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Rettungskreuzer Ikarus Band 015 - Die abwartende Dominanz

Rettungskreuzer Ikarus Band 015 - Die abwartende Dominanz

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 015 - Die abwartende Dominanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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beeindruckend-entschlossene Manöver durchführen, und die gesamte Hegemonie
würde dem Multimperium wie eine reife Frucht in den Schoß fallen.
Das war ihm schon klar gewesen, als er bei seinem ersten Abstecher das Ultimatum
übermittelt hatte, um danach zum Flottensammelpunkt zurückzukehren
und zusammen mit dem Geschwader aufzubrechen.
    Der Captain gehörte zu jenen Offizieren der Raummarine, die sich schon
lange gefragt hatten, warum die Okkupation Pronths nicht schon viel eher geschehen
war. Der Hegemon mit seiner lästigen Nettigkeit war kein ernstzunehmender
Herrscher, und sein lächerlicher Sternenstaat konnte die Ordnung und Disziplin
des Multimperiums gut gebrauchen. Dass es aber ausgerechnet Joran war, der den
Anstoß zu dieser Aktion gegeben hatte und selbst das Kommando führte,
hatte die Genugtuung ob dieses militärischen Schrittes in Enzilla-Triilo
gleich wieder merklich verblassen lassen. Natürlich wusste der Captain
um die Vergangenheit der Beziehung zwischen Joran und der Antagonist – dem verhängnisvollen »Unfall«, der aus Joran den Cyborg
gemacht hatte, den er jetzt darstellte. Auch kannte der Offizier die Geschichte
seines eigenen Vorgängers, des ehemaligen Helden Roderick Sentenza, nur
zur Genüge. Er hatte den Prozess verfolgt und das Urteil gegen ihn gehört.
Er war Realist genug, um zu erkennen, dass damals nicht alles mit rechten Dingen
zugegangen war. Doch wer war er, dies öffentlich zu äußern –
angesichts der zunehmend Angst verbreitenden Transformation des Kronprinzen
und der Tatsache, dass all dies ihm immerhin das Kommando über die Antagonist gebracht hatte, eine verständliche Reaktion. Die bloße physische
Gegenwart Jorans, seine dezidierte Entscheidung, die Antagonist zu seinem
Flaggschiff zu machen und die dadurch entstandene Atmosphäre von Angst,
Duckmäuserei und Schleimerei, die sein ganzes Offizierscorps im Griff hielt,
machten Enzilla-Triilo das Kommando nicht leicht. Er würde sehr, sehr froh
sein, wenn all das vorbei war.
    Sein Blick fiel auf Commander Diaz Chanasi, seinen 1. Offizier. Chanasi war
seit Jahren für eine Beförderung vorgesehen, er war sozusagen überfällig.
Es gab gegen ihn eigentlich nichts zu sagen, bis auf eine Kleinigkeit: Er hatte
unter Roderick Sentenza, Enzilla-Triilos Vorgänger, als 2. Offizier gedient
und vor dem Militärtribunal zu seinen Gunsten ausgesagt, ja sogar indirekt
Jorans Mitschuld an dem damaligen Desaster hervorgehoben. Er hatte nicht gelogen
und nicht übertrieben, aber seitdem wartete er vergeblich auf eine Beförderung.
Enzilla-Triilo wusste, dass der Mann längst ein eigenes Kommando verdient
hatte. Doch Jorans Einfluss in der Flottenpolitik war erheblich. Chanasi würde
wahrscheinlich bis ans Ende seines Lebens Commander und stellvertretender Captain
auf Schiffen der Flotte sein. Dass er nicht, im Gegensatz zu seinem Vorgesetzten,
aus einer der Adelsfamilien des Multimperiums stammte, machte die Sache nicht
einfacher.
    Dann spürte Enzilla-Triilo die Präsenz des Kronprinzen direkt neben
sich. Ob er wollte oder nicht, jetzt konnte er ihn nicht mehr ignorieren. Er
zwang sich zu einem devoten Lächeln und wandte sich Joran zu, der ihn mit
seinem halbzerstörten Gesicht ansah. Für Enzilla-Triilo war der Anblick
nicht halb so erschreckend wie für Menschen, als Zintaraner waren Menschen
für ihn sowieso ein fremdartiger Anblick. Die in seinem Volk tief verwurzelte
Abneigung gegen jede mechanische Aufrüstung intelligenter organischer Wesen
war jedoch ein historisches Erbe, das er nur schwer abstreifen konnte. Da die
Zintaraner durchgehend positiv auf moderne medizinische Regenerationstechniken
reagierten, bestand seit langer Zeit keine Notwendigkeit mehr für moderne
Prothetik – und in jedem Falle war die elektronisch-mechanische Aufrüstung,
die sich Joran nach seinem »Unfall« hatte verpassen lassen, deutlich
mehr als die unmittelbar notwendigen Prothesen, für die auch ein Zintaraner
durchaus grundsätzliches Verständnis aufgebracht hätte. Aber
das hier ... das war pervers.
    Enzilla-Triilo ließ sich natürlich nichts anmerken. Er wollte gerne
noch eine Weile leben.
    »Captain, wie ist der Status?«, erklang die angenehm modulierte, volltönende
Stimme des Prinzen.
    »Majestät, wir befinden uns auf Kurs. Da wir annehmen müssen,
dass die Hegemonie mittlerweile ihr Sprungtor deaktiviert hat, sind wir auf

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