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Rettungskreuzer Ikarus Band 015 - Die abwartende Dominanz

Rettungskreuzer Ikarus Band 015 - Die abwartende Dominanz

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 015 - Die abwartende Dominanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Problem befasst war, vergaß er meistens die
Nahrungsaufnahme. Das mochte auch der Grund sein, warum er wahrlich nicht zu
Übergewicht neigte.
    »Ich nehme diese Einladung sehr gerne an«, erwiderte der Arzt und
hielt der Kollegin den Arm hin. Die menschliche Geste intuitiv erfassend hakte
sie sich ein, und sie machten sich auf den Weg in die Kantine.
    Den Gang hinunter zum Fahrstuhl plauderten sie angeregt miteinander. Anandes
Befürchtungen, es mit einer »Hinterwäldlerärztin« zu
tun zu haben, hatten sich sehr schnell als unbegründet herausgestellt.
Atapp war kompetent und hatte sich Fortbildungen nicht erspart, jedoch musste
sie als Leibärztin des Hegemons derart umfassende Kenntnisse in so vielen
Bereichen aufweisen, dass Spezialisierungen ihr schwer fielen. Anande erkannte
rasch, dass die Pronthiri über Fachkenntnisse in Themen verfügte,
in denen sein eigenes Wissen nur sehr oberflächlich war. Das hatte sich
bisher nicht als großes Problem erwiesen – die meiste Zeit über
führte Anande nur unmittelbare Nothilfe durch und überließ längerfristige
Therapien den Fachkräften in den Hospitälern, in die die Ikarus alle Verletzten brachte. In einem Falle wie diesem konnte er brillieren, weil
seine Spezialkenntnisse gefragt waren. Doch, das erkannte er neidlos an, im
Grunde war Dr. Atapp als Ärztin für den Rettungskreuzer viel besser
geeignet als er selbst. Er machte sich eine geistige Notiz. Sobald er wieder
etwas freie Zeit hatte, würde er sich selbst um Fortbildungen in sehr wichtigen
und grundsätzlichen Fachgebieten bemühen, in denen er offensichtlich
Defizite aufwies. Dann würde er wenigstens erfahren, woher das diesbezügliche
Wissen stammte. Bei seiner Spezialisierung überdeckte die Ungewissheit
ihrer Herkunft die Freude über seinen guten Einsatz. Oder nein, korrigierte
er sich: Es war mehr die Ungewissheit darüber, was er eigentlich früher
mit seinen Fähigkeiten angestellt hatte – was er getan hatte, um eine
Gehirnwäsche zu provozieren.
    Atapp und Anande verließen den altmodischen Fahrstuhl, als dieser in der
untersten Ebene angekommen war. Hier befand sich der Eingangsbereich des Krankenhauses,
in dem auch die Kantine lag.
    Sie betraten diese, wählten einen eher abgeschiedenen Platz und bestellten
beide eine leichte Mahlzeit.
    »Ich lerne viel dazu, wenn ich mit Ihnen arbeite«, erklärte Atapp
und lehnte sich zurück, als der robotische Kellner das Gewünschte
servierte. »Ich sollte fast dankbar für diesen hinterhältigen
Anschlag sein.«
    »Aber nur fast.«
    »Ja, wirklich. Allah sei mir gnädig, aber es gab Zeiten, da fühlte
ich mich auf dieser Welt wie in einer intellektuellen Ödnis. Der Hegemonie
fehlen ausgewiesene Spezialisten. Dies ist kein extrem wohlhabender Sternenstaat.«
    Anande hatte aufgehorcht.
    »Allah? Ich habe dieses Wort schon einmal gehört ...«
    Atapp lächelte nachsichtig.
    »Das wundert mich fast. Ich bin Neo-Muslimin. Die Umma in der Hegemonie
ist keine 200 Personen groß. Der nächste Imam residiert im Multimperium.«
    »Eine Diaspora«, kommentierte Anande kauend.
    »Nein, der Neo-Islam wurde von nirgendwo vertrieben. Er hat sich in den
Jahren nach der Großen Stille langsam ausgebreitet. Wir haben uns bisher
geweigert, in die Galaktische Kirche inkorporiert zu werden. Der Neo-Islam lehnt
zuviel Bürokratie und Hierarchie ab.«
    »Und von beidem hat die Kirche reichlich«, bestätigte Anande.
»Ich habe mal entfernt vom Neo-Islam gehört. Er stammt von der alten
Erde, nicht wahr?«
    Atapp nickte und schob ihren Teller von sich. Sie schien keinen großen
Appetit zu haben.
    »Er entstand, als der Verborgene Imam erschien und ihm der Reformierte
Koran offenbart wurde. Das war drei Jahre nach dem Ende der Großen Stille.
Vieles vom alten irdischen Islam, der längst in der Galaktischen Kirche
assimiliert war, gilt auch für uns. Nur nicht alles.«
    »Also eine doppelte Ödnis für Sie: Kein fachlicher Austausch
und nur ein begrenzter spiritueller«, fasste Anande zusammen.
    »Haben Sie religiöse Überzeugungen?«, hakte Atapp nach.
    Anande wirkte für einen Moment in sich gekehrt, dann zuckte er mit den
Schultern.
    »Das weiß ich nicht. Ich weiß wenig über mich. Ich bezeichne
mich selbst als hoffenden Agnostiker. In gewisser Hinsicht bin ich auf der Suche.
Ich leugne nicht, dass ich eher zum Bekenntnis der Galaktischen Kirche neige,
aber ich bin kein

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