Rettungskreuzer Ikarus Band 026 - Antagonist
Jonathan von Heeken sowie zwei Stabsoffiziere anwesend. Sally McLennane, deren
rotgeränderte Augen und hektische Bewegungen davon zeugten, dass sie mit
allerlei Medikamenten vollgepumpt worden war, um an dieser Sitzung ohne Ausfall
teilnehmen zu können, saß etwas zusammengesunken in ihrem Sessel
und wirkte wie geschrumpft. Ihre Verletzungen waren nicht schwer, aber das Erlebnis
der Schlacht hatte sie sichtbar mitgenommen. Dennoch beobachtete sie alles mit
großer Aufmerksamkeit.
Sonja DiMersi und Thorpa, die beide an Bord des weißen Raumschiffes gewesen
waren, waren beinahe zeitgleich mit Sentenza auf der Station angekommen. Es
war keine Zeit für große Wiedersehensfreude gewesen, und Dr. Anande
hatte sich schlicht geweigert, einer Einladung der Admiralin zu folgen, da er
damit beschäftigt sei, Leben zu retten und sich in einem nunmehr fast dreistündigen
Operationsmarathon befand, um die in immer größer werdender Anzahl
hereinströmenden Verletzten mit zu versorgen. Die Krankenstation von Vortex
Outpost war, ebenso wie die beiden Lazarettschiffe, mittlerweile überfüllt.
Man hatte kurzerhand alle größeren Raumer zu Notlazaretten umfunktioniert,
vor allem jene, die bereits über große Krankenstationen verfügten,
und die reguläre und unverletzte Besatzung abgezogen, um Platz für
Notbetten zu schaffen. Dennoch fing man immer noch Notsignale von im All treibenden
Schiffbrüchigen auf, und die Suchmannschaften fanden in umherschwebenden
Wrackteilen oft genug Verletzte, deren Überleben etwas mit einem Wunder
zu tun hatte. Schätzungen besagten, dass man das Schlachtfeld noch mindestens
zwei weitere Wochen absuchen werde, so lange, wie die durchschnittliche Lebensdauer
eines Raumanzuges reichte. Bis dahin gab es immer noch Chancen, Lebende zu bergen.
Sowohl das Multimperium als auch einige andere umliegende kleinere Sternenstaaten
hatten weitere medizinische Einheiten versprochen, darüber hinaus schien
der Schock der beinahe verlorenen Schlacht tief zu sitzen: Beinahe im Minutentakt
kamen die Zusagen für neue Flottenkontingente für die Allianz, und
was Sentenza besonders freute, war die Tatsache, dass Decorian auf Sankt Salusa
in zunehmendem Maße unter Druck geriet. Noch hatte er seine Hausmacht
hinter sich und verhielt sich so diplomatisch, dass es ihm gelang, sich durch
die Sache hindurchzulavieren, aber das würde nicht ewig so gut gehen. Die
Apostatenbewegung hatte durch die Schlacht unerwartet viel Schub bekommen, und
das Gerücht hielt sich hartnäckig, dass der ehemalige Camerlengo als
»Gegenerzprior« ausgerufen werden sollte. Sentenza kannte den Mann
und wusste, dass ihm nichts ferner lag, aber die Gerüchteküche brodelte
und verstärkte den Druck auf Decorian. Selbst seine Gefolgsleute würden
die Gefahr einer Kirchenspaltung scheuen, vor allem, weil man diese dem Kirchenvolk
nur schwerlich begreifbar machen konnte.
Die dreidimensionale holografische Darstellung über dem Konferenztisch
zeigte das Abbild eines weißen Raumschiffes, das unweit der Station im
All schwebte. Den Anzeigen entnahm Sentenza, dass die Kommunikationseinrichtungen
noch deaktiviert waren.
»Captain, das ist das Raumschiff Urian , dessen Kommandant um diese
Unterredung gebeten hat«, sagte Detrius nun. Sentenza schüttelte den
Kopf.
»Admiral, Sie haben wohl unseren Bericht von damals nicht gelesen. Ich
bezweifle nicht dass das Raumschiff diesen Namen trägt, glaube aber hingegen
kaum, dass Sie mit jemandem der Besatzung geredet haben. Das Schiff ist die
Besatzung, oder umgekehrt. Nach meiner Einschätzung ist es ein im Weltall
lebendes außerirdisches Individuum, das den Namen Urian trägt so
wie ich Roderick Sentenza heiße. So sollten wir auch mit ihm kommunizieren.«
Thea Detrius hob die Augenbrauen, dann zuckte sie mit den Schultern. »Deswegen
haben wir Sie ja gerufen – alle drei. Man scheint dort drüben auch
recht genaue Vorstellungen darüber zu haben, mit wem man sprechen möchte
… und worüber. Ich aktiviere nun die Kommunikation, und dann können
Sie loslegen. Ich bin nicht wesentlich weiter gekommen, als für die Rettung
zu danken, was offenbar akzeptiert worden ist. Aber ein richtiges Gespräch
ist daraus nicht entstanden.«
Sentenza nickte. Detrius drückte eine Sensorplatte.
Die Kommunikationsverbindung wurde hergestellt.
»Urian, hier spricht Roderick Sentenza vom Rettungskreuzer
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