Rettungskreuzer Ikarus Band 023 - Flucht von Borsai
flogen immer wieder
so dicht heran, dass ein leichter Schlag mit einer Schwinge oder ein Fehler
seinerseits zu einem Zusammenstoß führen konnte. Jason begann trotz
des kühlen Windes zu schwitzen.
Die Brise zerrte an seinem langen Haar, das im Nacken zusammengebunden war,
und an seinem Anzug aus leichtem, aber widerstandsfähigem Material. Durch
die dünnen, griffigen Handschuhe konnte er fühlen, dass die Plastikstange,
die er umklammerte, eisigkalt geworden war. Auf dem Rücken trug er den
Stasisfeldprojektor, dessen Gewicht etwas hinderlich war beim Manövrieren.
Es wäre gut gewesen, den Drachen vor dem Einsatz auszuprobieren, aber dafür
hatten sowohl die Zeit wie auch die passende Lokalität gefehlt. Jason musste
auf sein Können, auf seine Berechnungen vertrauen. Und auf die Sorgfalt
der Rebellen, von denen die Konstruktion zusammengesetzt wurde.
Es war schon eine Weile her, dass er zuletzt einen solchen Gleiter benutzt hatte,
doch was er einmal zu beherrschen gelernt hatte, vergaß er nicht so schnell,
und fand sich leicht mit dem waghalsigen Fluggerät zurecht. Natürlich
war es weniger stabil als alle anderen, die er zuvor benutzt hatte. Metallstreben
waren durch Plastik ersetzt worden, einige aerodynamische Feinheiten hatten
Körper der Pteroiden angepasst werden müssen. Aber es reichte.
Unter anderen Umständen hätte Jason den Segelflug vielleicht genossen.
Von oben durch eine leicht getönte Plastikbrille auf eine fremdartige Stadt
zu blicken, war immer wieder atemberaubend, selbst wenn es sich um eine eher
schlichte, zweckgebundene Architektur handelte und es wenig Natur oder den Blick
fangende Objekte zwischen den Gebäudekomplexen gab.
Die anderen Male, die er mit einer vergleichbaren Konstruktion geflogen war,
hatte er noch gut in Erinnerung, und doch schien es, als wäre es nicht
sein Leben gewesen sondern das eines Fremden, den es nicht mehr gab. Es waren
schmutzige Jobs gewesen, mitunter Missionen, die er für sich selbst hatte
durchziehen müssen, um die eine oder andere offene Rechnung zu begleichen.
Diese Aufträge waren ausnahmslos gefährlich gewesen, aber es hatte
nie so viel vom Gelingen eines Unternehmens abgehangen wie jetzt.
Denn damals hatte er Shilla noch nicht gekannt!
Vom Meer her wehten stetige Winde, die ihm halfen, in der Luft zu bleiben. In
Spiralen kreiste er um die rötliche Energiekuppel. Der große Pteroide
ließ endlich ab von Jason, offensichtlich nicht länger an dem Ding
interessiert, das ihm nicht ganz unähnlich, aber doch kein Artgenosse war.
Ein Gefühl der Erleichterung wollte sich dennoch nicht einstellen, denn
das Schwierigste lag noch vor Jason: Wenn ihn nicht im letzten Moment ein vorwitziger
Saurier rammte und vom Kurs abbrachte, musste er exakt den kurzen Augenblick
abpassen, in dem das sich nähernde Angelischiff durch die Strukturlücke
im Kraftfeld flog. War er auch nur eine Idee zu schnell oder zu langsam, würde
er gegen die Energiekuppel prallen und an ihr zerschellen.
Ob Shilla an Bord war? Das ganze Unternehmen wäre sinnlos, zumindest für
ihn, wenn sich die Vizianerin gar nicht im Erhabenen Kannya aufhalten würde
oder Borsai längst verlassen hatte.
Das, davon war er überzeugt, hätte er jedoch gefühlt. Sie war
bestimmt noch hier!
Sein Herz klopfte vor Erregung. Gleich war es soweit, die kritischen Sekunden,
die über das Gelingen seines Plans oder das Ende von Jason Knight, und
der Shilla, die er gekannt hatte, entscheiden mochten.
Die Pteroiden drehten plötzlich ab und entschwanden zu ihren Brutfelsen.
Die elegante Yacht kam rasend schnell näher, schien direkt auf ihn zuzuhalten.
Ganz knapp zog sie über ihn hinweg.
Jason hoffte, dass der Pilot nicht zu genau auf seinen Monitor schauen, ihn
für einen Flugsaurier halten und ignorieren würde. Die Abstrahlmündungen
unbekannter Waffensysteme waren deutlich zu erkennen.
Das Boot drosselte seine Geschwindigkeit. Kurz bevor es den Schirm berühren
konnte, erlosch an der Spitze der Kuppel das rote Leuchten. Die Yacht befand
sich im Erhabenen Kannya.
Jason segelte ihr hinterher.
Über ihm schloss sich das Kraftfeld wieder.
»Er ist drin!« Erleichtert atmete Taisho auf. Hoffentlich trogen Jason
seine Gefühle nicht, und Shilla war wirklich noch dort.
Asahi Drel warf Taisho einen prüfenden Blick aus ihrem zusammengekniffenen
Auge zu. Die Pilotin war wortkarg geblieben und hatte
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