünfundzwanzig Riesen
abgesehen hätte. Er müsste sie mit euch teilen, aber das kann er sich
nicht erlauben. Selbst mit der ganzen Summe könnte er sich kein neues Schiff
leisten, nicht mal so einen fliegenden Schrotthaufen wie den letzten. Denk doch
mal nach, Mädchen, wie weit traust du diesem Gnom über den Weg? Wie
lange kennt ihr euch? Der knallt dich und seine beiden Kumpels ohne mit der
Wimper zu zucken über den Haufen, sobald er das Kopfgeld eingestrichen
hat.«
»Schnauze!«, keifte Kiki. Ihr Zeigefinger zuckte nervös um den
Abzug ihres Gewehres. Dennoch verlor ihr Blick ein wenig an Schärfe, so
als grübele sie über Sonjas Worte nach.
»Und wer für fünfundzwanzigtausend seine Kumpane umbringt, der
wird das auch für einhundertfünfzig tun«, fuhr Sonja ungerührt
fort. »Wach auf, Kleines, Wadda benutzt dich nur.«
Kiki trat nach dem Tablett, zischte etwas Unverständliches und machte auf
dem Absatz kehrt. Als die Tür ins Schloss gefallen war und die elektronische
Verriegelung aktiviert wurde, blickte Sonja zu ihrer Mahlzeit, die nun auf dem
ganzen Boden verstreut herum lag. Das Brot sog sich mit verschüttetem Wasser
voll und die Nahrungstabletten
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