Rettungskreuzer Ikarus Band 021 - Putsch der Heiligen
Man würde sie in Kürze »finden«
und sie würde einiges erklären. Oder zumindest den Anschein erwecken.
Der neue Erzprior – auch, wenn er diesen Titel offiziell noch nicht trug
– wandte seine Aufmerksamkeit Dr. Ash'kal zu, dem Leiter der Falterstation.
Er war zum Zeitpunkt des Unglücks nicht im Dienst gewesen, war aber über
die Zerstörungen sichtlich entsetzt. Er hatte sofort, nachdem der Zugang
wieder frei war, ein Reparaturteam zusammengestellt. Hier gab es einen Teil
in Decorians Plan, der kaum vorhersehbar war. Der Geistliche war kein Techniker
oder Wissenschaftler, er wusste nur, dass die Leute, die den Falter betreuten,
nicht wirklich ahnten, wie er funktionierte. Er war alte imperiale Technik,
aus besseren, gloriosen, gescheiterten Zeiten. Die Männer und Frauen um
Ash'kal taten meist nichts weiter, als Wartungsarbeiten durchzuführen,
die sie aufgrund der alten Handbücher meistern konnten. Decorian wusste
aber nicht, wie weit die jahrelangen Forschungen bezüglich des Betriebsprinzips
des Gerätes tatsächlich gediegen waren. Auch Tholik hatte ihm da kaum
weiterhelfen können. Dies war die Domäne meist introvertierter Akademiker,
denen nach dem Ausbleiben von Erfolgsstorys jahrelang keine Aufmerksamkeit mehr
geschenkt worden war. Das mochte sich jetzt rächen.
»Doktor, wie ist die Sachlage?«, fragte Decorian mit ernsthaftem Interesse.
»Eminenz, wir sind noch bei der Bestandsaufnahme«, erwiderte der Mann.
Er war Terraner oder von terranischer Abstammung, genauso wie sein Gegenüber.
Seine Nervosität wirkte ansteckend, so dass sich Decorian zur Ruhe rufen
musste. »Ich kann Euch so viel sagen: Dieser Tholik ...«, er sprach
seinen Namen wie ein Schimpfwort aus, »... hat ganze Arbeit geleistet.
Der Falter wurde durch zahlreiche gezielte Fehlschaltungen außer Gefecht
gesetzt. Es gibt keine äußeren Beschädigungen, soweit wir das
feststellen konnten, aber die Steuerelektronik hat sich selbst abgeschaltet
und damit auch die Nothalteautomatik des Falters automatisch in Gang gesetzt.
Wir können kaum noch Emissionen anmessen. Unsere Experten konzentrieren
sich daher auf die Elektronik, in der Hoffnung, sie wieder aktivieren zu können.
Dazu muss aber gewährleistet sein, dass die wesentlichen Steuerelemente
durch die Manipulationen keine bleibenden Schäden erhalten haben. Wir müssen
daher erst einmal die Elektronik vom Falter abkoppeln und Tests durchführen,
Trockenübungen, wenn Ihr so wollt.«
»Wann ist der Falter wieder einsatzbereit?«, stellte Decorian die
entscheidende Frage.
Ash'kal zuckte mit den Schultern.
»Ich kann Euch darauf keine Antwort geben. Wir stehen am Anfang der Tests
und der Fehleranalyse. Aber ich rechne eher mit Monaten als mit Wochen.«
Decorian verbarg seine Erleichterung. Wenn dies zutraf, waren seine Pläne
weit genug gediehen, um auch bei einer erfolgreichen Wiederherstellung der Gesamtstruktur
des Tempels sicher im Sattel zu sitzen. Er hatte bereits befürchtet, weitere
Sabotageakte anordnen zu müssen, was im schlechtesten Falle – und
auch Decorian respektierte Murphys Gesetz – auf ihn zurückfallen mochte.
Ihm war es lieber, gar nichts zu tun und die Wissenschaftler ihre Arbeit machen
zu lassen. Es sollte so lange dauern, wie es dauerte.
»Doktor, Sie haben meine volle Unterstützung!«, erklärte
er laut. Der Wissenschaftler nickte artig. »Und jetzt will ich Sie nicht
länger von Ihrer Arbeit abhalten.«
»Ja, genau!«, setzte Nica Rens unnötigerweise hinzu. Decorian
runzelte die Stirn, als auch Ash'kal die Fedajin-Kommandantin etwas irritiert
ansah. Es schien, als würde er jeden Moment erwarten, dass diese ihn mit
der Handtasche traktierte.
Die Frau war auf lange Sicht nicht haltbar, dachte sich Decorian. Und er wusste
auch schon, durch wen er sie ersetzen würde.
Als er die Falterhalle verließ und sich auch Rens verabschiedet hatte,
wandte er sich an seinen Privatsekretär, der ihn stillschweigend begleitet
hatte.
»Sobald wir etwas Ruhe haben, stelle mir eine gesicherte Verbindung zu
Asiano von den Erleuchteten her.«
»Zu den Abtrünnigen?«, fragte der Mann leicht verwundert nach.
»Ja, genau.« Decorian lächelte dünn. »Es wird Zeit,
in dieser Phase der Krise die Einheit der Kirche wieder herzustellen.«
Sein Sekretär neigte den Kopf.
Uhul setzte sich neben Tokal, der eine frisch geladene Muskete an die Wand stellte.
Neben ihm
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