Rettungskreuzer Ikarus Band 024 - In den Gärten der Tomakk

anderen Drunar, die blind und ohne nachzudenken
in die nächste todbringende Falle gerannt wären. Seine Herren hatten
ihm diese Verantwortung übertragen, und dieser Gedanke erfüllte ihn
mit Stolz.
    »Du«, wies er Potorr an, »anderen Weg finden.«
    Potorr, der zwar über sehr scharfe Augen, aber selbst nach Drunar-Maßstäben
über einen nur durchschnittlichen Verstand verfügte, runzelte die
Stirn. Dann begriff er, was Browker von ihm wollte. Er nickte grinsend, rückte
seinen Helm zurecht und ging mit vorgehaltener Waffe zurück in die große
Halle.
    Kaum hatte der Potorr einen Fuß hinein gesetzt, da hörten die Krieger
ein knarrendes Geräusch. Potorr sah nervös an sich herunter, ob er
unvorsichtigerweise auf etwas getreten war.
    Nichts.
    Keine Fliese, die sich unter seinem Fuß verräterisch abgesenkt hatte.
Keine Ranke, die sich um seinen Knöchel schlängelte.
    Er wagte einen zweiten Schritt, und wieder knarrte etwas irgendwo in der Halle.
    Verunsichert drehte er sich zu Browker und Krasher um und zuckte ratlos mit
den Schultern.
    »Alles klar«, meldete er gleichgültig.
    Als wären seine Worte ein Befehl gewesen, erwachten plötzlich die
knorrigen Wurzeln der Urwaldbäume, die an der Hallendecke entlang wuchsen,
zum Leben.
    Ehe Browker reagieren konnte, peitschten zwei dicke Wurzelstränge von oben
auf Potorr herab und wickelten sich um den muskulösen Körper des Drunar.
Potorr stach geistesgegenwärtig mit seinem Bajonett nach einer Wurzel und
aus der Stichwunde sprühte ein übel riechendes Sekret.
    Im nächsten Moment packten aber bereit zwei weitere Zweige seine Arme und
entrissen ihm die Waffe.
    »Angriff!«, brüllte Browker und feuerte eine Salve aus seinem
Plasmagewehr auf die Decke der Halle ab. Nach einer Schrecksekunde folgte Krasher
seinem Beispiel und gemeinsam leerten sie die Magazine ihrer Waffen in den unheimlichen
Gegner. Die Energiegarben schredderten die Wurzeln, die wie Schlangen durcheinander
wuselten und dem feurigen Inferno zu entkommen versuchten. Splitter, Harz und
Klumpen von Erdreich regneten auf die Drunar herab.
    Nach einigen endlos scheinenden Minuten, in denen die Läufe der Waffen
bereits kirschrot zu glühen begonnen hatten, ließen die Ranken, die
Potorr umklammert hielten, von ihm ab. Der Drunar ging röchelnd zu Boden.
    Browker und Krasher stellten das Feuer ein und lauschten. Das Knarren der sich
bewegenden Baumwurzeln war verstummt. Browker bleckte zufrieden die Reißzähne
und winkte Potorr wieder zu sich.
    »Langsam«, flüsterte er ihm zu, »ganz langsam.«
    Potorr nickte grimmig. Er hatte aus verständlichen Gründen keine Lust,
wieder die Aufmerksamkeit der örtlichen Botanik auf sich zu lenken.
    Langsam und bedächtig erhob er sich und sammelte seine Waffen wieder ein,
die er in seinem verzweifelten Kampf gegen die Wurzeln verloren hatte.
    Plötzlich hörte er über sich ein feines Knirschen. Alarmiert
riss er sein Gewehr hoch und feuerte eine Salve in die Dunkelheit über
ihm.
    Die Antwort darauf waren zweihundert Kubikmeter Geröll, die von den Salven
der Drunar säuberlich aus der Hallendecke herausgestanzt worden waren und
Potorr jetzt im Bruchteil einer Sekunde unter sich begruben.
     

 
4.
     
    Jason kniete neben den ringförmigen Zweigen nieder, die mit roten und hellblauen
Blüten besetzt waren. Eine ganze Phalanx dieser natürlich gewachsenen
Kronen wuchs in einem Beet in einer Ecke der Computerzentrale.
    »Das sind also die Dinger von dem Wandgemälde«, stellte er triumphierend
fest. »Die kamen mir doch gleich so bekannt vor.«
    Taisho sah ihm neugierig über die Schulter. »Was bewirken diese Blüten,
Asahi?«
    Die Blume, die mit Asahis Stimme sprach, schwenkte zu den beiden Männern
herum. »Ich verstehe die Technologie, die hinter dem Konzept steht, nicht
so genau. Es hat aber etwas mit dem Duft der Shodan-Blüten und deren Interaktion
mit den natürlichen Pheromonen von Angeli und vielleicht auch den Vizianern
zu tun.«
    Jason verzog das Gesicht. »Ach, hör auf! Ein anderer Duft und schon
sind sie gegen telepathische Beeinflussung immun? Das glaubst du doch selbst
nicht«, schnaubte er.
    »Es ist mehr als das«, beeilte Asahi sich zu sagen: »Wenn du
den Zweig mit den Blumen abpflückst, wird er innerhalb von wenigen Minuten
verwelken – es sei denn, du verpflanzt ihn auf den Kopf eines Angelis.«
    »Stopp. Auszeit.« Jason hob die Hand. »Was war das