Rettungskreuzer Ikarus Band 015 - Die abwartende Dominanz
Hilfe der Ikarus -KI benötigte.
Schließlich ging es darum, einem entfernten Verwandten das Handwerk zu
legen.
»Dann sollten wir nicht zögern!«, hielt die Ärztin fest.
Anande hatte auf ihre Zustimmung gar nicht erst gewartet– schließlich
gab es keine Alternative. Er nahm bereits mit der Ikarus Verbindung auf
und bat Sonja, das Schiff zu landen. Die derzeitige Kommandantin des Rettungskreuzers
zögerte nicht. Sie wusste, dass Anande das Schiff nicht zum Scherz oder
aus einer Laune heraus anfordern würde. Kaum, dass der Arzt das Gespräch
beendet hatte, ersuchte sie bereits um Landeerlaubnis, die ihr umgehend gewährt
wurde. Eine kurze Nachricht an Sentenza würde diesen von der veränderten
Situation in Kenntnis setzen.
Atapp hatte der Konversation beifällig gelauscht. Anande wandte sich ihr
wieder zu und machte einen zuversichtlichen Eindruck.
»Das kriegen wir schon hin, verehrte Kollegin. Lassen Sie mich zum Landefeld
fahren, um alles in der Ikarus vorzubereiten. Sie bitte ich, hier folgende
Dinge bereitzustellen ...«
Die Kollegen versanken wieder in fachchinesischem Kauderwelsch. Beide beachteten
den Krankenpfleger nicht, der in einem Nebenraum die nur angelehnte Verbindungstür
sanft zuzog, dann aus dem Zimmer huschte und schnell das Krankenhaus verließ.
Das musste Goswil erfahren ...
Der Hegemon hatte Geschmack, das musste man ihm lassen.
Nachdem der Innenminister eine kurze Rede gehalten hatte – was für
einen Politiker nach Sentenzas Einschätzung eine reife und beachtenswerte
Leistung war –, hatte eine Kapelle aufgespielt und sanfte, unaufdringliche
Hintergrundmusik wie einen Teppich unter die zum Büffet eilenden Füße
der Ehrengäste gelegt. Die Küche der Pronthiri war für menschliche
Mägen gut verkraftbar, und da der Pentakka bereits seit geraumer Zeit der
Ansicht war, dass interkulturelle Erfahrungen erst einmal durch den Magen gingen,
fühlte sich jeder versorgt. Nach dem üblichen Austausch von Höflichkeitsfloskeln
mit anderen Gästen, darunter dem Äquivalent von Losian als Verwaltungschef
der hegemonialen Rettungsabteilung, hatten sich Sentenza und Yrion in eine Ecke
zurückgezogen und sich über Dinge unterhalten über die sich Schiffskommandanten
eben so unterhielten.
Die Gnade der Dominanz war in gewisser Hinsicht mit der ersten Ikarus vergleichbar. Es handelte sich um einen umgebauten SAL-Frachter, genauso, wie
die erste Ikarus ein umgebautes Militärschiff gewesen war. Die Gnade
war kleiner, jedoch offensichtlich von Anfang an mit guter und neuer Ausrüstung
bedacht worden. Für die Hegemonie war die Aktivität des Rettungskreuzers
mehr als nur ein humanitärer Akt. Die Staatsideologie der »abwartenden
Dominanz« beinhaltete bekanntlich, den eigenen Einfluss durch penetrante
Nettigkeit zu erweitern. So gesehen war die Tätigkeit der Gnade eine politische
Erklärung an alle Nachbarn. Die Mannschaft war auch nicht aus der Gosse
aufgelesen wie die des Raumcorps, sondern über ein ordentliches Auswahl-
und Bewerbungsverfahren rekrutiert worden. Yrion hatte eine zehnjährige
Karriere als Handelskapitän im Outback hinter sich gebracht, ehe er die
Stelle auf der Gnade angetreten war. Seine Erfahrungen auf dem Gebiet, die persönlichen
Kontakte und die Tatsache, dass er sich nie irgendwelcher politischer Rivalitäten
innerhalb der Organisation seiner Auftraggeber hatte erwehren müssen, waren
ohne Zweifel günstigere Startvoraussetzungen gewesen als im Falle Sentenzas.
Die neue Ikarus war der Gnade jedoch technisch in jeder Hinsicht überlegen.
Und auch die Qualität der Besatzung, vielleicht gerade aufgrund ihrer so
schwierigen Vergangenheit, schien mindestens ebenbürtig, wenn nicht höher
einzustufen zu sein. Im Endeffekt zählte jedoch nur der Erfolg, und was
die geleisteten Einsatze und geretteten Leben anging, musste sich die Crew des
Hegemonialen Rettungsdienstes vor niemandem verstecken.
Yrions Blick fiel auf die Grey, die zwar nichts von den angerichteten Speisen
anrührte – Grey bevorzugten prinzipiell unter sterilen Bedingungen
hergestellte künstliche Nahrung –, sich aber trotzdem angeregt mit
dem Bergungsoffizier der Gnade unterhielt, der ein Mensch, ein Mann und dem
hocherotischen Anblick An'tas völlig verfallen war.
»Sie haben da eine attraktive Mannschaft«, meinte Yrion leutselig
und zwinkerte Sentenza bedeutungsvoll zu. »Ich kann mir vorstellen,
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